Aus der Presse – Über den Kunstbau im Krystallpalastgarten

Die Stimmung, in welcher der Wanderer, der Reisende eine Stadt betritt, oder in welcher sie daheim wieder in seiner Erinnerung erscheint, sie hängt, das weiß ja jeder, zum guten Theile von dem Bilde ab, mit welchem das vor den Blicken austauchende Häusermeer sich auf dem landschaftlichen Hintergrunde oder auf dem hellen Himmel in seinen Umrissen abzeichnet. Diese sogenannte „Silhouette“ verräth ja auch zum guten Theile dein Nahenden den Charakter der Stadt. Durch die Gestaltung dieser Silhouette, durch die rhythmisch abgewogene Unterbrechung der, der Natur der Sache nach fast gleichhohen, horizontalen Häuserdachreihen von Thurm- und Kuppelanlagen ist ja auch die Schönheit aller vielgerühmten Städteansichten bedingt. Manchem Leser schwebt wohl die herrliche, thurmreiche Flußansicht Kölns und dagegen die ziemlich öde, thurmarme Flußansicht Frankfurts a. M. vor dem inneren Auge. Leipzigs Silhouette hatte in der letzten Zeit für den außerhalb stehenden Beschauer nach den verschiedensten Richtungen hin eine bedeutende Verschönerung erfahren durch die Anlage des stattlichen Thurmes der Reudnitzer Kirche, durch den ebenso gewaltigen wie schönen Petrikirchthurmbau und den schmucken, schlanken Lutherkirchthurm. Jetzt beginnt sich dieselbe geradezu malerisch zu gestalten durch das jüngst erfolgte Hinzutreten des in dem bis dahin noch etwas eintönig umrissenen Nordosten der Stadt aus dem Boden des Krystallpalastgartens sich erhebenden mächtigen Kuppelbaues der Albert-Halle. Dieses herrliche Bauwerk, im Stile der ganz eigenartigen Renaissance unserer Tage gehalten, wie sie sich unter dem Einflusse der heutigen Bedürfnisse und Verkehrsverhältnisse und aus der Natur unserer hochentwickelten Bautechnik, vornehmlich der Eisenconstruction herausgebildet hat, beherrscht aber auch den Ausblick von gar manchem Puncte innerhalb der Stadt aus, besonders auf dem Theile der Promenade in der Nähe der Bahnhöfe. In überwältigender Fülle jedoch entfaltet es seine Schönheit und Macht vor den Augen desjenigen, welcher aus dem alten Bau des Schützenhauses in den Krystallpalastgarten tritt. Hier bildet es in: Anschlusse an die in den Garten zur Rechten und Linken umfassenden Colonnaden den hochmonumentalen hinteren Abschluß. Vor die Mitte des in künstlerisch edlen Formen und kühn auf zwölfeckigem Grundrisse emporstrebenden Rundbaues lagert sich breit ein mächtiges von doppelten Säulenstellungen flankirtes Portal, bekrönt von einer Kolossal-Quadriga, einer ein schnaubendes Rosse-Viergespann lenkenden, mit Lorbeer und Palme als Siegerpreis winkenden, idealen Frauengestalt. Diese effectvolle plastische Portalbekrönung ist zugleich der symbolische Hinweis auf eine der hauptsächlichsten Bestimmungen des Bauwerkes, nämlich auf die der Vorführung hyppologischer Kunstleistungen, freilich nicht die einzige. Denn es war für die Gestaltung der Albert-Halle die Idee des Besitzers maßgebend, einen möglichst großen Raum zu schaffen, zunächst allerdings für Aufführungen der Kunstreiterei, zugleich jedoch auch für großartige musikalische und rhethorische Vorführungen. Ueberdies sollte aber der Raum auch in den Zwischenzeiten zwischen diesen Benutzungen auf alle Fälle einen zugkräftigen Vereinigungspunct und Erholungsort nicht nur für die hiesige Bevölkerung bilden, sondern auch für die verwöhntesten Fremden. So entstand ein Project, wie es wohl hier überhaupt zum ersten mal ausgeführt ist, nämlich das, über einem weiträumigen Circus noch einen nahe ebenso großen