Aus der Presse – Das Ende vom Palmen- und Gesellschaftshaus

Die „Reichsausstellung Gutenberg 1940“ soll auf dem Gelände des Palmengartens errichtet werden. Um Raum für die Ausstellungsbauten zu gewinnen, werden das Palmengarten-Gesellschaftshaus und das Palmenhaus abgebrochen, und an ihrer Stelle wird Leipzigs neue Stadthalle erbaut werden. [1] Die „Reichsausstellung Gutenberg 1940“, die, wie bereits berichtet, unter der Schirmherrschaft von Reichsminister Dr. Goebbels in der Reichsmessestadt abgehalten werden soll, wird auf dem Gelände des Palmengartens errichtet. Um Raum für die Ausstellungsbauten zu gewinnen, werden das Palmengarten -Gesellschaftshaus und das Palmenhaus abgebrochen; an ihrer Stelle soll Leipzigs neue Stadthalle erstehen. Mit dieser Umgestaltung verliert Leipzig eine weltbekannte Stätte gastlicher Geselligkeit. Der Plan, einen Palmengarten nach Frankfurter Muster zu schaffen, wurde vor 40 Jahren anläßlich der Sächsisch-Thüringischen Gewerbe- und Industrieausstellung entworfen. Die Eröffnung erfolgte am 29. April 1899. Die Bälle und Feste im Gesellschaftshaus waren berühmt. Ferner ist, wie auch aus der Beratung des Oberbürgermeisters mit den Ratsherren hervorging, der Ausbau des Messegeländes am Völkerschlachtdenkmal unter Einbeziehung der Straße des 18. Oktober als Prachtstraße und die Errichtung eines Stadions geplant. An der Ausführung des Mittellandkanalprojektes wird die Stadt Leipzig auch weiterhin praktische Arbeit leisten. [2] Wie schon gemeldet wurde, hat Reichsminister Dr. Goebbels die Schirmherrschaft über die Reichsausstellung „Gutenberg“, die 1940 in Leipzig stattfindet, übernommen. Präsident der Ausstellung ist Oberbürgermeister Dönicke, Leipzig. Die Stadt Leipzig setzt sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dafür ein, daß diese Ausstellung ein Ereignis von weltumspannender Bedeutung wird. Sie wird auf dem Gelände des Palmengartens und auf dem Kleinmeßgelände am Cottaweg errichtet. Die beiden Teile des Geländes werden durch eine Brücke über die Frankfurter Straße miteinander verbunden. Im Palmengarten werden Um- und Neubauten vorgenommen, und das Ausstellungsgelände wird eine harmonische Einheit mit den Anlagen des Richard-Wagner- Nationaldenkmals bilden. Während der Ausstellung sinken in Leipzig zahlreiche Fachtagungen statt. Es steht schon jetzt fest, daß Leipzig 1940 eine Ausstellung erlebt, wie sie in dieser Form noch nicht dagewesen ist. [3] In Frankfurt a. M. tagte kürzlich der Ausstellungs- und Messe-Ausschuß der deutschen Wirtschaft in Verbindung mit dem Werberat der deutschen Wirtschaft, vertreten durch seinen Präsidenten Reichardt. Gegenstand der Versprechungen waren die in den Jahren 1939 und 1940 stattfindenden internationalen Ausstellungen. Dabei berichteten Bürgermeister Haake und Geschäftsführer Nickel über den gegenwärtigen Stand der Gutenberg-Reichsausstellung vom Mai bis Oktober 1940 in Leipzig. Bürgermeister Haake wies auf die Tatsachen hin, die Leipzig als Stadt des Buches mit Jahrhunderte alter Tradition die Berechtigung geben, die 500-Jahr-Feiern zur Erfindung der Buchdruckerkunst durch eine Leistungsschau des graphischen Gewerbes aller Kulturstaaten zu krönen. Die Ausstellung soll, wie Bürgermeister Haake weiter ausführte, in erster Linie die Förderung des deutschen Schrifttums und der mit ihm in Verbindung stehenden geistigen Kräfte und wirtschaftlichen Produktionsmittel dienen. Darüber hinaus soll im friedlichen Wettstreit mit anderen Nationen Deutschlands Stellung als Kulturnation in der Welt besonders herausgestellt werden. So wird die Ausstellung einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen die Lügenpropaganda des Auslands leisten. In Erkenntnis der Bedeutung dieser weit über den Rahmen Deutschlands hinausgehenden Ausstellung hat der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Dr. Goebbels die Schirmherrschaft übernommen. Der geschäftsführende Präsident ist der Mitinhaber Devrient der weltbekannten Druckerei Giesecke & Devrient, Leipzig, der als Fachmann in weitgehendem Maße auf die Gestaltung der Ausstellung Einfluß nehmen wird. Die Stadt Leipzig und mit ihr ganz Deutschland werden, so schloß der Bürgermeister, alle Kräfte daransetzen, um durch die Großzügigkeit der Planung die Gutenberg-Reichsausstellung zu einer Weltausstellung des graphischen Gewerbes zu machen. Geschäftsführer Nickel erläuterte an Hand von Plänen die Einzelheiten der Ausstellung. Die gesamte Ausstellungsfläche beträgt über 500 000 Quadratmeter; für die zu erstellenden Hallen sind 60 000 Quadratmeter vorgesehen. Das inmitten der wunderbaren gärtnerischen Anlagen des Palmengartens gelegene Gelände umfaßt auch das Gebiet der Kleinmesse und wird im Osten vom Elster-Flutbecken abgegrenzt. Als Hauptzufahrtsstraße dient die Frankfurter Straße, die die Ausstellung in die nationale Schau und die internationale Schau mit den Sonderschauen und der mit den modernsten Einrichtungen versehenen Tagungshalle teilt. Für die inhaltliche Gestaltung der Ausstellung ist eine glückliche Lösung gefunden worden: Die Zeit vor Gutenberg, Gutenberg und seine Zeit, Der Weg von Gutenberg zu uns,Die Gegenwart. Das Kernstück und zugleich den Beginn der Ausstellung darstellend, ist die historische Halle, in der die berühmtesten Schriftdenkmäler aus den verschiedenen Jahrhunderten gezeigt werden. Ihr schließt sich das Haus des Druckes an, das in Form einer Lehrschau die Entwicklung des modernen Druckverfahrens zeigen wird. Eine Ausstellungsdruckerei- und -Buchbinderei runden das Bild dieser Schau ab. In einer besonderen Halle werden die Entwicklung des Buches und seine Aufgaben im Dienste der Volksgemeinschaft aufgezeigt. Die gesamte Industrie des graphischen Gewerbes wird in riesigen Hallen ein Bild ihrer Leistungsfähigkeit geben. Die größte Anziehungskraft für die Fachwelt und das Publikum werden die im Betrieb vorgeführten riesigen Rotationsmaschinen ausüben. Die Spezialmaschinen für die einzelnen Druck- und Reproduktionsverfahren werden den Besuchern die Wunderwelt der Technik und der Buchdruckkunst erschließen. – Die Deutsche Arbeitsfront wird eine eigene Ausstellungshalle für ihre Leistungen auf dem Gebiete des Schrifttums und der Betreuung der Werktätigen durch das Fachamt „Druck und Papier“ erstellen. Die Entwicklung der Presse aus ihren ersten Anfängen bis zu ihrer heutigen Bedeutung im nationalsozialistischen Staat wird in einer eigenen Halle ihre Darstellung finden. In Sonderschauen werben die Leistungen von Film und Funk, soweit sie als Nachrichtenübermittler für die Presse in Frage kommen, gezeigt. Zwei große Hallen stellen für die Beteiligung des Auslandes zur Verfügung. Der Ausstellung gliedert sich der Aufbau eines Teiles Alt-Leipzigs mit einem anschließenden Vergnügungspark an. Schon jetzt während der Dauer der Ausstellung sind zahlreiche nationale und internationale Tagungen für Leipzig festgelegt, die in der bereits erwähnten Halle abgehalten werden. Diese großzügige Planung der Gutenberg-Reichsausstellung hat natürlich schon jetzt die stärkste Beachtung aller Fachkreise aus Industrie und Handel gefunden. Als sicher kann aber auch heute schon gelten, daß die Gutenberg-Reichsausstellung in Leipzig im Jahre 1940 vor allem auch durch die internationale Beteiligung das Interesse der ganzen Welt auf sich ziehen wird. [4] Das Restaurant im Palmengarten und das berühmte Palmenhaus sind geschlossen worden und stehen nunmehr vor dem Abbruch. Die Palmen ziehen in den Zoo um, wo sie vor allem im Dickhäuterhaus eine größere Anzahl von Bewunderern finden werden als in den letzten … Weiterlesen

