Aus der Presse – Die Jahresfeiern vom Leipziger Palmengarten

1900 Aus Anlaß des einjährigen Bestehens des Leipziger Palmengartens hatte die Direktion desselben am Sonntag ein Festconcert veranstaltet, das von den vollständigen Musikcorps des 4. Thür. Infanterie-Regiments Nr. 72 und des königl. sächs. 14. Infanterie-Regiments Nr. 179 ausgeführt wurde. Das außerordentlich zahlreiche Publicum fand sich in der Erwartung eines musikalischen Genusses nicht getäuscht. Am Nachmittag concertirten die Capellen in den ersten beiden Theilen des Programms abwechselnd, und zwar die 72er unter Leitung des Herrn Corpsführers Seitz (an Stelle des erkrankten Musikdirectors Herrn Wendt), sowie die 179er unter Leitung ihres Dirigenten Herrn Kapitain. Beide Capellen wurden für ihre Darbietungen (Ouvertüre zu „Girofle- Girofla“, „Am schönen Rhein“ von Keler Bela, Potpourri aus der „Regimentstochter“ u. s. w.) mit Beifall ausgezeichnet. Im dritten Theile vereinigten sich beide Capellen zu einem Ganzen unter Leitung des Herrn Kapitain. Die Wirkung war eine großartige, namentlich erzielte die „Tell“- Ouverture, die sowohl in ihren Feinheiten, als mit ihrem prächtigen Marsch vorzüglich zur Geltung kam, großen Effect. Rühmend ist hierbei anzuerkennen, das exacte Zusammenspiel beider Capellen, und zwar um so mehr, weil vorher keine Gelegenheit zu Proben gegeben war. Auch das Abendconcert, das im Saale abgehalten wurde, fand vor „überfülltem Hause“ statt. Die große Zahl der Musiker machte hier das Streichconcert zur Bedingung. Auch hier wurden die Leistungen der Capellen, die wieder Herr Kapitain dirigirte, durch lebhaften Beifall anerkannt. So ist denn das „erste Stiftungsfest“ in jeder Hinsicht vorzüglich verlaufen. [1] 1901 Die Hoffnungen, welche sich vor zwei Jahren bei Eröffnung des Leipziger Palmengartens an die Zukunft dieses unserer Bürgerschaft gewidmeten Unternehmens knüpften und auf einen erfreulichen Erfolg bauten, haben ihre volle Erfüllung gefunden. Heute, wo wir auf einen zweijährigen Zeitraum des Bestehens dieser Unterhaltungs- und Erholungsstätte vornehmster Art zurückschauen, können wir mit Befriedigung auf das von seiner Verwaltung Erreichte blicken und zugleich die Sympathie bestätigen, die das in gemeinnützigem Sinne geschaffene, von erfahrener Hand geleitete Werk bei unserer gesammten Bewohnerschaft gefunden hat. Wenn die Direction des Leipziger Palmengartens aus Anlaß dieser Rückschau am jüngsten Montag, dem einstigen Eröffnungstage des Gartens, eine Jahresfeier veranstaltete und bei dieser Gelegenheit die Wiederkehr der bedeutungsvollen Stunde durch zwei von den Musikcorps des 107. und des 179. Regiments ausgeführte Festconcerte besonders freudig markirte, so fand sie sich bei dieser Veranstaltung in ihrer Freude durch eine überaus rege Theilnahme aus allen Kreisen unserer Stadt bestärkt. Sowohl das Nachmittagsconcert im Concertpark, als auch das Abendconcert im Festsaale des Gesellschaftshauses hatten einen ungewöhnlich hohen Besuch zu verzeichnen; das letztere ließ sogar fühlbaren Mangel an Platz empfinden. So nahmen denn Tausende an dieser trefflich arrangirten Jahresfeier Theil und lauschten den musikalischen Genüssen, die ihnen das Musikcorps des 107. Regiments unter Herrn Stabshoboist K. Giltsch und das Musikcorps des 179. Regiments unter Herrn Stabshoboist J. Kapitän, bald im Einzelspiel, bald vereint, unter abwechselnder Leitung ihrer Dirigenten, in einem ausgesucht gediegenen, wahrhaft klassischen Programm zu bieten wußten. Eine Folge von zweiundzwanzig musikalischen Nummern, zu denen alle Meister der Tonkunst ihre Namen gesetzt hatten, bildeten die Grundlage jener festlichen Stunden. Aeußerlich aber bot der Lenz seinen freundlichen Gruß und sein in Blumen gezeichnetes Willkommen. Die gartenkünstlerische Kraft des berufenen Fachmannes hatte das große Parterre vor dem Gesellschaftshause mit reizvollen Tulpenarrangements geschmückt und allerlei decorative Blüthenornamente dazwischen gezogen. Rings um das Bassin liefen breite, aus der feurig rothen Tulpe „Vermillon brillant“ gebildete Linien, während fächerartig ausgebreitete Rabatten die rosafarbenen Tulpen „Rose Gris de Lin“ aufgenommen hatten. Rings um das Quadrat leuchteten, die Grundfläche in breiten Streifen einrahmend, die citronenqelben Blüthen des „gelben Prinzen“, einer Tulpe von aparter Schönheit, auf, ebenso auf den Terrassen, wo weitere lange Tulpenreihen abwechselnd in rosa, roth und gelb und roth das Auge durch ihre herrlichen Farbeneffecte entzückten. Aber nicht allein die Tulpe spendete ihren Farbenglanz, auch andere Frühlingsboten mischten ihre Farben in das gärtnerische Gesammtbild; hier auf den großen runden Beeten im Parterre der von Myosotis eingerahmte blühende Zwergbuschlack, dort auf den Bankbeeten um das Parterre das gelbe Doronicum caucasicum, die einfache rothe und blaue Anemone von Caen, Aurikeln in reizendem Colorit, und andererseits wieder blaue Penseen in Fächern und Wappen, braune Penseen in schön geschwungenem Wappenband. Auch im Palmenhaus: fehlte es nicht an Blüthen exotischer Gewächse: interessante Orchideen, wie Cymbidium Lowi, Corlogyne Dayana, Cattleya intermedia und Lycaste aromatica hatten ihre Blumen erschlossen und daneben strahlten die Blüthen der azurblauen Tillandsia Lindeni vera, des rothen Harmanthus Kalbreyeri, des Paneratium ovatum und der Arisaema vingens. Zu alledem kam noch eine besondere Ueberraschung der Direction: mit eintretender Dunkelheit erstrahlte das Gesellschaftshaus in farbenleuchtendem Glanze elektrischer Illumination. Die Zinnen der vier Thürme, von rothen Glühlampen umgürtet, die Firstgrenzen in grünem Lichte martirt, die riesigen Fensterbogen von blaugelben Lichtern, den Farben Leipzigs, eingefaßt, so erhob sich der stattliche Bau des Gesellschaftshauses in farbigen Conturen aus dem Dunkel der Nacht, einen fesselnden und eigenartig-festlichen Anblick bietend. So wurde die Jahresfeier des Palmengartens für alle Erschienenen zu einer besonders genußreichen und unterhaltenden. — Ur. [2] 1902 Als am 29. April 1899 die große und moderne Anlage des Palmengartens ihre feierliche Eröffnung und damit ein längst gehegter Plan einsichtsvoller Männer, aus dem vordem an dieser Stelle Gewordenen einen Lieblingserholungsplatz für unsere Bürger mit den Mitteln einer vollendeten Gartenbaukunst zu schaffen, seine Erfüllung fand, wußte das damalige Oberhaupt unserer Stadt, Oberbürgermeister Dr. Georgi, darauf hinzuweisen, daß hier eine Stätte bereitet werde, wo Leipzigs Bürger nach des Tages Arbeit gern mit den Ihrigen Ruhe und Erholung suchen, wo die verschiedenen Kreise und Schichten der Gesellschaft einen gemeinsamen Mittelpunct finden können, der sie auch social näher führt. Daß diese Hoffnung sich erfülle, das hänge ja nun wesentlich von der Theilnahme unserer Bürger ab. Sie möchten das geschaffene Werk nicht als eine Gabe betrachten, die ihnen von einigen Bürgern gereicht werde, die sie heute genießen und morgen vergessen, nein, es solle ihnen ihr Werk sein, das sie mit geschaffen haben, für dessen Erhaltung sie mit einzutreten, an dessen immer schönerer Vollendung sie mitzuarbeiten haben, das ihnen aber dann alle Theilnahme gewiß auch reichlich lohnen werde. Was damals als Wunsch ausgesprochen worden, das hat sich in den drei Jahren des Bestehens des Palmengartens vollauf erfüllt: das … Weiterlesen