Raum in Form eines Obergeschosses zur Aufnahme von Panoramen oder Dioramen im größten Maßstabe anzulegen. Im vorliegenden Falle entschloß man sich von dem altgewohnten vollständigen Randbilde oder Panorama abzugehen und dafür eine Reihe einzelner, und zwar hier sieben, sogenannter Dioramenbilder zu schaffen.Der Kolossalbau wurde von dem schon durch manche schöne, gediegene Schöpfung bekannten Leipziger Architekten Arwed Roßbach in wirklich genialer, den feinfühligen Künstler in jedem Zuge offenbarender Weise geschaffen und von ihm nach seinem Plane in dem geradezu unbegreiflich kurzen Zeitraume von nur neun Monaten verwirklicht. Diese letztere Leistung war natürlich nur möglich durch die wirklich fabelhafte, bis an die Grenze des Möglichen gehende Leistungsfähigkeit und Tüchtigkeit unserer Leipziger Gewerken, wo es gilt, durch energisches Zusammenwirken etwas wahrhaft Großes zu rechter Zeit fertig zu stellen. Die erwähnte Gliederung des Baues in einen untern Raum für Aufführungen und den oberen Dioramenraum prägt sich natürlich auch in der äußeren Gestaltung aus, die nun zunächst weiter in das Auge gefaßt werden soll. Im Erdgeschoß lehnen sich an die beiden Seiten des gedachten Portalbaues Säulenhallen an, welche im Parterre als bedeckte Zugänge zum Circusbau dienen, während sie oben aus ihrer flachen Verdachung weite, mit Lorbeerbäumen und anderem Grün geschmückte, terrassenartige Plätze bilden, die sich wieder an die Obergeschoßräume des alten Schützenhausbaues anschließen. Zugleich bieten diese Terrassen geräumige Rettungsplätze für den möglichen Fall einer schnell entretenden Panik. Der auf dem Circusraum als Obergeschoß sich erhebende Dioramenbau erscheint an seinen zwölf äußeren Mauerflächen durch Wandmalereischmuck wie von Teppichen überspannt, wodurch, da eine Gliederung dieser großen Flächen durch Fensteröffnungen der dahinter liegenden Dioramenbilder wegen nicht möglich war, einmal die Leere und Eintönigkeit vollständig vermieden wird. Vor allem wird aber auch andererseits dem gewaltigen Bau dadurch der Charakter des Leichten, ja Luftigen gegeben, ohne daß der Eindruck der Festigkeit irgendwie zu Schaden käme, denn dieser findet ganz wie in der Gothik seinen völlig beruhigenden Ausdruck in den Eisenpfeilern der zwölf Ecken, welche mit ihren dort vor die Umfassungswände tretenden, und in ganz organischer Weise wie von selbst sich auch zugleich schön ornamental gestaltenden und Strebesysteme bildenden Versteifungen dem Bauwerk Stand und Halt geben und Last wie Seitenschub der mächtigen Kuppel aufnehmen. Auf dem die Umfassungsmauer in weiter kräftiger Ausladung und schöner Profilirung wirkungsvoll abschließenden Hauptsims erhebt sich über den zwölf Ecken ein Kranz von schlanken Fahnenstangen und läßt das unten standfest Gegründete zu oberst in zwölf luftig flatternden Wimpeln harmonisch ausklingen. Die der Dioramenbilder wegen von einem breiten ringförmigen Oberlicht durchbrochene Kuppel findet ihren Abschluß in einer geschmackvoll silhouettirten tempelartigen Laterne, die ihrerseits als Bekrönung das auf so hochragendem Standpuncte fernhin sichtbare, alte bekannte Wahrzeichen des Schützenhausgartens trägt, einen die Weltkugel auf seinem Nacken tragenden Atlanten. Diese Laterne ist verglast und aus ihrem Inneren heraus senden des Abends Hunderte von elektrischen Glühlichtern ihre blitzenden Strahlen weithin über die Stadt und in die weite Ferne, um als Leitstern zu dienen für alle die, welche hier, seien sie fremd, seien sie einheimisch, nach ernster Tagesarbeit eine Stunde froher Erholung suchen. Der eigentliche Circusraum, oder besser gesagt die „Alberthalle“, hat einen inneren Durchmesser von 43 Meter und faßt 3000 streng amphithetralisch angeordnete bequeme Sitzplätze. In reichster Weise ist für Zu- und Ausgänge gesorgt, so daß jeder derselben nie mehr … Weiterlesen