Aus der Presse – Zur Verstadtlichung der Palmengarten-Gesellschaft

Verstadtlichung des Leipziger Palmengartens? Der Leipziger Palmengarten beruft zum 17. Dezember eine außerordentliche Generalversammlung, der eine Zwischenbilanz und ein Antrag auf Verstadtlichung zur Beschlußfassung unterbreitet werden soll. Nach den von uns eingezogenen Erkundigungen steht es noch nicht fest, ob und wann eine endgültige Verstadtlichung des Leipziger Palmengartens zustande kommt. Zurzeit ist der Leipziger Palmengarten eine Aktiengesellschaft mit einem Aufsichtsrat, in dem der Rat der Stadt Leipzig vertreten ist. [1] Wie wir im Handelsteil der vorliegenden Nummer unseres Blattes berichten, haben die Aktionäre des Palmengartens sich mit den Bedingungen des Rates für die Uebernahme in städtische Regie einverstanden erklärt. Nach diesen Bedingungen müssen die Aktionäre auf alle Rechte aus ihren Aktien verzichten und erhalten dafür 10 Jahre lang freien Eintritt in den Palmengarten. Sollte dieser seiner bisherigen Bestimmung entzogen werden (bekanntlich besteht das Gerücht von einer Umwandlung in einen Volkspark), so ist ein Schadenersatz ausgeschlossen. Wie in der gestrigen Generalversammlung mitgeteilt wurde, resultiert die Unterbilanz für das letzte Dreivierteljahr, rund 180 000 Mark, hauptsächlich aus den höheren Löhnen. Dazu kommt noch die Unterbilanz aus den Vorjahren mit rund ½ Million Mark. Wenn der Rat und die Stadtverordneten die Verstadtlichung abgelehnt hätten, würde der Konkurs unvermeidlich gewesen sein. Allerdings bleiben jetzt noch die Verhandlungen mit den Obligationären, denen 25 Prozent geboten werden, und mit den Warengläubigern, die 75 Prozent erhalten sollen, abzuwarten. Man darf aber annehmen, daß sie zustimmen, denn im Falle eines Konkurses würden die Obligationen, kaum etwas und die Warengläubiger sicher wesentlich weniger auf ihre Forderungen erhalten. Rat und Stadtverordnete haben 600 000 Mark bewilligt, wenn das Unternehmen als städtisches fortgeführt wird. [2] Die außerordentliche Generalversammlung genehmigte die Bedingungen des Rates, der das Unternehmen in eigene Regie nehmen will, wenn die Aktionäre auf alle Rechte aus ihren Aktien verzichten. Dafür erhalten sie für sich und ihre Angehörigen 10 Jahre freien Eintritt in den Palmengarten. Sollte er in dieser Zeit seiner bisherigen Bestimmung entzogen werden, so ist jeder Schadenersatz ausgeschlossen. Wie mitgeteilt wurde, hat sich die aus dem Vorjahre in Höhe von etwa 0,5 Mill. Mark vorhandene Unterbilanz während des laufenden Jahres um weitere 180 000 Mark erhöht. Eine besondere Obligationärversammlung wird nunmehr noch zu beschließen haben, ob sie sich mit einer Zahlung von 25 Proz. einverstanden erklären will. Die Warengläubiger sollen 25 Proz. auf ihre Forderungen nachlassen. [3] Die Stadtverordneten haben am 17. d. M. in nicht öffentlicher Sitzung einer Vorlage des Rates zugestimmt, wonach zur Ordnung der finanziellen Verhältnisse der Leipziger Palmengarten-Aktiengesellschaft und Ueberleitung des gesamten Unternehmens in städtischen Betrieb 600 000 Mark aus städtischen Mitteln aufgewendet werden sollen unter der Bedingung, daß 1. die Aktionäre sämtliche Rechte aus ihren Aktien auf die Stadtgemeinde übertragen, wofür ihnen für sich und Ihre Familienangehörigen auf die Dauer von 10 Jahren das Recht zum freien Eintritt in den Palmengarten zugestanden wird, 2. die Obligationäre sich gegen bare Auszahlung von 25 Prozent des Nennwertes ihrer Obligationen für befriedigt erklären, 3. alle übrigen nicht bevorrechtigten Gläubiger auf 25 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Einigen von den Stadtverordneten beschlossenen Zusatzanträgen, insbesondere der Forderung der Bildung eines gemischten Ausschusses für den Zoologischen und den Palmengarten, wurde zugestimmt. [4] Zur Verstadtlichung des Palmengartens – Dazu lag der Antrag vor: Das Kollegium wolle den Rat ersuchen, Auskunft über den Stand der Verhandlungen wegen der Verstadtlichung des Palmengartens zu geben und die Verhandlungen möglichst zu beschleunigen. Vizevorsteher Pollender (S. P. D.) begründet den Antrag damit, daß am 15. Dezember v. J. die Verstadtlichung beschlossen und 600 000 Mark bewilligt worden seien. Er habe aber gehört, daß der gegenwärtige Generaldirektor drauf und dran sei, mit Unterstützung einer potenten Brauerei dem Palmengarten den Charakter eines Privatunternehmens nach Möglichkeit zu wahren. Ihm erwidert Bürgermeister Roth, daß die damals gefaßten Beschlüsse in der Form nicht in allen Punkten bis jetzt durchgeführt werden konnten, weil juristische Bedenken vorhanden waren. Der Rat bemühe sich, alle diese Schwierigkeiten zu überwinden, und er hoffe, in allernächster Zeit so weit zu sein, daß er das Heft völlig in der Hand habe. Er könne aber keine Einzelheiten in öffentlicher Sitzung weiter machen, denn sonst müsse er darauf zurückkommen, was seinerzeit in nichtöffentlicher Sitzung verhandelt worden sei. Dem Generaldirektor und dem anderen Direktor sei für den 1. Juli d. J. gekündigt und der Generaldirektor habe noch gestern erklärt, daß er jede Stunde gehen könne. In vielleicht 14 Tagen würden die Verhandlungen erledigt sein. Soweit er unterrichtet sei, geht der Betrieb des Palmengartens jetzt gut […] [5] In einer der letzten, Stadtverordnetensitzungen vor den Ferien wurde in einem Antrage der Rat um Auskunft über den Stand der Verhandlungen wegen der Verstadtlichung des Palmengartens ersucht. Bürgermeister Roth teilte daraufhin mit, daß die Verhandlungen zwar noch nicht abgeschlossen, aber voraussichtlich in Kürze zu Ende geführt werden würden. Für die Antragsteller schien es sich vor allem darum zu handeln, zu erfahren, ob die Gerüchte, daß Stadtrat a. D. Böhme, der bis jetzt Leiter des Unternehmens ist, die Gastwirtschaft mit finanzieller Unterstützung einer Leipziger Großbrauerei als Pächter weiterführen wolle, zutreffend sind. Bürgermeister Roth bezeichnete die Gerüchte als unwahr und bemerkte, daß Direktor Böhme bereit sei, jederzeit sofort von seinem Posten zurückzutreten, wenn das Unternehmen verstadtlicht werde. Am vergangenen Mittwoch nun hat der Rat den Betrieb des hiesigen Palmengartens übernommen, und zwar zunächst unbeschadet der bestehenden Eigentumsverhältnisse. Wie aus der Ausschreibung in der vorliegenden Nummer unseres Blattes hervorgeht, wird für den gesamten Gastwirtschaftsbetrieb ein tüchtiger Wirtschaftsleiter gesucht. Hierauf seien die Leipziger Gastwirte, die die Bestätigung in sich fühlen, dieses gemeinnützige Unternehmen zu leiten, besonders aufmerksam gemacht. Somit ist die Uebernahme des Unternehmens jetzt tatsächlich erfolgt und der Palmengarten ist nunmehr städtisch und ein gemeinnütziges Unternehmen geworden. Hoffentlich erfüllen sich die Erwartungen, denen man bei der Ratsvorlage auf Verstadtlichung des Unternehmens seinerzeit Ausdruck gegeben hat. Solange der Palmengarten der Aktiengesellschaft gleichen Namens gehörte, war die Prosperität des Unternehmens sehr gering. Nur ein einziges Mal, und zwar im Jahre 1899, vermochte es eine Dividende für die Aktionäre auszuschütten; dann blieb es nicht nur dividendenlos, sondern arbeitete mit Unterbilanzen. Während der Ausstellungsjahre 1913 und 1914 war der Besuch des Palmengartens nicht befriedigend, und während der Kriegsjahre gestaltete sich die finanzielle … Weiterlesen