Aus der Presse – Pächter der Palmengarten-Gastwirtschaft

Quellen zu Paul Alwin Hensel – Erster Pächter der Gastwirtschaft – von April/ Mai 1898 bis September 1900. Wie wir zuverlässig erfahren, wurde Herrn Alwin Hensel, Inhaber eines größeren Restaurants in Dresden-Altstadt, das Palmengarten-Etablissement hierselbst pachtweise übertragen. Leipzig, 20. Februar 1898. [1] Ein Idyll aus Leipzigs Vergangenheit wird wiederkehren, sobald das mit dem Palmengarten verbundene vordere Restaurant (früher Kuhthurm-Restaurant) wieder eröffnet ist. Zwar ist noch Alles im Werden, allein ein Blick in die zahlreichen, zu traulichen Kneipzimmern ausgestatteten Räume des Parterre und der ersten Etage zeigt den erlesenen Geschmack, welcher hier maßgebend ist. Um den früheren Wirthschaftshof ziehen sich rings mächtige Veranden und uralte Baumriesen ragen mit den Wipfeln darüber. — Kurz, noch vor der Eröffnung des Palmengartens wird dem Publicum ein Erholungsplatz zugänglich gemacht werden, welcher rasch sich vollster Beliebtheit um so mehr erfreuen dürfte, als in Herrn Alwin Hensel ein Gastronom für dasselbe gewonnen wurde, welcher vollstes Verständniß für seine dort harrende Ausgabe besitzt. Tausenden von Leipzigern ist Herr Hensel bereits aus seiner Dresdner Thätigkeit, speciell in der „Alten Stadt“ der 1896er dortigen Ausstellung, bekannt und nicht unmöglich erscheint es, daß seinem emsigen Schaffen es gelingt, das vordere Palmengarten-Restaurant schon zum Pfingstfeste dem allgemeinen Besuchern zu öffnen. [2] Mit Bienenfleiß schaffen eine große Anzahl Arbeiter und Künstler, um das an der Frankfurter Straße gelegene vordere Palmengarten-Restaurant bis Pfingsten fertigzustellen, und ohne Zweifel wird es Herrn Hensel, dem Bewirthschafter des Etablissements, gelingen, Fertiges zu bieten, sobald er die Pforten des alten Kuhthurms den Gästen öffnet. Die inneren Räumlichkeiten, allerliebst ausgestattete trauliche Kneipzimmer, sind nahezu vollendet, ebenso die rings sich um die Gebäude ziehenden mächtigen Veranden und der Musikpavillon. Auch die westlich des Kuhthurmgebäudes befindlichen gärtnerischen Anlagen werden in den Restaurationsbetrieb einbezogen und viele Hunderte werden da lauschige Plätzchen finden, um sich inmitten prangender Natur zu erholen. Die Art und Weise der Einrichtung dieses vorderen Etablissements, das unabhängig vom Besuch des Palmengartens selbst auch nach dessen Eröffnung weiter bestehen wird, läßt angenehme Schlüsse zu auf das später unter Leitung des Herrn Hensel zu eröffnende Hauptrestaurant. [3] Neuangemeldete Mitglieder. 7 Neuanmeldungen: Nr. 5484 – 5490. Die Aufnahmen gelten als vollzogen, wenn innerhalb 14 Tagen, vom Tage der Veröffentlichung an gerechnet, begründeter schriftlicher Einspruch dagegen nicht erhoben wird. Bezirk Leipzig. 5490. Alwin Hensel, Gastwirt, Leipzig-Lindenau, „Palmengarten“. [4] Familiennachrichten. Geboren: Ein Knabe: […] Hrn. Alwin Hensel in Leipzig […] [5] […] Nur Eins soll noch erwähnt sein, und das ist der wirthschaftliche Betrieb, der in den bewährten und trefflichen Händen des Herrn Alwin Hensel ruht. Auch das ist ein wesentliches Moment zum Wohlbefinden der Besucher, die, in Kurzem nach vielen Tausenden zählend, erwarten, daß die Annehmlichkeiten eines Palmengartens in idealer Beziehung recht wohl mit dem praktischen Bedürfnisse des Lebens verbunden sein werden. Auch ihre Wünsche werden Gehör finden, dafür bürgt schon jetzt der umfangreiche trefflich organisirte Apparat […] [6] Wir haben schon in kurzen Zügen den Charakter und den Verlauf des am Sonnabend Abend im großen Saale des prächtigen Gesellschaftshauses abgehaltenen Festmahles berühren können. Es waren fröhliche Feststunden, die hier, getragen von einer wirklich aufrichtigen Freude über das Gelingen des schönen und gediegenen Werkes architektonischer und gärtnerischer Kunst, alle Kreise unserer Bevölkerung in einer halbtausendköpfigen Tafelrunde vereinten. Bei dieser Gelegenheit hatte der große wirthschaftliche Apparat des Leipziger Palmengartens zum ersten Male seine Feuerprobe zu bestehen; sie fiel zur vollen Zufriedenheit aus, was um so anerkennenswerther erschien, als die Neuheit des Betriebes an den zum Leiter des Restaurants und aller wirthschaftlichen Erquickungsstätten des Leipziger Palmengartens berufenen Herrn Alw. Hensel ganz besonders hohe Anforderungen stellte. Sein Debüt darf als ein glückliches bezeichnet werden einmal im Hinblick auf die gebotene Speisenwahl, dann auch in Bezug auf die ganz erlesenen Weine, mit deren Lieferung die ersten Häuser Leipzigs betraut worden waren […] [7] Hotel du Nord in Dresden. In diesen Tagen ist das weithin bekannte, sich besten Rufes erfreuende Hotel du Nord in Dresden in der Pragerstraße, Ecke der Moczinskystraße, in den Besitz des Herrn Alwin Hensel übergegangen. Es ist bekannt, in welcher Weise der Genannte vordem die Bewirthschaftung des Leipziger Palmengartens zu führen gewußt hat. Seine Wirksamkeit in diesem Sinne wird eine Gewähr für das Gedeihen seines neuen Unternehmens sein, dessen weitere Entwickelung nunmehr in neuen berufenen Händen ruht. Das Hotel du Nord zählt zu den beliebtesten Hotels Dresdens, seine Lage, seine Einrichtung und sein exacter Betrieb werden es unter dem neuen Besitzer in erhöhtem Maße zu einem bevorzugten Aufenthalt der reisenden Welt stempeln. [8] Vorgestern starb im Alter von 76 Jahren Herr Königl. Sächsischer Hofobertrompeter a. D. Friedrich August Mörtzsch. An demselben Tage starben hier Herr Rechnungsrat a. D. August Eduard Leibiger im 78. Lebensjahre und der Besitzer vom Hotel du Nord, Herr Alwin Hensel, im 40. Lebensjahre. [9] Zahlungseinstellungen. Konkurs wurde eröffnet über das Vermögen […] und über den Nachlaß des Hotelbesitzers Paul Alwin Hensel in Dresden. [10] Quellen zu Curt Hans Theodor Bieling – Zweiter Pächter der Gastwirtschaft – von Oktober 1900 bis Dezember 1901. Vom 1. October d. J. ab ist die Gastwirtschaft an Herrn Curt Bieling, Hotel-Director in Münster, anderweitig verpachtet worden. Herr Curt Bieling gilt als hervorragend tüchtiger Fachmann, der bereits in ähnlichen großen Etablissements, u. A. in der Flora zu Köln, im Palmengarten zu Frankfurt a. M. und im Kurhaus Wiesbaden an leitender Stelle thätig war. Die reichen Erfahrungen, die sich Herr Bieling in diesen Stellungen sammeln konnte, bieten die Gewähr, daß die Gastwirthschaft des Palmengartens von ihm in mustergiltiger, den vornehmen Einrichtungen des Unternehmens entsprechender Weise geführt werden wird. [11] Aus Blatt 11 012 des Handelsregisters ist heute die Firma Curt Bieling in Leipzig (Frankfurterstraße Nr. 35) und als deren Inhaber der Schänkwirth Herr Curt Hans Theodor Bieling daselbst eingetragen worden. Angegebener Geschäftszweig: Gastwirthschaftsbetrieb. Leipzig, den 22. Januar 1901. Königliches Amtsgericht, Abth. IIB. Müller. [12] Ueber das Vermögen des Gastwirths Curt Hans Theodor Bieling, Inhabers der Firma: Curt Bieling in Leipzig, Frankfurterstraße 35 (Gastwirthschaft des Leipziger Palmengartens) ist heute, am 28. November 1901, nachmittags ¾7 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet worden. Verwalter: Herr Rechtsanwalt Dr. Wachtel hier. Wahltermin am 18. Dezember 1901, vormittags 11 Uhr. Anmeldefrist bis zum … Weiterlesen