Aus der Presse – Die Dioramen der neuen Albert-Halle

Wohl noch in keiner anderen Stadt findet man die hier in unserer neuen Alberthalle durchgeführte praktische, architektonisch ebenso kühn wie geschmackvoll gelöste Anordnung, daß sich oberhalb eines mächtigen Circusraumes noch ein weiterer, kaum minder imposanter Rundbau erhebt, bestimmt zur Aufnahme von panoramatischen oder dioramatischen Bildern. Man hat hier an Stelle eines einzigen großen Rundbildes, eines Panoramas, die Ausstellung einer Reihe von sieben einzelnen Theilpanoramen, sogenannten „Dioramen“ gewählt, welche in bunter Folge theils geschichtlich denkwürdige Ereignisse schildern, theils Sittenbildliches aus alter und neuer Zeit oder Ausblicke auf herrliche Gegenden unseres Erdballes vorführen. Man hat diese Form gewählt, weil man, und wohl nicht mit Unrecht, glaubte, dem Besucher auf diese Art das möglichst größte Maß von Unterhaltung und zugleich Belehrung im künstlerisch schöner Weise bieten zu können. In der rechtsseitig an die Alberthalle sich anschließenden Colonnade öffnet sich in gerader Flucht eine breite steinerne, zum Dioramaraume hinaufführende Riesentreppe, wohl mit größerem Rechte so zu nennen als die „Scala dei Giganti“ im Dogenpalaste zu Venedig, nämlich nicht blos wie jene wegen der beiden aus ihren Wangen oben aufgestellten Colossalfiguren des Mars und Neptun, sondern wirklich wegen ihrer achtunggebietenden Größe. Wem übrigens das Besteigen von solchen „Riesentreppen“ nicht behagt, nun der kann sich eines sicher arbeitenden, amtlich geprüften, mit Wasserdruck sich erhebenden Fahrstuhles bedienen, um in die oberen Regionen zu gelangen. Dort betritt man einen reich geschmückten Vorraum, einen Foyer, der aber nur mäßig erhellt ist, damit das Auge durch ein gewisses Maß von Dunkelheit geeigneter und empfänglicher gemacht wird für die Betrachtung der am Tage durch geeignetes Oberlicht, des Abends durch elektrische Glühlichtmassen erleuchteten Dioramen. Wendet man sich nun beim Eintritte nach rechts herum wandelnd zur Betrachtung der Bilder, so steht man zunächst, wie von einem Zauber geblendet, vor einem wundervollen Ausblick auf ein Stück, der den Busen von Genua umsäumenden sogenannten Riviera. Von der Terrassenbrüstung einer Villa blickt man über den Strandabhang hinab, welcher mit einer reichen, fast tropischen Vegetation von Aloes, Opuntien und ihre Wipfel im rothen Abendsonnengolde badenden Cypressen und Pinien bedeckt ist, auf den blauen Golf, in dessen Spiegel sich die violetten Reflexlichter des den Hintergrund abschließenden, in Duft gehüllten Höhenzuges des Caps St. Martin baden. Vorn erhebt sich aus der Fluth die steile, nur durch einen schmalen Rücken mit dem Festlande zusammenhängende Felsenhalbinsel mit dem festen Städtchen „Monaco“. Sonnenlicht umstrahlt das ruhige und lachende Bild, und man denkt bei diesem Anblick kaum daran, daß dieser reizende Ort das ganze Mittelalter hindurch ein furchtbares Seeräubernest war, daß hier unter den rauhen, wilden Bewohnern sich Greuel um Greuel abspielten, von denen es noch nicht der schlimmste war, daß die schlimmen Monagasken 1604 ihren nicht minder schlimmen Fürsten Honoré I. von ihren Felszinnen in die Fluthen stürzten. Ohne nennenswerthen