Aus der Presse – Die Zukunft des Leipziger Palmengartens

Die Lage des Unternehmens der Aktiengesellschaft Leipziger Palmengarten ist heute eine solche, daß es gar keinen Zweck hat, ihr gegenüber die „Vogel-Strauß-Politik“ zu treiben in der Hoffnung, daß hierdurch, d. h. in aller Stille, eine Gesundung der Verhältnisse erreicht werden könnte. Seit Jahren arbeitet die Gesellschaft – leider – mit großen Fehlbeträgen. Und das schlimme ist, daß diese Fehlbeträge immer gewachsen sind. In den letzten sechs Jahren (1910 bis 1915) bezifferten sie sich im ganzen auf rund 323 000 Mark. Dieser Umstand wird das Herz eines jeden, der – kurz gesagt – unsere Stadt Leipzig liebt, mit aufrichtiger Trauer erfüllen. Die Stadtgemeinde hat es dabei an ausgiebiger Hilfe nicht fehlen lassen. Insgesamt hat die Gesellschaft von der Stadt in neun Jahren über 800 000 Mark erhalten, von denen 590 000 Mark auf das Erbbaurecht eingetragen sind. Trotz alledem sah sich die Gesellschaft genötigt, Ende 1915 erneut mit einem Gesuche an die Stadt um Unterstützung heranzutreten. Rat und Stadtverordnete haben dem entsprochen. In der Sitzung der Stadtverordneten vom 12. Januar 1916 wurde beschlossen, der Gesellschaft zur Weiterführung des Betriebes den Betrag von 20 000 Mark zur Verfügung zu stellen. Außerdem wurde verschiedenen Anträgen des Rates zugestimmt, die u. a. dahin gingen: Außerdem sollten die noch zu deckenden Fehlbeträge für 1915 und 1916 mit etwa 7000 Mark und 42 000 Mark zu Lasten des Betriebsvermögens der Stadt übernommen und zu den im Jahre 1914 bewilligten 105 000 Mark zugeschlagen werden. Die Opfer, zu deren Uebernahme sich die Stadt bereit erklärte, waren also sehr erheblich. Daneben sollten allerdings auch die Inhaber der Schuldverschreibungen (Obligationen) ein Opfer bringen. Diese außer dem Aktienkapital von 200 000 Mark vorhandenen Schuldverschreibungen belaufen sich auf 829 000 Mark und wurden von der Stadt mit 3 Prozent verzinst. Auf die Zinsen (24 870 Mark) sollen die Obligationäre so lange verzichten, bis das Unternehmen Ueberschüsse erzielt. Am vergangenen Donnerstag hat nun die Versammlung der Obligationäre, die hierzu Beschluß fassen sollte, stattgefunden. Sie war beschlußunfähig, es wurde aber vom Vorsitzenden die Mitteilung gemacht, daß die von den städtischen Kollegien zur Aufrechterhaltung des Betriebes bewilligten 20 000 Mark aufgebraucht sind. Sollte auch die nächste Versammlung (am 6. April) beschlußunfähig sein, so daß die Bedingungen der Stadt nicht zur Annahme gelangen könnten, so wäre das Schicksal der Gesellschaft besiegelt, denn daß die Stadt über das gestellte Angebot herausginge, sei auf keinen Fall zu erwarten. So die gegenwärtige Sachlage, die erkennen läßt, daß irgendeine Entscheidung binnen kurzem getroffen werden muß. Wir haben die vorstehenden Ausführungen gemacht, um den vielen Tausenden, die sich für unseren schönen Palmengarten interessieren, ein Bild von der Lage des Unternehmens zu geben. Aber unseres Erachtens kann es sich in der Hauptsache nicht darum handeln, nur für, den Augenblick einen Ausgleich herzustellen, sondern vielmehr darum, für die Zukunft das Unternehmen in bessere Verhältnisse zu bringen. Denn der Ausgleich nützt gar nichts, wenn alles beim alten bleibt, und die Stadt jedes Jahr von neuem tief in den Geldbeutel greifen muß. Auch über diese Zukunft ist in der Stadtverordnetensitzung am 12. Januar gesprochen worden. Ein Redner war hierbei der Ansicht, daß es nur einen Weg gebe, um den Palmengarten endgültig herauszubringen, und zwar sei das leicht dadurch zu erreichen, daß man den Palmengarten bis an das Westufer der neugeschaffenen Flutrinne erweitert und am Ufer einen Elster-Pavillon errichtet, gleich dem schönen Bauwerk, das wir als Alster-Pavillon in Hamburg bewundern. Diesem „einen Weg“ ist jedoch in der Versammlung nicht rückhaltlos beigepflichtet worden. Es wurde darauf hingewiesen, daß eine beträchtliche Summe dazu gehörte, um das zwischen dem jetzigen Palmengarten und der Flutrinne liegende Land (es handelt sich wohl um 40 000 Quadratmeter) in Anlagen zu verwandeln und daß auch ein großer Pavillon – denn um einen solchen kann es sich nur handeln – nicht billig sein würde. Es sei aber mindestens bedenklich, in das Unternehmen von neuem Hunderttausende hineinzuwenden. Von anderer Seite wurde angeregt, daß der Palmengarten mehr der Allgemeinheit zunutze gemacht, also vielleicht unentgeltlich geöffnet werde; das würde sicher dem Wirtschaftsbetriebe sehr zustatten kommen. Dieser Gedanke fand vielen Beifall. Auch wir glauben, daß hiermit wenigstens ein Versuch gemacht werden möge. Es brauchen deshalb die Dauerkarten (die in ihren Erträgen übrigens stetig herabgegangen sind) nicht ganz abgeschafft werden und man braucht andererseits nicht zur völligen Unentgeltlichkeit zu gehen. Aber wenn man an verschiedenen Tagen der Woche den Palmengarten, der einer der prächtigsten Aufenthaltsorte unserer Stadt ist, für ein Eintrittsgeld von 10 Pfennig öffnete, so würde der Zuspruch sicher sehr erheblich sein. Wer jetzt an schönen Wochentagen im Sommer die herrlichen Anlagen besucht, dem tut es wahrlich leid, daß sie so unbenutzt bleiben. Hier Wandel zu schaffen, muß allseitiges Bestreben sein. Die Stadt als erste Geldgeberin hat wohl einen Anspruch, bei der künftigen Gestaltung der Verhältnisse unseres Palmengartens, auf den wir Leipziger mit Recht stolz sind, ein Wort mitzureden. Wir zweifeln auch nicht, daß es in der Richtung geschehen wird, das ganze Unternehmen volkstümlicher zu machen. An der Einwohnerschaft wird es aber sein, ihm die nötige Unterstützung angedeihen zu lassen. Es mag in den jetzigen Kriegszeiten schwer sein, aber das eine muß gesagt werden: mit dem bloßen Bedauern, und mag es noch so „herzlich“ und „innig“ sein, ist dem Unternehmen nicht geholfen, sondern nur mit der Tat. Und unbedingt muß der Palmengarten unserer Stadt erhalten bleiben. Geschähe es nicht, so würde das einen bedenklichen Schatten auf unsere Stadt werfen. Von der Leitung des Unternehmens muß allerdings ebenfalls erwartet werden, daß sie alles tut, um die Anziehungskraft des Unternehmens zu heben. Und mehr als einen Weg gibt es hierbei, den man betreten kann. – id. Aus Leipzig und Umgebung, in SLUB Dresden: Leipziger Tageblatt und Handelsblatt vom 21. März 1916. Frühausgabe, 2. Beilage, S. 9.