Aus der Presse – Chronik der Schenkungen an den Palmengarten

1898 — Dem Leipziger Palmengarten sind in den letzten Wochen größere Schenkungen gemacht worden, indem Hr. Bankdirektor Exner ihm 17 Palmen, darunter seltene Exemplare von hohem Werte, und Hr. Kommerzienrat Sening ein geschmackvolles Gartenhaus aus Xylolith überwiesen haben. [1] Dem Leipziger Palmengarten ist vorgestern die erste größere Geldschenkung in Höhe von 6000 Mk. überwiesen worden. Als Gartendirektor ist Herr Hofgärtner Hermann Doebner in Wien berufen worden. [2] Dem Leipziger Palmengarten sind weitere 500 M. schenkungsweise überwiesen worden. [3] 1899 — Kunst und Natur haben in den letzten Tagen mächtig zusammengewirkt, um unseren jungen Palmengarten weiter auszubauen. So wurde in dem großen, zwischen dem Gesellschaftshause und dem Eingange an der Frankfurter Straße gelegenen Blumenparterre die farbenprächtige Sommerauspflanzung vollendet, die Terrassen, die Brücken und die Musikhalle erhielten reichen Blumenschmuck und an vielen Stellen der weitausgedehnten Anlagen kann sich das Auge an den geschmackvoll angeordneten exotischen Pflanzengruppen erfreuen. Das Palmenhaus erfuhr seit der Eröffnung wieder manche werthvolle Bereicherung durch von Gönnern des Gartens gemachte Schenkungen und seltene, in den eigenen Gewächshäusern gezogene Blattpflanzen. Als schönstes Geschenk des scheidenden Frühlings seien aber die jetzt in voller Blüthe stehenden Rosen erwähnt, welche in vielen Hunderten von Abarten in dem umfangreichen Rosengarten vertreten sind. Für die Unterhaltung der Besucher ist durch tägliche Concerte, ausgeführt von vorzüglichen hiesigen und auswärtigen Capellen, Sorge getragen. Um den Besuch des Palmengartens zu erleichtern, ist der Eintrittspreis für Sonnabend, den 24. Juni (Johannistag) ausnahmsweise auf 50 pf. Für Erwachsene und 25 pf. Für Kinder festgesetzt worden. [4] In den letzten Tagen ist unserm Palmengarten durch verschiedene Gönner desselben wieder eine größere Anzahl von Pflanzen schenkungsweise überwiesen worden, darunter eine gestern eingetroffene Sendung seltener Orchideen, welche der zur Zeit auf Reisen in Südamerika befindliche Bruder des Herrn Musikalienhändlers Paul Zschocher dem neuen großartigen Unternehmen seiner Vaterstadt zum Geschenk gemacht hat. Wenn die Pflanzen durch den weiten Transport auch zum Theil gelitten haben, so bedürften sie sich sorgfältiger Pflege noch ganz gut entwickeln und seiner Zeit die Besucher des Gartens erfreuen. [5] 1900 — In den letzten Tagen haben wieder mehrere Freunde und Gönner unseres Palmengartens dem schönen Unternehmen ihr Interesse durch Zuwendung reicher Schenkungen bewiesen. So sind von privater Seite, zur Verwendung von Gruppen im Freien bestimmt, je eine große Dracaena indivisa und Dracaena australis, ferner ein selten schöner und großer Chamaerops excelsa gestiftet worden. Ein bekannter hiesiger Kunst- und Handelsgärtner hat dem Palmengarten ein tadelloses Phoenicophorium Sechellarum als Geschenk überwiesen. Diese sehr seltene tropische Pflanze bildet jetzt einen besonderen Schmuck des herrlichen Palmenhauses. In letzterem sind zur Zeit auch eine Anzahl von Pflanzen zu sehen, die für unseren Haushalt eine gewisse Bedeutung haben. Wir sehen hier das graciöse Zuckerrohr (Saccharum officinarum), die Theestaude (Thea Bohea), die Vanille (Vanilla aromatica), den Pfeffer (piper nigrum), die zierliche Sagopalme (Cycas revoluta), den Ingwer (Zingiber officinale) und schließlich noch die Baumwolle (Gossypium herbaceum). Eine Collection von später blühenden Chrysanthemum, welche auf der kürzlich geschlossenen, mit außerordentlich großem Beifall aufgenommenen Chrysanthemum-Ausstellung naturgemäß nicht mehr zur Geltung kommen konnten, ist jetzt für wenige Tage gleichfalls im Palmenhause aufgestellt. [6] 1901 — Unserem Palmengarten sind in den letzten Tagen wieder mehrere werthvolle Schenkungen als Zeichen freundlichen Wohlwollens zugegangen. So überwies u.A. eine hochgeachtete Leipziger Dame dem Garten einen prachtvollen Chamaerops humilis, der im nächsten Frühjahre an geeigneter Stelle im Freien Aufstellung finden wird, während ein von einem in Merseburg lebenden Freunde des Leipziger Palmengartens geschenkter schöner Pandanus utilis dem herrlichen Palmenhause zum weiteren Schmucke gereichen soll. Im Blumenparterre sind jetzt farbensatte Gruppen reizender Astern ausgepflanzt als letzte Zierde der Teppichbeete vor Eintritt der kalten Jahreszeit. Vielseitiges Interesse erregen noch immer die originellen „Eierpflanzen“ (Solanum Melongena), und die granatrothen Früchte des gleichfalls in den Seitengruppen des großen Parterres ausgepflanzten „spanischen Pfeffers“ (Capsicum annum). [7] 1902 — Die Pflanzenschätze unseres sich herrlich entwickelnden Palmengartens haben in den letzten Tagen durch eine werthvolle Schenkung des Herrn Albert Wagner in Leipzig-Gohlis wieder eine recht erfreuliche Bereicherung erfahren. Herr Wagner, der Inhaber der durch den Import exotischer Pflanzen weltbekannt gewordenen Firma, überwies dem Palmengarten zwei prächtige, 14 m hohe Cocospalmen (Cocos Datil) und ein Paar in kräftigster Entwicklung befindliche Bambusa himalajensis. Die tadellosen Pflanzen sind im Palmenhause untergebracht worden. [8] 1903 — Daß sich auch außerhalb Leipzigs wohnende Pflanzenfreunde lebhaft für unseren schönen Palmengarten interessieren, beweist die ansehnliche und hochwillkommene Schenkung, die ihm in den letzten Tagen von Herrn Kommerzienrat Friedrich Benary, einem der Inhaber der weltbekannten Samenhandlung Ernst Benary in Erfurt, überwiesen worden ist. Dieser Herr pflegt gelegentlich seiner häufigen Anwesenheit in Leipzig stets auch unserem Palmengarten einen Besuch abzustatten und hat wiederholt seine Freude über diese gemeinnützige Schöpfung geäußert. Unter den jetzt schenkungsweise überlassenen zahlreichen Palmen und sonstigen tropischen Pflanzen befindet sich ein stattliches Exemplar der in europäischen Pflanzengärten nur sehr vereinzelt anzutreffenden Chamaerops stauracantha, ferner drei große Carludovica atrovirens, zwei Areca Baueri, ein Encephalartos willosus, eine Dracaena Lindeni, ein Pandanus utilis, zwei Corypha australis, ein Chamaerops elegans, eine Kentia Canterburiana, eine Roezlia regia, je ein Anthurium Laucheanum und A. Hookeri, eine Pavonia intermedia und die sehr seltenen eigenartigen Farnen Platycerium alcicorne und Pl. Willinki. Außerdem waren der reichen Sendung, zu deren Transport ein ganzer Eisenbahnwagen erforderlich war, noch eine Anzahl kleinerer, aber deshalb nicht minder wertvoller Pflanzen verschiedener Arten, darunter auch einige besonders interessante Orchideen, beigefügt. [9] Eine wertvolle Schenkung ist unserm Palmengarten wieder von einem auswärtigen Freunde und Gönner, Herrn Fabrikbesitzer Julius Forstmann in Verden a. d. Ruhr, zugegangen. Sie besteht aus mehreren direkt von Australien eingeführten starken Farrnstämme – Pallantium antarcticum –, von denen einige schon gute Entwicklung zeigen. Sonntag, den 25. Oktober, wird im Orangeriegebäude des Palmengartens die diesjährige Chrysanthemum-Ausstellung eröffnet. Diese interessante Schaustellung wird nicht weniger als 3000 Prachtblumen, darunter einige bemerkenswerte Neuheiten ausweisen. [10] Der Leipziger Palmengarten ist jetzt um eine in mehrfacher Hinsicht hervorragende Sehenswürdigkeit bereichert worden, indem die ihm vor kurzem von dem König Georg schenkungsweise überwiesene große Phoenix-Palme nach mühevoller Ueberführung vom Pillnitzer Schloßgarten im Palmenhause in der Nähe des Goldfischbassins Aufstellung gefunden hat. Die in ihrer äußeren Erscheinung hochinteressante Palme überragt mit ihren zwei hohen Hauptstämmen auch die stattlichsten übrigen … Weiterlesen

Schwedische Pionierin Elfrida Andrée im Palmengarten – Dirigentin

Der Konzertsaal des Leipziger Palmengartens wird heute Mittwoch abend der Schauplatz eines seltenen musikalischen Ereignisses sein. Gelegentlich des 17. Symphonie-Konzertes des Winderstein-Orchesters gelangt eine A-moll-Symphonie von Elfrida Andrée aus Göteborg unter persönlicher Leitung der Komponistin zur Aufführung. Außerdem wird die interessante Dame, eine nahe Verwandte des kühnen Nordpolforschers, noch das Vorspiel zu einer von ihr komponierten Oper „Fritjofs Saga“ dirigieren. Man darf mit Recht auf diese außergewöhnlichen Darbietungen gespannt sein. Im ersten Teile des heutigen Konzertes bringt übrigens Herr Konzertmeister Pick-Steiner das Konzert Nr. 3, H-moll, für Violine von C. Saint-Saёns zum Vortrage. Inhaber von Dauerkarten haben auch zu diesem Konzerte ohne jede Nachzahlung Zutritt. [1] Das 17. Sinfonie-Konzert des Winderstein-Orchesters im Palmengarten trug ein ganz eigenartiges Gepräge. Eine junge Komponistin, Frl. Elfrida Andrée aus Göteborg, brachte zwei ihrer Werke unter eigener Leitung zur Aufführung. Der musikproduktiven Betätigung des weiblichen Geschlechts stehe ich ziemlich mißtrauisch gegenüber und ich bin auch bis heute noch nicht überzeugt worden, daß die Frau gerade auf diesem Kunstgebiete hervorragende schöpferische Beanlagung besitzt. Wenigstens nicht, insofern es sich um größere, mit Inhalt und Leben auszufüllende Formen handelt. Das ist gewissermaßen psychologisch begründet. Die musikalische Ideenwelt der Frau ist eine viel beschränktere wie die des Mannes, die ganze Natur des Weibes weist auf das zarte, innige, schwärmerische und hingebende hin, kraftvollere Akzente stehen ihr weniger zu Gebote. Diese vermißten wir auch in der Sinfonie A moll des Frl. Elfrida Andrée. Die Dame war uns in rein menschlicher Beziehung interessanter – sie soll mit dem verschollenen Nordpolfahrer Andrée verwandt sein – als in künstlerischer. Ihre Sinfonie ist nur ein schwaches Produkt. Eine eigenartige Persönlichkeit tritt nirgends zu tage, selbst ein Stich ins Nationale, den wir vermutet hatten, ist nicht vorhanden, das Werk ist vielmehr mendelssohnisch angehaucht. Die Durchführung ist der Komponistin schwächste Seite; von kunstvoller thematischer Arbeit, polyphoner Gestaltung ist hier wenig zu spüren, die Themen erweisen sich auch zur weiteren Entwickelung als zu wenig eindringlich. Der letzte Satz ist meines Dafürhaltens noch der beste. Einen weit günstigeren Eindruck machte auf mich der Autorin Vorspiel zur Oper „Fritjofs Saga“, das in der Konzeption nicht ohne Schwung ist, manche schöne Momente enthält und auch eine wirkungsvollere instrumentale Einkleidung als die Sinfonie besitzt. Frl. Andrée leitete das Orchester, welches die Ouverture recht temperamentvoll, die Sinfonie dagegen ziemlich lau und mit sichtlicher Unlust spielte, mit bemerkenswertem Geschick. Von L. W. [2] [1] Der Konzertsaal des Leipziger Palmengartens, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 25. Januar 1905. Frühausgabe, S. 7. [2] Das 17. Sinfonie-Konzert des Winderstein-Orchesters, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 28. Januar 1905. Frühausgabe, S. 2.

Aus der Presse – Laterne zu Ehren der deutsch-japanischen Freundschaft

Ein interessantes Geschenk ist dem Leipziger Palmengarten von unserem geschätzten Mitbürger August Sußmann zugegangen. Die Zuwendung besteht in einer 2 ½ m hohen, aus Savonnière-Kalkstein hergestellten japanischen Laterne, die in der Nähe des Rosengartens Aufstellung findet und von japanischen Zwerg-Ahornbäumen umgeben wird. Dieser plastische Schmuck soll eine Ehrung für den berühmten japanischen Admiral Togo darstellen und wird demgemäß mit einer japanischen Inschrift versehen, die in deutscher Uebersetzung wie folgt lautet: „Togo-Laterne“. In Verehrung und Liebe von Japanern und Freunden in Leipzig durch August Sußmann. — Solche Laternen bilden einen reizenden Schmuck in der japanischen Landschaft und werden dort aus Pietät für edle und im öffentlichen Leben verdienstvolle Männer errichtet. Die z. Zt. an der Leipziger Universität studierenden 11 Japaner, wohl sämtlich Abonnenten und ständige Besucher des Palmengartens, werden sich über dir ihrem großen Landsmann bewiesene Ehrung gewiß besonders freuen. Die Ausstellung der Laterne erfolgt im Laufe dieser Woche durch Steinmetzmeister G. Günther, hierselbst. Uebrigens hat Admiral Togo dem ihm befreundeten Herrn Sußmann versprochen, gelegentlich eines Besuches Englands auch nach Leipzig zu kommen. [1] Ein Weihnachtsgeschenk aus Japan ist dem Leipziger Palmengarten von dem Inhaber der Exportfirma L. Boehmer & Co., Alfred Unger, in Yokohama zugegangen. Es besteht aus einer größeren Anzahl japanischer Prachtlilien, die nach der Bestimmung des Schenkers an der Togolaterne im Frühjahr Aufstellung finden sollen. Die Veranlassung zu dieser, interessanten und wertvollen Schenkung hat die in die japanischen Blätter übergegangene Nachricht von der Aufstellung der Togolaterne im Leipziger Palmengarten gegeben. [2] Zur Erinnerung an die für die Japaner erfolgreiche Seeschlacht von Tsushima fand am 27. d. M. eine Feier statt, bestehend in einem Festmahl, welches Herr Kommerzienrat August Sußmann ausgerichtet hatte. — Unter den Eingeladenen waren die Herren Geheimer Regierungsrat Kaiserlicher Bankdirektor Kalaehne, Stadtrat Wagler, Stadtrat Cichorius, Professor Dr. Steindorff, Sanitätsrat Dr. Schwabe n.a.; von der japanischen Gesandtschaft in Berlin war Fregattenkapitän Yamajuchi anwesend, ferner Hauptmann Shodo und die übrigen Herren der hiesigen japanischen Kolonie. — Der Speisesaal des „Palmengartens“ war mit deutschen und japanischen Fahnen und mit Wimpeln aller Nationen festlich dekoriert. — Den Kaisertoast brachte Kommerzienrat Sußmann aus, während Herr Siedel, der Vorsitzende der Goethe-Gesellschaft, unseres geliebten Königs gedachte. Prof. Dr. Steindorffs Worte galten dem japanischen Roten Kreuz. Prof. Sawai aus Japan sprach, daß seine Landsleute mit allen Kulturnationen gern in Frieden leben möchten. In kultureller, sowie militärischer Hinsicht verdanke Japan den Deutschen sehr viel; sein Hoch galt daher dem deutschen Volke und dessen erhabenem Kaiser. — Hauptmann Shodo pries die deutsche Armee. Direktor Dr. Jahn und Redakteur Eichberger erzählten von den lieblichen japanischen Frauen. Referendar Peuckert sprach vom japanischen Handelsrecht. Die deutsche und die japanische Nationalhymne wurden von dem Willy Wolf-Orchester wirksam intoniert. Dann ging es hinaus in den stillen Park zur Togolaterne, deren mattrotes Licht aus dem Grün der Bäume schimmerte. Kommerzienrat Sußmann feierte hier den Admiral Togo als den Moltke Japans. „Friede, Freude und Freundschaft“, so klangen die herrlichen Worte aus; mögen sie immer Deutschland und Japan verbinden! [3] Im schattenreichen Park des Leipziger Palmengartens erhebt sich, aus hartem Stein gemeißelt, ein sinniges Monument, das von Herrn Kommerzienrat August Sußmann gestiftet, zum Symbol der deutsch-japanischen Freundschaft ausersehen und als japanische „Togo-Laterne“ die Erinnerung an ein gewaltiges welthistorisches Ereignis, die Seeschlacht von Tsushima, festzuhalten bestimmt worden ist. Dahinzogen gestern um die Mitternachtsstunde die hiesige japanische Kolonie und deren heimische Freunde, voran der Stifter des plastischen Werkes und mit ihm die Herren Major Maruno, Hauptmann Chodo und Professor Lakake. Es war ein feierlicher Moment, als hier im Schimmer bunter Lampions in schweigender Natur Osten und Westen bei Bansai und Hurra ihre Sympathien bekräftigten und ihre Sympathien austauschten. Vorher hatte ein Bankett Japaner und Deutsche im Weißen Saale des Palmengartens zu festlicher Begehung des 27. Mai in stattlicher Anzahl versammelt. Hier, wo aus den Blütenbüscheln des duftenden Flieders die rote Sonnenscheibe auf weißem Felde und die Farben des Deutschen Reichs hervorleuchteten, hielt Herr Kommerzienrat Aug. Sußmann eine feierliche Rede. Einen der historisch denkwürdigsten Tage in der Geschichte der Gegenwart bilde der Erinnerungstag der Seeschlacht am Tsushima. Vor vier Jahren seien die Blicke aller Völker auf das blutige Drama gelenkt worden, das sich abspielte, als der Riese Rußland mit dem kleinen Japan in blutiger Fehde lag, zwei Schlachtflotten sich kreuzten und die russische Armada fast vollständig vernichtet wurde. Ein glänzender, fast nie dagewesener Sieg sei daraus hervorgegangen und zu einem modernen Nelson sei Admiral Togo geworden. Und daraus ging ein Aufsteigen Japans zur Großmacht hervor, ein lebhafter Aufschwung seines kulturellen Lebens im Austausch materieller und geistiger Güter. Japan sei ein glücklicher Staat. Es habe einen energischen, tüchtigen Kaiser an seiner Spitze, der sich im fernen Osten als ein Hort des Friedens erweise und in dieser Beziehung den Glanz mit unserem edlen Kaiser teile. Japan und Deutschland durchleben eine gleich glorreiche Gegenwart. Wie dieses aus elender Zerrissenheit zur Einheit sich emporgeschwungen, so habe auch Japan das Glück empfunden, aus seiner Zerfahrenheit herauszukommen. Redner widmete den beiden erhabenen Herrschern, dem Kaiser von Japan und dem Kaiser von Deutschland, unter denen die Länder unter den Segnungen des Friedens gedeihen, ein freudiges dreifaches Hoch. Auch Herr Professor Dr. Georg Steindorff sprach an dem nationalen Festtag der Japaner. Hinüber und herüber gingen weiter die Reden. Man feierte die deutsche Gastfreundschaft und das gute Verhältnis zwischen Japanern und Deutschen, sang bald deutsch, bald japanisch und erfreute sich an auserlesenen musikalischen Darbietungen. Als dann das Musikkorps des 106. Regiments die kraftvollen schwermütigen Klänge der japanischen Nationalhymne „Kimigajo“ ertönen ließ, waren die Männer des fernen Ostens voll heller Freude. [4] Den Teilnehmern der Tsuschima-Feier, die Herr Kommerzienrat Sußmann am Sonnabend zur Erinnerung an den Seesieg der Japaner über die Russen bei Tsuschima (27. und 28. Mai 1905) im „Palmengarten“ veranstaltet hatte, wird der Augenblick unvergeßlich bleiben, als in der Mitternachtsstunde in den dunklen Schatten der Bäume, bei Fackelbeleuchtung der ehrwürdige Gastgeber an der von ihm zur Erinnerung an den Tag von Tsuschima gestifteten „Japanischen Laterne“ die anwesenden Japaner bat, ihre Nationalhymne zu singen. Feierlich klangen die Töne durch die Stille der Nacht, und brausend antworteten die Deutschen mit „Deutschland, Deutschland über alles“. Die eigentliche … Weiterlesen