Aus der Presse – Debatte zur Lage der Palmengarten-Gesellschaft

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten worden – zum ersten Male nach längerer Zeit – gleich zwei große Vorlagen erledigt. Zunächst handelte es sich um die Unterstützung der Palmengarten-Aktiengesellschaft aus städtischen Mitteln. Aus dem Munde des Berichterstatters erfuhr man hierbei, daß die Stadt bisher schon 800 000 Mark in das Unternehmen hineingesteckt habe, von denen man, wie ein Redner bemerkte, wohl wenig wiedersehen werde. Die Hauptfrage, um die sich gestern der Streit der Meinungen drehte, war: weitere Unterstützung oder Konkurs? Die Mehrheit entschied sich für die weitere Unterstützung, denn ob bei einem Konkurse für die Stadt ein Vorteil sich ergeben würde, das erscheine doch recht fraglich. Wie die Verhältnisse sich gestalten werden, ist trotzdem noch nicht abzusehen. Notwendig wird sich wohl erweisen, das Unternehmen auf eine andere Grundlage zu stellen […] Weitere Unterstützung der Palmengarten-Gesellschaft Der nächste Punkt der Tagesordnung betrifft die Ratsvorlage wegen weiterer Unterstützung der Palmengarten-Aktiengesellschaft 1. durch Ueberlassung der bisher in Konto 7 des städtischen Haushaltplans eingestellten 24 870 Mark vom Jahre 1916 ab unter den in der Vorlage angegebenen Voraussetzungen, nämlich 2. Nichteinforderung der Zinsen von etwa 16 000 Mark jährlich vom 1. Januar 1915 ab bis auf weiteres; 3. Ersatz des Erbpachtzinses von jährlich 4000 Mark vom Jahre 1915 ab bis auf weiteres; 4. Gestattung einer Inventarergänzung für vorläufig nur 2000 Mark jährlich; 5. Bewilligung der dann noch zu deckenden Fehlbeträge der beiden letzten Jahre von zusammen etwa 49 000 Mark aus Betriebsvermögen, die ihm mit den bereits früher bewilligten 105 000 Mark vom Jahre 1924 ab in Jahresraten von 25 000 Mark aus dem Betriebe (Konto 42) zurückzuerstatten sind; 6. die Ermächtigung, die von der Stadt erworbene Buchforderung auf 15 000 Mark abzubuchen usw. Der Finanzausschuß beantragt Zustimmung. Der Berichterstatter Stadtv. Meiner führte folgendes aus: „Wie zu Weihnachten das Christkind kommt, so ist ungefähr zur selben Zeit in den Jahren 1912, 1913 und 1914 der Palmengarten gekommen und hat um Unterstützung gebeten; so auch Ende 1915. Er glaubt, dazu besonders ein Recht zu haben, da der Zuschuß, den er Ende 1914 erbeten hatte, darauf berechnet war, daß der Krieg längstens bis Mitte des Jahres 1915 dauern würde, eine Hoffnung, die aber trügerisch war. Der Verlust, der auf 50 000 Mark geschätzt war, wird daher mehr als 83 000 Mark betragen, während der Zuschuß der Stadt nur 50 000 Mark beträgt. Da aber Ersparnisse bei den für Bau-Ausgaben bewilligten Mitteln gemacht worden sind, so beträgt der jetzt noch zu deckende Fehlbetrag für 1915 nur 26 000 bis 27 000 Mark. Der Fehlbetrag für 1916 wird, wenn das volle Jahr 1916 als Kriegsjahr gerechnet wird, mit 90 000 Mark erwartet, zusammen sind also 116 000 bis 117 000 Mark Zuschuß erforderlich. Um diesen Zuschuß zu decken, schlägt der Rat vor, daß die Inhaber von Schuldverschreibungen, denen die Zinsen, jetzt allerdings auf 3 vom Hundert herabgesetzt, von der Stadt gewährleistet und gezahlt werden, auch etwas zu den Kosten beitragen und so lange auf den Empfang der Zinsen zugunsten des Palmengartens verzichten sollen, bis wieder normale Verhältnisse eintreten. Es würden hierdurch jährlich rund 25 000 Mark gespart werden. Weiterhin soll die Stadt auf die Einforderung der Zinsen für die gewährten Darlehen, etwa 16 000 Mark jährlich, und auf den Erb-Pachtzins von jährlich 4000 Mark verzichten, und endlich soll gestattet werden, daß an Stelle der vertragsmäßig Für Inventarergänzungen aufzuwendenden 5000 Mark nur 2000 Mark jährlich verausgabt werden, wodurch weitere 3000 Mark gespart werden. Das sind zusammen 48 000 Mark Ersparnis, so daß der Zuschuß für 1916 nur 42 000 Mark zu betragen braucht. Ein Verzicht der Verzinsung der Darlehen und des Erb-Pacht-Zinses für 1915 würde 19 000 Mark erbringen, so daß für dieses Jahr nur 7000 Mark aufzubringen wären, im ganzen also 49 000 Mark, die die Stadt zu zahlen hätte. Endlich wird gewünscht, daß eine Buchforderung, die die Stadt in Höhe von 139 000 Mark von der Credit-Anstalt für 15 000 Mark erworben hat, auf diesen wirklichen Kaufpreis von 15 000 Mark abgebucht wird, wodurch sich ein bilanzmäßiger Gewinn erzielen läßt, der die Bilanz wieder flüssig macht. Die Aussprache im Finanzausschuß war ziemlich lebhaft und eingehend. Es wohnten ihr Bürgermeister Roth, die Stadträte Böhme und Joachim und wegen der juristischen Fragen Justizrat Dr. Junck bei, der auf Wunsch des Rates ein Gutachten wegen der rechtlichen Folgen eines Konkurses erstattet hatte. Die juristischen Fragen wurden zunächst geklärt, da die Furcht bestand, daß das Darlehen, das die Stadt dem Palmengarten in Höhe von 550 000 Mark gewährt hat, gefährdet wäre insofern, als bei einem Konkurs des gleichen Rang mit den Schuldverschreibungen hätte und daß die Stadt, wenn sie den Palmengarten entsprechend dem Vertrage § 7b übernimmt und die Gebäude zu einem angemessenen Preise bezahlen muß, nicht aufrechnen könne. Nach einem Reichsgerichtsurteil würde die Zahlung für die Gebäude erst nach Ausbruch des Konkurses fällig werden, es könne aber niemals eine Zahlung, die nach Ausbruch des Konkurses fällig wäre, gegen eine Zahlung, die vor Ausbruch des Konkurses geleistet worden wäre, aufgerechnet werden, und vorherige Abmachungen nach dieser Richtung hin wären ungültig. Zur allgemeinen Freude waren die drei im Ausschuß anwesenden Juristen aber nach der Richtung hin sich einig, daß der Rat das Recht hätte, auf Grund der hypothekarisch eingetragenen Forderung von 550 000 Mark auf das Erbbaurecht die Zwangsvollstreckung beantragen zu können, und dann ginge seine Forderung derjenigen der Inhaber der Schuldverschreibungen voraus. Auch hätte der Rat nach dem Vertrage § 7a das Recht zu beanspruchen, daß die Gebäude niedergerissen und ihm das Gelände als Oedland zurückgegeben würde. Eine solche Drohung würde wohl auch den Konkursverwalter veranlassen, mit sich reden zu lassen, so daß, wie es am Schlusse des Gutachtens heißt, die Trümpfe, die der Rat in der Hand hielte, genügend wären, um mit Ruhe einem Konkurse entgegenzusehen. Diese Ruhe, mit der die Stadt dem Konkurs entgegensehen konnte, hatte nun unter den Ausschußmitgliedern verschiedene Wirkungen. Der eine Teil meinte, man brauche dann von Vorschlägen, wie etwa Zusammenlegung der 845 000 Mark Schuldverschreibungen von 2 zu 1, um einen buchmäßigen Gewinn von etwa 420 000 Mark zu erzielen, abzusehen. Man brauche auch … Weiterlesen