Aus der Presse – Palmengarten-Prozess am Königlichen Landgericht

Nach Wiedereröffnung der Verhandlung durch den Vorsitzenden Herrn Landgerichtsrat Justizrat Barth äußerten sich zunächst die Sachverständigen über die von ihnen heute früh im Palmengartensaale vorgenommenen Messungen und Beobachtungen. Nach dem Referate des Herrn Regierungsbauführers Prof. Töpel hat sich zwar ergeben, daß eine Senkung der Dachkonstruktion stattgefunden hat, dieselbe ist aber eine nur minimale gewesen. Es mag auch ein in der Diagonale wirkender Druck infolgedessen stattgefunden haben; dies kann aber nach Ansicht des Sachverständigen nicht erheblich gewesen sein. Die von dem Sachverständigen Civilingenieur Leidholdt angegebenen Zahlen erachtete Prof. Töpel als etwas zu reichlich bemessen. Civilingenieur Leidholdt gibt zu, daß er in der Kürze der Zeit nicht alle Entfernungen habe messen können, sowie, daß ihm ein Rechenfehler unterlaufen sei; er hält aber die Konstruktion des Daches im allgemeinen für zu schwach. Auch die beiden anderen Berliner Sachverständigen Prof. Dietrich und Ratszimmermeister a. D. Schwager bleiben bei ihrem gestrigen Gutachten stehen, daß der fehlerhaften Dachkonstruktion die Hauptschuld an dem Unfalle beizumessen sei. Auf Antrag des Herrn Staatsanwaltes Justizrat Dr. Kunz soll dann der im Saale anwesende Zimmermeister Herr Lincke als Zeuge vernommen werden. Herr Rechtsanwalt Neu widerspricht der Vereidigung des Zeugen auf Grund von § 56 der Strafprozeßordnung, da nach seiner Information aus den Akten die Dachkonstruktion ursprünglich nicht genehmigt worden sei. Herr Rechtsanwalt Dr. Gottschalck schloß sich diesem Antrage an, denn es sei mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Angeklagten für unschuldig befunden werden und nachträglich die Konstrukteure des Daches zur Verantwortung gezogen werden. Der Gerichtshof beschloß, die Vereidigung auszusetzen. Herr Lincke erklärt, die Konstruktion des Daches sei keine zu schwache, dieselbe sei auch von unserer Baupolizei, die sehr gewissenhaft vorgehe, genehmigt worden. Richtig sei, daß eine kleine Senkung stattgefunden habe; dieselbe käme aber bei jeder Konstruktion in solcher Dimension vor, damit müsse man rechnen, der Dachstuhl setze sich immer. Es habe keine oder nur eine ganz minimale Ueberhöhung stattgefunden. Er habe eine gleiche oder doch mindestens sehr ähnliche Deckenkonstruktion im Neuen Theater angebracht, die gleichfalls anstandslos von der Baupolizei genehmigt worden wäre. Demgegenüber behauptete Herr Civilingenieur Leidholdt, daß die Prüfung nur für lotrechte Belastung stattgefunden hätte, auf eine einseitige Belastung durch den Winddruck hätte man nicht Rücksicht genommen. Hierauf wurden die bei der Ausführung der Rabitz- und Stuckarbeiten beschäftigten Leute als Zeugen vernommen. Einer von ihnen erklärt, daß man Kienhöfer darauf aufmerksam gemacht habe, daß zu viel Material daran hänge und daß es wohl notwendig sei, daß man eine Rohrbausche oder einen Eisenbügel hineinmachen und eine Eisenstange lang durchziehen solle, damit die Sache fester werde. Kienhöfer habe aber entgegnet: „Das hält schon, macht‘s nur so hin, wie es ist.“ Von mehreren Stuckateuren war ein Riß am Simse beobachtet worden, der dadurch entstanden sein soll, daß man auf dem Dachboden ungefähr einen Meter hoch Dachziegel aufgeschichtet hatte. Streitzig hatte gegen diese unzulässige Belastung protestiert, worauf die Dachziegel entfernt wurden. Als dann mehrere Tage vergingen, ohne daß sich der Riß vergrößerte, wurde er auf Anordnung Kienhöfers verschmiert. Eine Reihe von Zeugen sind der Meinung, dass Kienhöfer Polier gewesen sei, wenn er auch zeitweilig als Stuckateur mitgearbeitet hätte. Der Stuckateur Sachße, welcher mit an den Stuckornamentierungsarbeiten im Palmengarten beschäftigt war, hat sich seinen Kollegen gegenüber etwas sehr offenherzig über die nach seiner Meinung liederliche Arbeit bei Biswau & Knauer ausgesprochen und ist deshalb mit Kienhöfer in Differenzen gekommen, die seine Entlassung zur Folge hatten. Er hat nach dem Unfall den Direktor des Palmengartens auf einen von unten sichtbaren Riß in der Stuckdecke aufmerksam gemacht, der seiner (Sachßes) Ueberzeugung nach auch Kienhöfer nicht entgangen sein kann. Von seiten der Angeklagten ist nach den Angaben der Zeugen wiederholt an die Arbeiter die Mahnung ergangen, ja recht solid die Arbeiten auszuführen; dies hat namentlich Streitzig, der einige Male im Palmengarten war, aber sich sonst wenig um die Arbeiten gekümmert hat, getan. Auch Kietz hat sich wiederholt in gleicher Weise ausgesprochen, Kienhöfer ebenfalls. Hennig galt als Polier; er hat auch die Arbeiter angenommen und auch kontrolliert, ob die Arbeiten richtig gemacht worden sind. Nach einer kurzen Pause wurde vom Rechtsanwalt Ewald der Antrag auf Vertagung der Verhandlung und Einziehung eines Obergutachtens seitens eines Dresdener oder eines anderen nicht mit Leipzig in Beziehung stehenden Sachverständigen gestellt. Zur Begründung seines Antrages führte er aus, daß aus den Polizeiakten, die ihm erst jetzt zugänglich geworden seien, hervorginge, daß seitens der Baupolizei das für die Dachkonstruktion bestimmte Material nicht als genügend erachtet worden sei. Erst nachdem angegeben worden sei, dass eine leichte Holzdecke angebracht und nur vier Kronleuchter von je 60 kg Gewicht aufgehängt werden sollten, habe die Baupolizei von einer Beanstandung abgesehen. Es sei aber die Decke in Rabitzputz ausgeführt und Kronleuchter von 480 kg angebracht worden. Es mache sich daher eine eingehendere Prüfung auch in dieser Richtung erforderlich. Herr Staatsanwalt Dr. Kunz trat dem Antrag entgegen; der Gerichtshof behielt sich die Entschließung vor. Von G. Leipzig, 25. September 1903. Gerichtsverhandlungen. Königliches Landgericht. Palmengarten-Prozeß, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 25. September 1903. Abendausgabe, Beilage, S. 6659.

Aus der Presse – Wiedereröffnung nach der Palmengarten-Katastrophe

Die frühlingsmilden Weihnachtsfeiertage waren in der That verlockend genug, um unsere Bewohnerschaft zu einem Gange nach dem Palmengarten und seinem neueröffneten Gesellschaftshause zu bewegen. Nach einer mehrmonatlichen Pause dem großen Verkehre wieder zurückgegeben und in neuer, glänzender Gestalt entstanden, hatte dieser Hauptraum durch sein verändertes Gewand und seine neue decorative Ausschmückung wohlberechtigten Anlaß zu einem erhöhten Besuche des Etablissements gegeben. Man war dabei allseitig überrascht, eine so wirkungsvolle, malerische Anordnung der Deckendecoration und ihrer Umgebung zu finden. Drei bewährte Kräfte haben in erstaunlich kurzer Zeit die überraschende Metamorphose herbeiführen helfen: nach dem Abbruch des plastischen Plasonds durch Maurermeister Eduard Steyer schuf Zimmermeister Franz Linke die vollständig neue, platte Holzdecke, malte Richard Hesse auf dieser, mit Leinwand überspannten, quadratischen Fläche in großen, kraftvollen Zügen ein höchst vornehm gegebenes Ornamentenwerk, das die vier mächtigen Kronen des Saales an ihren Ausläufern mit einem feinen, goldenen Linienwerk kreisförmig umzieht und daneben auf dunkelblauem Grunde eine Fülle goldener Blüthen in symmetrischer Anordnung mit zarten Goldfäden verbindet, so daß die Gesammtwirkung eine außerordentlich anziehende wird. Den Abschluß der Deckenbemalung bildet ein schweres, aus stilisirten Lorbeergewinden gebildetes, goldenes Ornament, das an nordische Motive gemahnt. Ebenso fein stilisirt erweisen sich die Malereien der in Holz construirten Plasondkehlen. Vor Allem wurde mit dieser neuen malerischen Decoration eine vollständige Uebereinstimmung mit der vorhandenen Ausschmückung des prachtvollen Festsaales erreicht, ja, es dürfte nicht zu viel gesagt sein, wenn betont wird, daß mit den veränderten malerischen Momenten unstreitig eine Steigerung des Effectes erreicht worden ist. Alle coloristischen Reize stimmen hier ungemein lebendig zusammen, und in das Blau und Gold der Decke, in den vornehmen Bronzeton der Galerien trägt durch die großen Scheiben des Palmenhauses das leuchtende Grün einer üppigen Tropenflora ein weiteres, wohlthuendes, farbiges Element. Mächtige Palmen und Baumfarne winken herein: die hoch emporgeschossene Kentia belmoreana mit breitem Schopf, die riesige Musa violacea und die herrliche Lévistonia chinensis – – – Für die Weihnachtsfeiertage war das Winderstein-Orchester für eine Reihe von Concerten gewonnen worden. Die Wahl der einzelnen Programmnummern deutete dabei darauf hin, daß nur Erlesenes in musikalischer Beziehung geboten werden sollte. Dem entsprach auch allenthalben die Ausführung. Nach der wirthschaftlichen Seite hin trat bei der Wiedereröffnung der Räume Herr Albin Oertel, eine allen Leipzigern wohlbekannte und auf gastronomischen Gebiete hervorragende Persönlichkeit, als Leiter der Gastwirthschaft zur Zufriedenheit aller Gäste in Function. – Leipzig, 26. December 1901. Leipziger Palmengarten, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 27. Dezember 1901. Abendausgabe, S. 9232.