Aus der Presse – Die Jahresfeiern vom Leipziger Palmengarten

1900 Aus Anlaß des einjährigen Bestehens des Leipziger Palmengartens hatte die Direktion desselben am Sonntag ein Festconcert veranstaltet, das von den vollständigen Musikcorps des 4. Thür. Infanterie-Regiments Nr. 72 und des königl. sächs. 14. Infanterie-Regiments Nr. 179 ausgeführt wurde. Das außerordentlich zahlreiche Publicum fand sich in der Erwartung eines musikalischen Genusses nicht getäuscht. Am Nachmittag concertirten die Capellen in den ersten beiden Theilen des Programms abwechselnd, und zwar die 72er unter Leitung des Herrn Corpsführers Seitz (an Stelle des erkrankten Musikdirectors Herrn Wendt), sowie die 179er unter Leitung ihres Dirigenten Herrn Kapitain. Beide Capellen wurden für ihre Darbietungen (Ouvertüre zu „Girofle- Girofla“, „Am schönen Rhein“ von Keler Bela, Potpourri aus der „Regimentstochter“ u. s. w.) mit Beifall ausgezeichnet. Im dritten Theile vereinigten sich beide Capellen zu einem Ganzen unter Leitung des Herrn Kapitain. Die Wirkung war eine großartige, namentlich erzielte die „Tell“- Ouverture, die sowohl in ihren Feinheiten, als mit ihrem prächtigen Marsch vorzüglich zur Geltung kam, großen Effect. Rühmend ist hierbei anzuerkennen, das exacte Zusammenspiel beider Capellen, und zwar um so mehr, weil vorher keine Gelegenheit zu Proben gegeben war. Auch das Abendconcert, das im Saale abgehalten wurde, fand vor „überfülltem Hause“ statt. Die große Zahl der Musiker machte hier das Streichconcert zur Bedingung. Auch hier wurden die Leistungen der Capellen, die wieder Herr Kapitain dirigirte, durch lebhaften Beifall anerkannt. So ist denn das „erste Stiftungsfest“ in jeder Hinsicht vorzüglich verlaufen. [1] 1901 Die Hoffnungen, welche sich vor zwei Jahren bei Eröffnung des Leipziger Palmengartens an die Zukunft dieses unserer Bürgerschaft gewidmeten Unternehmens knüpften und auf einen erfreulichen Erfolg bauten, haben ihre volle Erfüllung gefunden. Heute, wo wir auf einen zweijährigen Zeitraum des Bestehens dieser Unterhaltungs- und Erholungsstätte vornehmster Art zurückschauen, können wir mit Befriedigung auf das von seiner Verwaltung Erreichte blicken und zugleich die Sympathie bestätigen, die das in gemeinnützigem Sinne geschaffene, von erfahrener Hand geleitete Werk bei unserer gesammten Bewohnerschaft gefunden hat. Wenn die Direction des Leipziger Palmengartens aus Anlaß dieser Rückschau am jüngsten Montag, dem einstigen Eröffnungstage des Gartens, eine Jahresfeier veranstaltete und bei dieser Gelegenheit die Wiederkehr der bedeutungsvollen Stunde durch zwei von den Musikcorps des 107. und des 179. Regiments ausgeführte Festconcerte besonders freudig markirte, so fand sie sich bei dieser Veranstaltung in ihrer Freude durch eine überaus rege Theilnahme aus allen Kreisen unserer Stadt bestärkt. Sowohl das Nachmittagsconcert im Concertpark, als auch das Abendconcert im Festsaale des Gesellschaftshauses hatten einen ungewöhnlich hohen Besuch zu verzeichnen; das letztere ließ sogar fühlbaren Mangel an Platz empfinden. So nahmen denn Tausende an dieser trefflich arrangirten Jahresfeier Theil und lauschten den musikalischen Genüssen, die ihnen das Musikcorps des 107. Regiments unter Herrn Stabshoboist K. Giltsch und das Musikcorps des 179. Regiments unter Herrn Stabshoboist J. Kapitän, bald im Einzelspiel, bald vereint, unter abwechselnder Leitung ihrer Dirigenten, in einem ausgesucht gediegenen, wahrhaft klassischen Programm zu bieten wußten. Eine Folge von zweiundzwanzig musikalischen Nummern, zu denen alle Meister der Tonkunst ihre Namen gesetzt hatten, bildeten die Grundlage jener festlichen Stunden. Aeußerlich aber bot der Lenz seinen freundlichen Gruß und sein in Blumen gezeichnetes Willkommen. Die gartenkünstlerische Kraft des berufenen Fachmannes hatte das große Parterre vor dem Gesellschaftshause mit reizvollen Tulpenarrangements geschmückt und allerlei decorative Blüthenornamente dazwischen gezogen. Rings um das Bassin liefen breite, aus der feurig rothen Tulpe „Vermillon brillant“ gebildete Linien, während fächerartig ausgebreitete Rabatten die rosafarbenen Tulpen „Rose Gris de Lin“ aufgenommen hatten. Rings um das Quadrat leuchteten, die Grundfläche in breiten Streifen einrahmend, die citronenqelben Blüthen des „gelben Prinzen“, einer Tulpe von aparter Schönheit, auf, ebenso auf den Terrassen, wo weitere lange Tulpenreihen abwechselnd in rosa, roth und gelb und roth das Auge durch ihre herrlichen Farbeneffecte entzückten. Aber nicht allein die Tulpe spendete ihren Farbenglanz, auch andere Frühlingsboten mischten ihre Farben in das gärtnerische Gesammtbild; hier auf den großen runden Beeten im Parterre der von Myosotis eingerahmte blühende Zwergbuschlack, dort auf den Bankbeeten um das Parterre das gelbe Doronicum caucasicum, die einfache rothe und blaue Anemone von Caen, Aurikeln in reizendem Colorit, und andererseits wieder blaue Penseen in Fächern und Wappen, braune Penseen in schön geschwungenem Wappenband. Auch im Palmenhaus: fehlte es nicht an Blüthen exotischer Gewächse: interessante Orchideen, wie Cymbidium Lowi, Corlogyne Dayana, Cattleya intermedia und Lycaste aromatica hatten ihre Blumen erschlossen und daneben strahlten die Blüthen der azurblauen Tillandsia Lindeni vera, des rothen Harmanthus Kalbreyeri, des Paneratium ovatum und der Arisaema vingens. Zu alledem kam noch eine besondere Ueberraschung der Direction: mit eintretender Dunkelheit erstrahlte das Gesellschaftshaus in farbenleuchtendem Glanze elektrischer Illumination. Die Zinnen der vier Thürme, von rothen Glühlampen umgürtet, die Firstgrenzen in grünem Lichte martirt, die riesigen Fensterbogen von blaugelben Lichtern, den Farben Leipzigs, eingefaßt, so erhob sich der stattliche Bau des Gesellschaftshauses in farbigen Conturen aus dem Dunkel der Nacht, einen fesselnden und eigenartig-festlichen Anblick bietend. So wurde die Jahresfeier des Palmengartens für alle Erschienenen zu einer besonders genußreichen und unterhaltenden. — Ur. [2] 1902 Als am 29. April 1899 die große und moderne Anlage des Palmengartens ihre feierliche Eröffnung und damit ein längst gehegter Plan einsichtsvoller Männer, aus dem vordem an dieser Stelle Gewordenen einen Lieblingserholungsplatz für unsere Bürger mit den Mitteln einer vollendeten Gartenbaukunst zu schaffen, seine Erfüllung fand, wußte das damalige Oberhaupt unserer Stadt, Oberbürgermeister Dr. Georgi, darauf hinzuweisen, daß hier eine Stätte bereitet werde, wo Leipzigs Bürger nach des Tages Arbeit gern mit den Ihrigen Ruhe und Erholung suchen, wo die verschiedenen Kreise und Schichten der Gesellschaft einen gemeinsamen Mittelpunct finden können, der sie auch social näher führt. Daß diese Hoffnung sich erfülle, das hänge ja nun wesentlich von der Theilnahme unserer Bürger ab. Sie möchten das geschaffene Werk nicht als eine Gabe betrachten, die ihnen von einigen Bürgern gereicht werde, die sie heute genießen und morgen vergessen, nein, es solle ihnen ihr Werk sein, das sie mit geschaffen haben, für dessen Erhaltung sie mit einzutreten, an dessen immer schönerer Vollendung sie mitzuarbeiten haben, das ihnen aber dann alle Theilnahme gewiß auch reichlich lohnen werde. Was damals als Wunsch ausgesprochen worden, das hat sich in den drei Jahren des Bestehens des Palmengartens vollauf erfüllt: das … Weiterlesen

Aus der Presse – Pächter der Palmengarten-Gastwirtschaft

Quellen zu Paul Alwin Hensel – Erster Pächter der Gastwirtschaft – von April/ Mai 1898 bis September 1900. Wie wir zuverlässig erfahren, wurde Herrn Alwin Hensel, Inhaber eines größeren Restaurants in Dresden-Altstadt, das Palmengarten-Etablissement hierselbst pachtweise übertragen. Leipzig, 20. Februar 1898. [1] Ein Idyll aus Leipzigs Vergangenheit wird wiederkehren, sobald das mit dem Palmengarten verbundene vordere Restaurant (früher Kuhthurm-Restaurant) wieder eröffnet ist. Zwar ist noch Alles im Werden, allein ein Blick in die zahlreichen, zu traulichen Kneipzimmern ausgestatteten Räume des Parterre und der ersten Etage zeigt den erlesenen Geschmack, welcher hier maßgebend ist. Um den früheren Wirthschaftshof ziehen sich rings mächtige Veranden und uralte Baumriesen ragen mit den Wipfeln darüber. — Kurz, noch vor der Eröffnung des Palmengartens wird dem Publicum ein Erholungsplatz zugänglich gemacht werden, welcher rasch sich vollster Beliebtheit um so mehr erfreuen dürfte, als in Herrn Alwin Hensel ein Gastronom für dasselbe gewonnen wurde, welcher vollstes Verständniß für seine dort harrende Ausgabe besitzt. Tausenden von Leipzigern ist Herr Hensel bereits aus seiner Dresdner Thätigkeit, speciell in der „Alten Stadt“ der 1896er dortigen Ausstellung, bekannt und nicht unmöglich erscheint es, daß seinem emsigen Schaffen es gelingt, das vordere Palmengarten-Restaurant schon zum Pfingstfeste dem allgemeinen Besuchern zu öffnen. [2] Mit Bienenfleiß schaffen eine große Anzahl Arbeiter und Künstler, um das an der Frankfurter Straße gelegene vordere Palmengarten-Restaurant bis Pfingsten fertigzustellen, und ohne Zweifel wird es Herrn Hensel, dem Bewirthschafter des Etablissements, gelingen, Fertiges zu bieten, sobald er die Pforten des alten Kuhthurms den Gästen öffnet. Die inneren Räumlichkeiten, allerliebst ausgestattete trauliche Kneipzimmer, sind nahezu vollendet, ebenso die rings sich um die Gebäude ziehenden mächtigen Veranden und der Musikpavillon. Auch die westlich des Kuhthurmgebäudes befindlichen gärtnerischen Anlagen werden in den Restaurationsbetrieb einbezogen und viele Hunderte werden da lauschige Plätzchen finden, um sich inmitten prangender Natur zu erholen. Die Art und Weise der Einrichtung dieses vorderen Etablissements, das unabhängig vom Besuch des Palmengartens selbst auch nach dessen Eröffnung weiter bestehen wird, läßt angenehme Schlüsse zu auf das später unter Leitung des Herrn Hensel zu eröffnende Hauptrestaurant. [3] Neuangemeldete Mitglieder. 7 Neuanmeldungen: Nr. 5484 – 5490. Die Aufnahmen gelten als vollzogen, wenn innerhalb 14 Tagen, vom Tage der Veröffentlichung an gerechnet, begründeter schriftlicher Einspruch dagegen nicht erhoben wird. Bezirk Leipzig. 5490. Alwin Hensel, Gastwirt, Leipzig-Lindenau, „Palmengarten“. [4] Familiennachrichten. Geboren: Ein Knabe: […] Hrn. Alwin Hensel in Leipzig […] [5] […] Nur Eins soll noch erwähnt sein, und das ist der wirthschaftliche Betrieb, der in den bewährten und trefflichen Händen des Herrn Alwin Hensel ruht. Auch das ist ein wesentliches Moment zum Wohlbefinden der Besucher, die, in Kurzem nach vielen Tausenden zählend, erwarten, daß die Annehmlichkeiten eines Palmengartens in idealer Beziehung recht wohl mit dem praktischen Bedürfnisse des Lebens verbunden sein werden. Auch ihre Wünsche werden Gehör finden, dafür bürgt schon jetzt der umfangreiche trefflich organisirte Apparat […] [6] Wir haben schon in kurzen Zügen den Charakter und den Verlauf des am Sonnabend Abend im großen Saale des prächtigen Gesellschaftshauses abgehaltenen Festmahles berühren können. Es waren fröhliche Feststunden, die hier, getragen von einer wirklich aufrichtigen Freude über das Gelingen des schönen und gediegenen Werkes architektonischer und gärtnerischer Kunst, alle Kreise unserer Bevölkerung in einer halbtausendköpfigen Tafelrunde vereinten. Bei dieser Gelegenheit hatte der große wirthschaftliche Apparat des Leipziger Palmengartens zum ersten Male seine Feuerprobe zu bestehen; sie fiel zur vollen Zufriedenheit aus, was um so anerkennenswerther erschien, als die Neuheit des Betriebes an den zum Leiter des Restaurants und aller wirthschaftlichen Erquickungsstätten des Leipziger Palmengartens berufenen Herrn Alw. Hensel ganz besonders hohe Anforderungen stellte. Sein Debüt darf als ein glückliches bezeichnet werden einmal im Hinblick auf die gebotene Speisenwahl, dann auch in Bezug auf die ganz erlesenen Weine, mit deren Lieferung die ersten Häuser Leipzigs betraut worden waren […] [7] Hotel du Nord in Dresden. In diesen Tagen ist das weithin bekannte, sich besten Rufes erfreuende Hotel du Nord in Dresden in der Pragerstraße, Ecke der Moczinskystraße, in den Besitz des Herrn Alwin Hensel übergegangen. Es ist bekannt, in welcher Weise der Genannte vordem die Bewirthschaftung des Leipziger Palmengartens zu führen gewußt hat. Seine Wirksamkeit in diesem Sinne wird eine Gewähr für das Gedeihen seines neuen Unternehmens sein, dessen weitere Entwickelung nunmehr in neuen berufenen Händen ruht. Das Hotel du Nord zählt zu den beliebtesten Hotels Dresdens, seine Lage, seine Einrichtung und sein exacter Betrieb werden es unter dem neuen Besitzer in erhöhtem Maße zu einem bevorzugten Aufenthalt der reisenden Welt stempeln. [8] Vorgestern starb im Alter von 76 Jahren Herr Königl. Sächsischer Hofobertrompeter a. D. Friedrich August Mörtzsch. An demselben Tage starben hier Herr Rechnungsrat a. D. August Eduard Leibiger im 78. Lebensjahre und der Besitzer vom Hotel du Nord, Herr Alwin Hensel, im 40. Lebensjahre. [9] Zahlungseinstellungen. Konkurs wurde eröffnet über das Vermögen […] und über den Nachlaß des Hotelbesitzers Paul Alwin Hensel in Dresden. [10] Quellen zu Curt Hans Theodor Bieling – Zweiter Pächter der Gastwirtschaft – von Oktober 1900 bis Dezember 1901. Vom 1. October d. J. ab ist die Gastwirtschaft an Herrn Curt Bieling, Hotel-Director in Münster, anderweitig verpachtet worden. Herr Curt Bieling gilt als hervorragend tüchtiger Fachmann, der bereits in ähnlichen großen Etablissements, u. A. in der Flora zu Köln, im Palmengarten zu Frankfurt a. M. und im Kurhaus Wiesbaden an leitender Stelle thätig war. Die reichen Erfahrungen, die sich Herr Bieling in diesen Stellungen sammeln konnte, bieten die Gewähr, daß die Gastwirthschaft des Palmengartens von ihm in mustergiltiger, den vornehmen Einrichtungen des Unternehmens entsprechender Weise geführt werden wird. [11] Aus Blatt 11 012 des Handelsregisters ist heute die Firma Curt Bieling in Leipzig (Frankfurterstraße Nr. 35) und als deren Inhaber der Schänkwirth Herr Curt Hans Theodor Bieling daselbst eingetragen worden. Angegebener Geschäftszweig: Gastwirthschaftsbetrieb. Leipzig, den 22. Januar 1901. Königliches Amtsgericht, Abth. IIB. Müller. [12] Ueber das Vermögen des Gastwirths Curt Hans Theodor Bieling, Inhabers der Firma: Curt Bieling in Leipzig, Frankfurterstraße 35 (Gastwirthschaft des Leipziger Palmengartens) ist heute, am 28. November 1901, nachmittags ¾7 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet worden. Verwalter: Herr Rechtsanwalt Dr. Wachtel hier. Wahltermin am 18. Dezember 1901, vormittags 11 Uhr. Anmeldefrist bis zum … Weiterlesen

Schwedische Pionierin Elfrida Andrée im Palmengarten – Dirigentin

Der Konzertsaal des Leipziger Palmengartens wird heute Mittwoch abend der Schauplatz eines seltenen musikalischen Ereignisses sein. Gelegentlich des 17. Symphonie-Konzertes des Winderstein-Orchesters gelangt eine A-moll-Symphonie von Elfrida Andrée aus Göteborg unter persönlicher Leitung der Komponistin zur Aufführung. Außerdem wird die interessante Dame, eine nahe Verwandte des kühnen Nordpolforschers, noch das Vorspiel zu einer von ihr komponierten Oper „Fritjofs Saga“ dirigieren. Man darf mit Recht auf diese außergewöhnlichen Darbietungen gespannt sein. Im ersten Teile des heutigen Konzertes bringt übrigens Herr Konzertmeister Pick-Steiner das Konzert Nr. 3, H-moll, für Violine von C. Saint-Saёns zum Vortrage. Inhaber von Dauerkarten haben auch zu diesem Konzerte ohne jede Nachzahlung Zutritt. [1] Das 17. Sinfonie-Konzert des Winderstein-Orchesters im Palmengarten trug ein ganz eigenartiges Gepräge. Eine junge Komponistin, Frl. Elfrida Andrée aus Göteborg, brachte zwei ihrer Werke unter eigener Leitung zur Aufführung. Der musikproduktiven Betätigung des weiblichen Geschlechts stehe ich ziemlich mißtrauisch gegenüber und ich bin auch bis heute noch nicht überzeugt worden, daß die Frau gerade auf diesem Kunstgebiete hervorragende schöpferische Beanlagung besitzt. Wenigstens nicht, insofern es sich um größere, mit Inhalt und Leben auszufüllende Formen handelt. Das ist gewissermaßen psychologisch begründet. Die musikalische Ideenwelt der Frau ist eine viel beschränktere wie die des Mannes, die ganze Natur des Weibes weist auf das zarte, innige, schwärmerische und hingebende hin, kraftvollere Akzente stehen ihr weniger zu Gebote. Diese vermißten wir auch in der Sinfonie A moll des Frl. Elfrida Andrée. Die Dame war uns in rein menschlicher Beziehung interessanter – sie soll mit dem verschollenen Nordpolfahrer Andrée verwandt sein – als in künstlerischer. Ihre Sinfonie ist nur ein schwaches Produkt. Eine eigenartige Persönlichkeit tritt nirgends zu tage, selbst ein Stich ins Nationale, den wir vermutet hatten, ist nicht vorhanden, das Werk ist vielmehr mendelssohnisch angehaucht. Die Durchführung ist der Komponistin schwächste Seite; von kunstvoller thematischer Arbeit, polyphoner Gestaltung ist hier wenig zu spüren, die Themen erweisen sich auch zur weiteren Entwickelung als zu wenig eindringlich. Der letzte Satz ist meines Dafürhaltens noch der beste. Einen weit günstigeren Eindruck machte auf mich der Autorin Vorspiel zur Oper „Fritjofs Saga“, das in der Konzeption nicht ohne Schwung ist, manche schöne Momente enthält und auch eine wirkungsvollere instrumentale Einkleidung als die Sinfonie besitzt. Frl. Andrée leitete das Orchester, welches die Ouverture recht temperamentvoll, die Sinfonie dagegen ziemlich lau und mit sichtlicher Unlust spielte, mit bemerkenswertem Geschick. Von L. W. [2] [1] Der Konzertsaal des Leipziger Palmengartens, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 25. Januar 1905. Frühausgabe, S. 7. [2] Das 17. Sinfonie-Konzert des Winderstein-Orchesters, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 28. Januar 1905. Frühausgabe, S. 2.