Aus der Presse – Palmengarten-Katastrophe im Gesellschaftshaus

Leipzig, 15. October 1901. — Das Gesellschafts-Concert im Palmengarten am heutigen Nachmittage erfuhr eine recht betrübende Unterbrechung dadurch, daß im zweiten Theile, kurz vor dem angekündigten Auftreten einer Sängerin, von der Wand nach dem Palmenhause zu ein etwa 3 Meter langes Stück Stuck des Deckensimses herabfiel, mehrere darunter stehende Tische mit Gypsstücken überschüttete, die auf den Tischen befindlichen Geschirre zum Theil zerschlug und drei Damen, die an diesen Tischen Platz genommen hatten, verletzte. Das Concert wurde abgebrochen. Die Besucher verließen sofort den Saal, da sich ergeben hatte, daß ein zwanzigjähriges Mädchen aus Stettin tödlich verunglückt war, anscheinend infolge des Schreckes, da eine äußere Verletzung an der Todten bei vorläufiger Besichtigung durch eingetroffene Aerzte nicht constatirt werden konnte. Eine der Damen hatte einen Beinbruch erlitten und konnte erst später in ihre Behausung gebracht werden, während zwei anscheinend leichter verletzte Damen sich entfernt hatten. Nachdem der Saal geräumt worden war, konnten die polizeilichen Erörterungen sofort beginnen, und wurde auch die verstorbene junge Dame mittels Siechkorbes fortgebracht. Selbstverständlich können in dem großen Saale des Palmengartens bis auf Weiteres gesellige Veranstaltungen nicht abgehalten werden. [1] Leipzig, 16. October 1901. — Mit inniger Theilnahme hat heute unsere Bewohnerschaft die schmerzliche Kunde von dem bedauernswerthen Schicksal einer jungen Dame vernommen, die gestern Abend das Opfer eines noch unaufgeklärten Unglücksfalles im Leipziger Palmengarten geworden und in Folge des Herabstürzens einer Stuckdekoration in wenig Minuten ihr junges Leben aushauchen mußte, während eine dicht neben ihr sitzende zweite Dame durch die Katastrophe den Bruch des linken Oberschenkels zu beklagen hatte. Das III. Gesellschaftsconcert im Leipziger Palmengarten, das, vom Günther Coblenz-Orchester ausgeführt, gestern Nachmittag 4 Uhr begann, hatte eine außergewöhnlich starke Zuhörerschaft, darunter, wie dies stets der Fall zu sein pflegt, viele Damen, nach den Räumen des großen Gesellschaftshauses gezogen, so daß bei Beginn der musikalischen Aufführung, zu welcher gleichzeitig die Mitwirkung der Sängerin Fräulein Leontine Kiesling vom Leipziger Stadttheater in Aussicht genommen war, alle Säle, sowie die Gallerien dicht besetzt sich erwiesen. Man schätzte die Besucherzahl auf etwa 1200 Personen. Es mochte etwa gegen ¾ 6 Uhr sein, – das Orchester hatte eben Weber’s „Aufforderung zum Tanz“ unter stürmischem Applaus des Auditoriums gespielt und Fräulein Kiesling schickte sich an, die Juwelen-Arie aus „Margarethe“ zu singen –, als in dieser Pause sich plötzlich ein etwa 3 m langes Stück der aus Stuck bestehenden Unterplatte des Deckengesimses vom Plasond löste und in mächtigen Stücken rapid 15 m herab in den Concertsaal sauste, mitten in eine Gruppe von Damen hinein, zwei von ihnen schwer verletzend, sowie Tischplatten und Eßgeräth zerschmetternd. Das geschah in wenig Secunden. Ueber den Umfang der Katastrophe selbst hatten bei dem Eintreten des Unglücksfalles die übrigen Anwesenden keine rechte Vorstellung, erst als nach einem gewaltigen Krach eine dichte Staubwolke an der Unglücksstelle aufwirbelte, als man die schwer Verletzten aus dem Saale trug, erkannte man ihre Größe. Der im Saal anwesende Director des Leipziger Palmengartens, Herr H. Miederer, welcher sofort vom Orchester aus Signal blasen ließ und die bestürzte und aufgeregte Zuschauerschaft zu Ruhe und Besonnenheit ermahnte, leitete unter Assistenz eines Herrn aus dem Publicum rasch die Ueberführung der beiden schwer verletzten Damen nach dem Weinzimmer des Restaurants an, während Herr Direktor Doebner sofort die nöthigen Absperrungsmaßregeln und die Räumung des Saales verfügte. Bewußtlos wurde ein junges blühendes Mädchen von 20 Jahren, Fräulein Frieda Klaus, das einzige Kind des Uhrmachers Klaus in Stettin, das in Leipzig zum Besuche weilte, aus Mund und Nase blutend aus dem Saal nach dem Weinrestaurant getragen. Dort verstarb die junge Dame schon nach wenigen Minuten, so daß der sofort herbeigerufene Arzt Herr Dr. Kloberg nur noch den Tod zu constatiren vermochte. Vermuthlich ist die Beklagenswerthe durch ein herabfallendes schweres Stuckstück im Genick tödtlich verletzt worden. Eine mit ihr gleichfalls an demselben Tische sitzende Dame, Frau Schuldirector Steinkopf aus Leipzig-Gohlis, erlitt oberhalb des Knies einen Bruch des linken Oberschenkels; trotz der großen Schmerzen, die sie auszustehen hatte, war sie doch sehr gefaßt. Sie wurde in Begleitung ihres herbeigerufenen Gatten mittels Krankenwagens nach ihrer Wohnung befördert, während man die Leiche des Fräulein Klaus dem Pathologischen Institut zuführte. Eine dritte Dame kam, zitternd und bebend, mit dem Schreck davon. Kurz nach der Katastrophe entfernte sich das gesammte Concertpublicum, so daß gegen ½ 8 Uhr bereits alle Säle geräumt waren. Bald nach Bekanntwerden der Katastrophe nahmen die Herren Polizeidirector Bretschneider, Baucommissar Haubold und Criminalcommissar Dr. Fincke die Unglücksstelle in Augenschein, wie auch heute Vormittag Herr Oberstaatsanwalt Böhme, sowie weiter die Herren Baurevisor Striegel, Baurath Johlige, Architekt Schmidt, Zimmermeister Lincke in Begleitung der Directoren Miederer und Doebner zur Besichtigung erschienen. Es wurde zunächst eine eingehende Untersuchung der gesammten Stuckarbeit im Concertsaale angeordnet und zu diesem Zwecke ein fahrbares Gerüst vorbereitet. Ueber die Ursache der Katastrophe selbst läßt sich vorläufig gar kein bestimmtes Urtheil abgeben. Soviel steht aber jetzt schon fest, daß das Eindringen von Feuchtigkeit aus dem neben den Concertsaal befindlichen Palmenhause ganz zur Unmöglichkeit gehört, da ein etwa 3 Meter starkes Mauerwerk die Stuckdecoration von der Palmenhauswand trennt. Die Decoration, seiner Zeit von der renommirten Firma Bosmau & Knauer in solider Weise hergestellt, bildete gleichsam den Abschluß der Kassettendecke und lief oberhalb des Tonnengewölbes über den großen südlichen Glasfenstern vor dem Palmenhause; sie trennte sich dicht neben der Cartouche oberhalb des Gewölbes in einer Länge von circa 3 m und fiel dann mit voller Wucht in mächtigen Stücken herab. Morgen wird die Baubehörde eine erneute Untersuchung des bis auf Weiteres geschlossenen Concertsaales vornehmen. — m. [2] Leipzig, 17. Oktober 1901. — Die außer dem getödteten Fräulein Frieda Klaus aus Stettin und der Frau Schuldirektor Steinkopf aus L.-Gohlis bei der Katastrophe im Palmengarten verletzte dritte Dame ist die Tochter des Postrathes Wichura, Fräulein Gertrud Wichura. Sie saß mit ihrer Mutter und drei Brüdern mit unter der Stelle, von welcher sich der Stuck abgelöst hat und wurde von einem größeren Stücke so heftig am Hinterkopfe getroffen, daß sie ihrem neben ihr sitzenden Bruder besinnungslos in die Arme fiel. Den Bemühungen ihrer Angehörigen gelang es zwar, die junge Dame bald wieder zur Besinnung zu bringen, die Verletzung erwies sich jedoch bei … Weiterlesen

Aus der Presse – Marine-Schauspiele gegenüber dem Palmengarten

Das Interesse für unsere Marine, das seit Jahren beständig im Wachsen begriffen ist und in der Gegenwart noch besonders gesteigert wird durch die Vorkommnisse in China, hat ein Unternehmen gezeitigt, das der vollsten Sympathien aller Kreise sicher ist und das namentlich geeignet sein dürfte, im Inlande, fernab von der „Wasserkante“, wo man keine Gelegenheit hat, aus eigener Anschauung sich über unsere Kriegsschiffe zu informiren, die Urtheile über Marineverhältnisse zu klären. Ueber das Unternehmen der „Marine-Schauspiele“ ist schon Verschiedenes berichtet worden. Aus dem Terrain an der Plagwitzer Straße, dem Palmengarten gegenüber, ist ein See entstanden, dessen Ufer nördlich, östlich und südlich durch eine Gebirgslandschaft, mit einem Küstenfort, westlich durch eine etwa 3000 Personen fassende, gedeckte Zuschauer-Tribüne begrenzt worden, vor welchem sich breite Promenadenwege befinden, die mit Lorbeerbäumen, Palmen ec. geschmückt sind. Große elektrische Bogenlampen spenden der Scenerie Licht, während das Wasser durch am Rande desselben befindliche Glühlampen beleuchtet wird. Die Gesammtanlage macht einen sehr schönen Eindruck und bildet in der That einen geeigneten Schauplatz für Marine-Schauspiele. Zweifellos dürften diese eine große Anziehungskraft aus Einheimische und Fremde ausüben. Die bis ins Kleinste ihren großen Namensvettern nachgebildeten Miniatur-Kriegsschiffe sind von solchem Umfange, daß je ein Mann darin Platz findet, der das Fahrzeug steuert, die Signale giebt ec. Die Fahrzeuge befinden sich in dem im Hintergrunde errichteten Hafen, aus dem sie dann nach Beginn der Vorstellung hervorkommen, um auf dem See, der aus dem Pleißenfluthbett entnommenes Wasser enthält, zu manövriren. Eine von der Firma E. Bachmann & Reiter hier gestellte Locomobile mit Pumpe hat den See in gut 40 Stunden vollgeschaffen. Für die jedesmalige Vorstellung sind zwei Programm-Abtheilungen vorgesehen, deren eine die Marine im Frieden, die andere die Marine im Kriege vorführt. In der 1. Abtheilung sollen Bewegung einer Flotte von zwei Geschwadern, ein von diesen ausgeführtes Scheingefecht, Torpedobootsmanöver, Schießen nach der Scheibe, Unterseebootsmanöver, Parade der ganzen Flotte vor S. M. Yacht „Hohenzollern“, gezeigt werden, während an der 2. Abteilung der Krieg vorgeführt werden soll durch die Blockade eines Hafens durch eine Kreuzerflotte, Durchbruchversuch eines Segelschiffes, Angriff eines Geschwaders auf ein Küstenfort, Inbrandsetzen des Forts und Vernichtung der feindlichen Flotte, endlich Parade der ganzen Flotte, Illumination, Feuerwerk u. s. w. Es wird alio den Zuschauern die Aufgabe und Thätigkeit unserer Flotte nach jeder Richtung hin vor Augen geführt. Unter den Kriegsschiffen befinden sich „Kaiser Wilhelm II.“, „Kaiser Friedrich III.“, „Kurfürst Friedrich Wilhelm“, „Brandenburg“, „Wörth“, „Weißenburg“, „Aegir“, „Odin“, „Fürst Bismarck“, „Hansa“, „Hertha“, „Victoria Luise“, „Mars“, verschiedene Torpedoboote, Unterseeboot, feindliches Geschwader ec. Von besonderem Interesse ist das Torpedoschießen. Ganz prächtig gestaltet sich die der kaiserlichen Yacht dargebrachte Ovation. Ueber die Toppen geflaggt erscheinen die schweren Schlachtschiffe und gleich daraus taucht aus dem Dunkel des Geländes die „Hohenzollern“ auf. Salutschüsse begrüßen sie. Die Concertmusik wird von der aus 24 Personen bestehenden Marine-Capelle unter Leitung des Capellmeisters Herrn L. Kindermann ausgeführt. Die Eröffnungs-Vorstellung findet am Sonnabend Abends 8 Uhr und an den darauf folgenden Tagen finden je 2 Vorstellungen um 4 und 8:15 Uhr Nachmittag statt. An den Sonn- und Pfingstfeiertagen finden je 3 Vorstellungen um 3, 6 und 8:30 Uhr statt. Wir verweisen im Uebrigen auf das heutige Inserat. Marine-Schauspiele, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 25. Mai 1901, S. 3815/ 3820