Aus der Presse – Palmengarten-Prozess am Königlichen Landgericht

Nach Wiedereröffnung der Verhandlung durch den Vorsitzenden Herrn Landgerichtsrat Justizrat Barth äußerten sich zunächst die Sachverständigen über die von ihnen heute früh im Palmengartensaale vorgenommenen Messungen und Beobachtungen. Nach dem Referate des Herrn Regierungsbauführers Prof. Töpel hat sich zwar ergeben, daß eine Senkung der Dachkonstruktion stattgefunden hat, dieselbe ist aber eine nur minimale gewesen. Es mag auch ein in der Diagonale wirkender Druck infolgedessen stattgefunden haben; dies kann aber nach Ansicht des Sachverständigen nicht erheblich gewesen sein. Die von dem Sachverständigen Civilingenieur Leidholdt angegebenen Zahlen erachtete Prof. Töpel als etwas zu reichlich bemessen. Civilingenieur Leidholdt gibt zu, daß er in der Kürze der Zeit nicht alle Entfernungen habe messen können, sowie, daß ihm ein Rechenfehler unterlaufen sei; er hält aber die Konstruktion des Daches im allgemeinen für zu schwach. Auch die beiden anderen Berliner Sachverständigen Prof. Dietrich und Ratszimmermeister a. D. Schwager bleiben bei ihrem gestrigen Gutachten stehen, daß der fehlerhaften Dachkonstruktion die Hauptschuld an dem Unfalle beizumessen sei. Auf Antrag des Herrn Staatsanwaltes Justizrat Dr. Kunz soll dann der im Saale anwesende Zimmermeister Herr Lincke als Zeuge vernommen werden. Herr Rechtsanwalt Neu widerspricht der Vereidigung des Zeugen auf Grund von § 56 der Strafprozeßordnung, da nach seiner Information aus den Akten die Dachkonstruktion ursprünglich nicht genehmigt worden sei. Herr Rechtsanwalt Dr. Gottschalck schloß sich diesem Antrage an, denn es sei mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Angeklagten für unschuldig befunden werden und nachträglich die Konstrukteure des Daches zur Verantwortung gezogen werden. Der Gerichtshof beschloß, die Vereidigung auszusetzen. Herr Lincke erklärt, die Konstruktion des Daches sei keine zu schwache, dieselbe sei auch von unserer Baupolizei, die sehr gewissenhaft vorgehe, genehmigt worden. Richtig sei, daß eine kleine Senkung stattgefunden habe; dieselbe käme aber bei jeder Konstruktion in solcher Dimension vor, damit müsse man rechnen, der Dachstuhl setze sich immer. Es habe keine oder nur eine ganz minimale Ueberhöhung stattgefunden. Er habe eine gleiche oder doch mindestens sehr ähnliche Deckenkonstruktion im Neuen Theater angebracht, die gleichfalls anstandslos von der Baupolizei genehmigt worden wäre. Demgegenüber behauptete Herr Civilingenieur Leidholdt, daß die Prüfung nur für lotrechte Belastung stattgefunden hätte, auf eine einseitige Belastung durch den Winddruck hätte man nicht Rücksicht genommen. Hierauf wurden die bei der Ausführung der Rabitz- und Stuckarbeiten beschäftigten Leute als Zeugen vernommen. Einer von ihnen erklärt, daß man Kienhöfer darauf aufmerksam gemacht habe, daß zu viel Material daran hänge und daß es wohl notwendig sei, daß man eine Rohrbausche oder einen Eisenbügel hineinmachen und eine Eisenstange lang durchziehen solle, damit die Sache fester werde. Kienhöfer habe aber entgegnet: „Das hält schon, macht‘s nur so hin, wie es ist.“ Von mehreren Stuckateuren war ein Riß am Simse beobachtet worden, der dadurch entstanden sein soll, daß man auf dem Dachboden ungefähr einen Meter hoch Dachziegel aufgeschichtet hatte. Streitzig hatte gegen diese unzulässige Belastung protestiert, worauf die Dachziegel entfernt wurden. Als dann mehrere Tage vergingen, ohne daß sich der Riß vergrößerte, wurde er auf Anordnung Kienhöfers verschmiert. Eine Reihe von Zeugen sind der Meinung, dass Kienhöfer Polier gewesen sei, wenn er auch zeitweilig als Stuckateur mitgearbeitet hätte. Der Stuckateur Sachße, welcher mit an den Stuckornamentierungsarbeiten im Palmengarten beschäftigt war, hat sich seinen Kollegen gegenüber etwas sehr offenherzig über die nach seiner Meinung liederliche Arbeit bei Biswau & Knauer ausgesprochen und ist deshalb mit Kienhöfer in Differenzen gekommen, die seine Entlassung zur Folge hatten. Er hat nach dem Unfall den Direktor des Palmengartens auf einen von unten sichtbaren Riß in der Stuckdecke aufmerksam gemacht, der seiner (Sachßes) Ueberzeugung nach auch Kienhöfer nicht entgangen sein kann. Von seiten der Angeklagten ist nach den Angaben der Zeugen wiederholt an die Arbeiter die Mahnung ergangen, ja recht solid die Arbeiten auszuführen; dies hat namentlich Streitzig, der einige Male im Palmengarten war, aber sich sonst wenig um die Arbeiten gekümmert hat, getan. Auch Kietz hat sich wiederholt in gleicher Weise ausgesprochen, Kienhöfer ebenfalls. Hennig galt als Polier; er hat auch die Arbeiter angenommen und auch kontrolliert, ob die Arbeiten richtig gemacht worden sind. Nach einer kurzen Pause wurde vom Rechtsanwalt Ewald der Antrag auf Vertagung der Verhandlung und Einziehung eines Obergutachtens seitens eines Dresdener oder eines anderen nicht mit Leipzig in Beziehung stehenden Sachverständigen gestellt. Zur Begründung seines Antrages führte er aus, daß aus den Polizeiakten, die ihm erst jetzt zugänglich geworden seien, hervorginge, daß seitens der Baupolizei das für die Dachkonstruktion bestimmte Material nicht als genügend erachtet worden sei. Erst nachdem angegeben worden sei, dass eine leichte Holzdecke angebracht und nur vier Kronleuchter von je 60 kg Gewicht aufgehängt werden sollten, habe die Baupolizei von einer Beanstandung abgesehen. Es sei aber die Decke in Rabitzputz ausgeführt und Kronleuchter von 480 kg angebracht worden. Es mache sich daher eine eingehendere Prüfung auch in dieser Richtung erforderlich. Herr Staatsanwalt Dr. Kunz trat dem Antrag entgegen; der Gerichtshof behielt sich die Entschließung vor. Von G. Leipzig, 25. September 1903. Gerichtsverhandlungen. Königliches Landgericht. Palmengarten-Prozeß, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 25. September 1903. Abendausgabe, Beilage, S. 6659.

Aus der Presse – Wiedereröffnung nach der Palmengarten-Katastrophe

Die frühlingsmilden Weihnachtsfeiertage waren in der That verlockend genug, um unsere Bewohnerschaft zu einem Gange nach dem Palmengarten und seinem neueröffneten Gesellschaftshause zu bewegen. Nach einer mehrmonatlichen Pause dem großen Verkehre wieder zurückgegeben und in neuer, glänzender Gestalt entstanden, hatte dieser Hauptraum durch sein verändertes Gewand und seine neue decorative Ausschmückung wohlberechtigten Anlaß zu einem erhöhten Besuche des Etablissements gegeben. Man war dabei allseitig überrascht, eine so wirkungsvolle, malerische Anordnung der Deckendecoration und ihrer Umgebung zu finden. Drei bewährte Kräfte haben in erstaunlich kurzer Zeit die überraschende Metamorphose herbeiführen helfen: nach dem Abbruch des plastischen Plafonds durch Maurermeister Eduard Steyer schuf Zimmermeister Franz Linke die vollständig neue, platte Holzdecke, malte Richard Hesse auf dieser, mit Leinwand überspannten, quadratischen Fläche in großen, kraftvollen Zügen ein höchst vornehm gegebenes Ornamentenwerk, das die vier mächtigen Kronen des Saales an ihren Ausläufern mit einem feinen, goldenen Linienwerk kreisförmig umzieht und daneben auf dunkelblauem Grunde eine Fülle goldener Blüthen in symmetrischer Anordnung mit zarten Goldfäden verbindet, so daß die Gesammtwirkung eine außerordentlich anziehende wird. Den Abschluß der Deckenbemalung bildet ein schweres, aus stilisirten Lorbeergewinden gebildetes, goldenes Ornament, das an nordische Motive gemahnt. Ebenso fein stilisirt erweisen sich die Malereien der in Holz construirten Plafondkehlen. Vor Allem wurde mit dieser neuen malerischen Decoration eine vollständige Uebereinstimmung mit der vorhandenen Ausschmückung des prachtvollen Festsaales erreicht, ja, es dürfte nicht zu viel gesagt sein, wenn betont wird, daß mit den veränderten malerischen Momenten unstreitig eine Steigerung des Effectes erreicht worden ist. Alle coloristischen Reize stimmen hier ungemein lebendig zusammen, und in das Blau und Gold der Decke, in den vornehmen Bronzeton der Galerien trägt durch die großen Scheiben des Palmenhauses das leuchtende Grün einer üppigen Tropenflora ein weiteres, wohlthuendes, farbiges Element. Mächtige Palmen und Baumfarne winken herein: die hoch emporgeschossene Kentia belmoreana mit breitem Schopf, die riesige Musa violacea und die herrliche Lévistonia chinensis – – – Für die Weihnachtsfeiertage war das Winderstein-Orchester für eine Reihe von Concerten gewonnen worden. Die Wahl der einzelnen Programmnummern deutete dabei darauf hin, daß nur Erlesenes in musikalischer Beziehung geboten werden sollte. Dem entsprach auch allenthalben die Ausführung. Nach der wirthschaftlichen Seite hin trat bei der Wiedereröffnung der Räume Herr Albin Oertel, eine allen Leipzigern wohlbekannte und auf gastronomischen Gebiete hervorragende Persönlichkeit, als Leiter der Gastwirthschaft zur Zufriedenheit aller Gäste in Function. – Leipzig, 26. December 1901. Leipziger Palmengarten, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 27. Dezember 1901. Abendausgabe, S. 9232.

Aus der Presse – Palmengarten-Katastrophe im Gesellschaftshaus

Leipzig, 15. October 1901. — Das Gesellschafts-Concert im Palmengarten am heutigen Nachmittage erfuhr eine recht betrübende Unterbrechung dadurch, daß im zweiten Theile, kurz vor dem angekündigten Auftreten einer Sängerin, von der Wand nach dem Palmenhause zu ein etwa 3 Meter langes Stück Stuck des Deckensimses herabfiel, mehrere darunter stehende Tische mit Gypsstücken überschüttete, die auf den Tischen befindlichen Geschirre zum Theil zerschlug und drei Damen, die an diesen Tischen Platz genommen hatten, verletzte. Das Concert wurde abgebrochen. Die Besucher verließen sofort den Saal, da sich ergeben hatte, daß ein zwanzigjähriges Mädchen aus Stettin tödlich verunglückt war, anscheinend infolge des Schreckes, da eine äußere Verletzung an der Todten bei vorläufiger Besichtigung durch eingetroffene Aerzte nicht constatirt werden konnte. Eine der Damen hatte einen Beinbruch erlitten und konnte erst später in ihre Behausung gebracht werden, während zwei anscheinend leichter verletzte Damen sich entfernt hatten. Nachdem der Saal geräumt worden war, konnten die polizeilichen Erörterungen sofort beginnen, und wurde auch die verstorbene junge Dame mittels Siechkorbes fortgebracht. Selbstverständlich können in dem großen Saale des Palmengartens bis auf Weiteres gesellige Veranstaltungen nicht abgehalten werden. [1] Leipzig, 16. October 1901. — Mit inniger Theilnahme hat heute unsere Bewohnerschaft die schmerzliche Kunde von dem bedauernswerthen Schicksal einer jungen Dame vernommen, die gestern Abend das Opfer eines noch unaufgeklärten Unglücksfalles im Leipziger Palmengarten geworden und in Folge des Herabstürzens einer Stuckdekoration in wenig Minuten ihr junges Leben aushauchen mußte, während eine dicht neben ihr sitzende zweite Dame durch die Katastrophe den Bruch des linken Oberschenkels zu beklagen hatte. Das III. Gesellschaftsconcert im Leipziger Palmengarten, das, vom Günther Coblenz-Orchester ausgeführt, gestern Nachmittag 4 Uhr begann, hatte eine außergewöhnlich starke Zuhörerschaft, darunter, wie dies stets der Fall zu sein pflegt, viele Damen, nach den Räumen des großen Gesellschaftshauses gezogen, so daß bei Beginn der musikalischen Aufführung, zu welcher gleichzeitig die Mitwirkung der Sängerin Fräulein Leontine Kiesling vom Leipziger Stadttheater in Aussicht genommen war, alle Säle, sowie die Gallerien dicht besetzt sich erwiesen. Man schätzte die Besucherzahl auf etwa 1200 Personen. Es mochte etwa gegen ¾ 6 Uhr sein, – das Orchester hatte eben Weber’s „Aufforderung zum Tanz“ unter stürmischem Applaus des Auditoriums gespielt und Fräulein Kiesling schickte sich an, die Juwelen-Arie aus „Margarethe“ zu singen –, als in dieser Pause sich plötzlich ein etwa 3 m langes Stück der aus Stuck bestehenden Unterplatte des Deckengesimses vom Plasond löste und in mächtigen Stücken rapid 15 m herab in den Concertsaal sauste, mitten in eine Gruppe von Damen hinein, zwei von ihnen schwer verletzend, sowie Tischplatten und Eßgeräth zerschmetternd. Das geschah in wenig Secunden. Ueber den Umfang der Katastrophe selbst hatten bei dem Eintreten des Unglücksfalles die übrigen Anwesenden keine rechte Vorstellung, erst als nach einem gewaltigen Krach eine dichte Staubwolke an der Unglücksstelle aufwirbelte, als man die schwer Verletzten aus dem Saale trug, erkannte man ihre Größe. Der im Saal anwesende Director des Leipziger Palmengartens, Herr H. Miederer, welcher sofort vom Orchester aus Signal blasen ließ und die bestürzte und aufgeregte Zuschauerschaft zu Ruhe und Besonnenheit ermahnte, leitete unter Assistenz eines Herrn aus dem Publicum rasch die Ueberführung der beiden schwer verletzten Damen nach dem Weinzimmer des Restaurants an, während Herr Direktor Doebner sofort die nöthigen Absperrungsmaßregeln und die Räumung des Saales verfügte. Bewußtlos wurde ein junges blühendes Mädchen von 20 Jahren, Fräulein Frieda Klaus, das einzige Kind des Uhrmachers Klaus in Stettin, das in Leipzig zum Besuche weilte, aus Mund und Nase blutend aus dem Saal nach dem Weinrestaurant getragen. Dort verstarb die junge Dame schon nach wenigen Minuten, so daß der sofort herbeigerufene Arzt Herr Dr. Kloberg nur noch den Tod zu constatiren vermochte. Vermuthlich ist die Beklagenswerthe durch ein herabfallendes schweres Stuckstück im Genick tödtlich verletzt worden. Eine mit ihr gleichfalls an demselben Tische sitzende Dame, Frau Schuldirector Steinkopf aus Leipzig-Gohlis, erlitt oberhalb des Knies einen Bruch des linken Oberschenkels; trotz der großen Schmerzen, die sie auszustehen hatte, war sie doch sehr gefaßt. Sie wurde in Begleitung ihres herbeigerufenen Gatten mittels Krankenwagens nach ihrer Wohnung befördert, während man die Leiche des Fräulein Klaus dem Pathologischen Institut zuführte. Eine dritte Dame kam, zitternd und bebend, mit dem Schreck davon. Kurz nach der Katastrophe entfernte sich das gesammte Concertpublicum, so daß gegen ½ 8 Uhr bereits alle Säle geräumt waren. Bald nach Bekanntwerden der Katastrophe nahmen die Herren Polizeidirector Bretschneider, Baucommissar Haubold und Criminalcommissar Dr. Fincke die Unglücksstelle in Augenschein, wie auch heute Vormittag Herr Oberstaatsanwalt Böhme, sowie weiter die Herren Baurevisor Striegel, Baurath Johlige, Architekt Schmidt, Zimmermeister Lincke in Begleitung der Directoren Miederer und Doebner zur Besichtigung erschienen. Es wurde zunächst eine eingehende Untersuchung der gesammten Stuckarbeit im Concertsaale angeordnet und zu diesem Zwecke ein fahrbares Gerüst vorbereitet. Ueber die Ursache der Katastrophe selbst läßt sich vorläufig gar kein bestimmtes Urtheil abgeben. Soviel steht aber jetzt schon fest, daß das Eindringen von Feuchtigkeit aus dem neben den Concertsaal befindlichen Palmenhause ganz zur Unmöglichkeit gehört, da ein etwa 3 Meter starkes Mauerwerk die Stuckdecoration von der Palmenhauswand trennt. Die Decoration, seiner Zeit von der renommirten Firma Bosmau & Knauer in solider Weise hergestellt, bildete gleichsam den Abschluß der Kassettendecke und lief oberhalb des Tonnengewölbes über den großen südlichen Glasfenstern vor dem Palmenhause; sie trennte sich dicht neben der Cartouche oberhalb des Gewölbes in einer Länge von circa 3 m und fiel dann mit voller Wucht in mächtigen Stücken herab. Morgen wird die Baubehörde eine erneute Untersuchung des bis auf Weiteres geschlossenen Concertsaales vornehmen. — m. [2] Leipzig, 17. Oktober 1901. — Die außer dem getödteten Fräulein Frieda Klaus aus Stettin und der Frau Schuldirektor Steinkopf aus L.-Gohlis bei der Katastrophe im Palmengarten verletzte dritte Dame ist die Tochter des Postrathes Wichura, Fräulein Gertrud Wichura. Sie saß mit ihrer Mutter und drei Brüdern mit unter der Stelle, von welcher sich der Stuck abgelöst hat und wurde von einem größeren Stücke so heftig am Hinterkopfe getroffen, daß sie ihrem neben ihr sitzenden Bruder besinnungslos in die Arme fiel. Den Bemühungen ihrer Angehörigen gelang es zwar, die junge Dame bald wieder zur Besinnung zu bringen, die Verletzung erwies sich jedoch bei … Weiterlesen

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