Musikdirektor Gustav Sabac-el-Cher in Leipzig – Dirigent

Vom nächsten Sonntag, den 1. August, ab wird neben den bewährten hiesigen Capellen das Musikcorps des 1. ostpreußischen Grenadier-Regiments „König Friedrich III.“ Nr. 1 aus Königsberg i. Pr. auf dem Ausstellungsplatz concertiren. Der Capelle geht ein ganz vorzüglicher Ruf voraus und soll dieselbe über ein ungewöhnlich reiches Repertoire verfügen. Ein ganz besonderes Interesse dürfte aber der Dirigent des Musikcorps, Herr G. Sabac el Cher, selbst erwecken, weil er der erste und einzige schwarze Capellmeister der deutschen Armee ist. Er ist der Sohn eines *POCs, welchen Prinz Albrecht von Preußen am Hofe des Vicekönigs von Egypten kennen gelernt und als Kammerdiener nach Berlin gebracht hatte. Mit Ausnahme seiner schwarzen Hautfarbe erinnert jedoch nichts mehr an die afrikanische Abstammung des Königsberger Musikdirektors, er gilt vielmehr als ebenso schneidiger Soldat, wie vorzüglicher Musiker, der mit seiner wohlgeschulten Capelle stets Beifall und Anerkennung findet. Es ist deshalb auch anzuerkennen, daß uns der Festausschuß mit diesem vielversprechenden Musikcorps und seinem interessanten Dirigenten bekannt macht. [1] Wie schon angekündigt, beginnt am Sonntag, den 1. August, das Musikcorps des 1. ostpreußischen Grenadier-Regiments „König Friedrich III“ Nr. 1 aus Königsberg unter seinem schwarzen Dirigenten, dem Musikdirector G. Sabac el Cher, seine Concerte auf dem Ausstellungsplatze. Die anerkannt vorzügliche Capelle wird zwei Theile ihres auserwählten Programms im Pavillon beim Café und zwei Theile in dem neben dem Hauptrestaurant befindlichen spielen. Es steht zu erwarten, daß die wohlgeschulte Capelle wie überall so auch hier reichen Beifall und wohlverdiente Anerkennung finden wird. [2] Sabac el Cher. Dies ist der Name des einzigen schwarzen Kapellmeisters, den die deutsche Armee besitzt. Er steht an der Spitze des Musikcorps vom königl. Preußischen Grenadierregiment König Friedrich III. (1. ostpreußisches) Nr. 1, das zu Königsberg i. Pr. garnisonirt. Die Kapelle spielte im Juli d. J. auf der Internationalen Kunstausstellung zu Dresden und fand für ihre vortrefflichen Leistungen stets lebhaften Beifall der Zuhörer. Ihr Kapellmeister, ein sehr hübscher Mann, fesselte natürlich das Interesse des Publikums in besonderem Grade. Sabac el Cher ist von Geburt ein Deutscher. Sein Vater stammte aus Unterägypten und war als Kind am Hofe des Vicekönigs von Aegypten in Kairo zur Erziehung. Dort lernte ihn Prinz Albrecht von Preußen, ein Bruder Kaiser Wilhelm’s I., kennen, der ihn nach Berlin brachte, wo er sich mit einer Berlinerin verheirathete und im Hofhalt des genannten Prinzen das Amt eines Silberverwalters übertragen erhielt. Im Jahre 1867 beschenkte ihn seine Gattin mit einem Sohn, der bis zum 14. Jahre in die Bürgerschule ging und bereits im 8. Lebensjahre die Violine zu spielen begann. Von 1881 bis 1885 besuchte er ein Musikinstitut zu seiner weitern Ausbildung und trat in dem zuletzt genannten Jahr bei der Kapelle des königl. preußischen Füsilierregiments Prinz Heinrich von Preußen (brandenburgisches) Nr. 35 in Brandenburg a. d. H. als Hautboist und Soloposaunist ein. Nach mehrjähriger Thätigkeit als solcher besuchte er von 1893 bis 1895 die königl. Hochschule für Musik in Berlin und nahm Unterricht bei den Professoren Joachim, Bargiel, Härtel, Koßleck, Roßberg u. a. Nach gut bestandenem Examen wurde er im letztgenannten Jahr nach Königsberg berufen zur Uebernahme der Dirigentenstelle im 1. Grenadierregiment. Er bekleidet diesen Posten noch heute, und seine Kapelle findet überall, wo sie concertirt, Anerkennung und Beifall. Dies ist in knappen Umrissen die Lebensgeschichte des einzigen schwarzen Kapellmeisters der deutschen Armee. – Dch. [3] Seit wenigen Tagen läßt sich im Parke der Internationalen Kunstausstellung die Kapelle des Grenadier-Regiments „König Friedrich III.“ (1. Ostpreußisches) Nr. 1 aus Königsberg hören und findet allabendlich trotz des für Gartenconcerte leider recht wenig günstigen Wetters Zuspruch und für ihre Vorträge stets reichlichen Beifall. Das Interessanteste an der Kapelle ist für das Publikum jedenfalls der Dirigent Sabac-el-Cher, der einzige schwarze Kapellmeister des deutschen Heeres. Ueber ihn und seine Carriere in Deutschland ist Folgendes bekannt: Sabac-el-Cher wurde 1867 als der Sohn eines gleichnamigen Silberverwalters, welcher lange Jahre im Dienste des verstorbenen Prinzen Albrecht von Preußen stand, geboren. Bis zum 14. Jahre besuchte der Knabe eine höhere Bürgerschule und fing bereits im 8. Jahre an Violine zu spielen. Vom 14. bis 18. Jahre besuchte er ein Musikinstitut und trat 1885 bei der Kapelle des Füsilier-Regiments Nr. 35 als Hautboist ein. Dann besuchte er 1893-1895 die königliche Hochschule für Musik in Berlin und wurde 1895 zur Uebernahme der Dirigentenstelle im 1. Grenadier-Regiment nach Königsberg berufen. Sein Vater stammte aus Unter-Egypten und war als Kind am Hofe des Vice-königs von Egypten in Kairo. Dort lernte ihn Prinz Albrecht von Preußen kennen und brachte ihn nach Berlin, woselbst Sabac-el-Cher eine Berlinerin heirathete. Daß er als Musiker etwas Tüchtiges gelernt hat, beweisen die Leistungen seiner Kapelle, die mit Geschmack und einer für einen Militärkapellmeister beinahe erstaunlichen Ruhe leitet. Das Zusammenspiel ist dabei exakt und von jener straffen Rhythmik, die so charakteristisch für die deutsche Militärmusik ist; Holz und Blech sind gleich gut besetzt, und auch an tüchtigen Solisten scheint es dem Orchester nicht zu fehlen. Die dynamischen Schattirungen werden tadellos herausgeholt, was vorgestern namentlich das Vorspiel zum dritten Akte aus „A basso porto“ von Spinelli bewies, während der Vortrag des Strauß‘ schen Walzers „Wo die Citronen blühen“ durch zarte Uebergänge und seine Pianos überraschte. Die Programme sind ein augenscheinlich in Rücksicht auf ein nicht allzu musikalisch anspruchsvolles Publikum zusammengestellt, da sie meist populäre Musikstücke enthalten; das Fehlen Wagner‘s in der Reihe der Komponistennamen überrascht aber doch etwas, da man heutzutage auf dem Programm jedes Militärconcerts dem Meister von Bayreuth zu begegnen gewohnt ist. Hoffentlich bessert sich bald das Wetter, damit die trefflichen Leistungen Sabac-el-Cher‘s von einem recht zahlreichen Publikum in den nächsten Tagen gewürdigt werden können. [4] There are bandmasters and bandmasters, pretty well the world over. About the most famous of them is Lieutenant „Dan“ Godfrey, supreme over the band of the Grenadier guards. Himself the son and grandson of bandmasters, he has passed the talent on. His three sons are likewise bandmaster. The original Godfrey, Charles by name, led the band of the Coldstream guards in the days before Waterloo, and wielded the baton a matter of forty years. His son and successor, Frederick, conducted for something like twenty years. The third … Weiterlesen

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