Besitz von ertragsfähigem Lande wollen die Leute doch essen, und an Stelle der früheren Seeräuberei leben sie heute von den Abfällen einer anderen Raubanstalt, der Spielhölle, welche jetzt auf der im Bilde etwas weiter hinten sichtbaren, vorspringenden Landzunge des „Monte Carlo“ liegt, wo „die Roulette mit einem Zero“ spielt. Weißschimmernd sieht man dort in der Ferne den Casinopalast mit der Mannigfaltigkeit seiner Treppen, Terrassen, Aussichtspuncte und Ruheplätze in üppigen Gartenanlagen daliegen. „Doch still von ihnen – schau, und geh‘ vorüber“, möchte man hier mit Dante ausrufen. Noch ganz gesättigt von den Reizen des wunderbaren, von Edmund Berninger gemalten Bildes fällt der Blick des Weiterwandelnden auf ein von frischer Brise umwehtes Stück deutscher Ostseeküste, ein Motiv aus der „Danziger Bucht“, belebt durch ein deutsches Flottenmanöver. Ueber den Dünensand des Vordergrundes geht der Blick links längs des Strandes über das Dorf Gdingen und die Gegend von Oxhöft bis in den Winkel des Putziger Wiek hinein, hinten abgeschlossen durch die langgestreckte Landzunge von Hela dem weißen Leuchtthurm an ihrer Spitze. Wundervoll leuchtet der stahlblaue Meeresspiegel mit seinen weißen Wogenkämmen und Brandungslinien. Derselbe ist belebt durch vier schwere Ausfallscorvetten, dann weiter vor durch Glattdeck- und gedeckte Corvetten, von denen aus mit Hilfe schwerer Kanonenboote deutsche Seetruppen ihre Landung bewerkstelligt haben. Unter der Deckung ihrer Landungsgeschütze dringen sie unaufhaltsam vor und treiben das sich dieser Landung entgegenwerfende Husarenregiment in die Flucht. Mit Lebenswahrheit ist das buntbewegte Spiel dieses kühnen Vordringens der Fußtruppen und des schon in aufgelöste Flucht übergehenden Zurückweichens der Reiterei geschildert. Das Bild ist, wie das bei diesen Kolossalgemälden meist der Fall ist, das Ergebniß der gemeinsamen Arbeit mehrerer Künstler. Die Marine hat Hans Petersen, die Landschaft Leopold von Schönchen und den figürlichen Theil Prof. Ludwig Braun gemalt. Meisterlich ist die Verschmelzung zu schöner Gesammtwirkung gelungen. Das dritte Dioramenbild stellt eine orientalische „Haremsscene“ dar. Der in der Behandlung von Orientmotiven wie kaum ein zweiter heimische Künstler, Prof. Franz Simm in München, hat es vermieden, seine Sittenschilderung an einen bestimmten Ort zu verlegen. Bei der großen Unwandelbarkeit in den Kunstformen wie in den Sitten dieser Völkerfamilie kann man sich ebensogut in eines der Schlösser des Harun al Raschid zu Bagdad oder in die Kalisenburg der Alhambra wie in den Serail des Sultans am goldenen Horn zu Stambul oder des Beis von Tunis versetzt fühlen. Märchenhaft schaut uns die maurische Marmorarchitektur entgegen mit ihren von Hufeisenbogen überspannten Säulenstellungen ihrer Terrassen und ihren breiten Freitreppen, auf denen sich Scharen von Haremsbewohnerinnen, helle gluthäugige Circassierinnen und dunkle Eclavinnen in ihrer malerischen, die blendenden Reize oft nur halb verhüllenden Tracht in bunten Gruppen träumend oder plaudernd ergehen ober auch auf reiche Teppiche und Felle hingestreckt schwatzen, ruhen und genießen. Die Farbenpracht des maurischen Architektur-Ornamentes, der zum Schutz vor der südlichen Sonnengluth ausgespannten, kunstvoll gewebten mächtigen Teppiche, des zierlichen Geräthes ist in wirklich unvergleichlicher Weise zur Darstellung gekommen. Der Durchblick durch die hochstrebende luftige Säulenhalle in den dahinterliegenden, von ernsten Gebäuden umrahmten Palasthof zeigt eine, man kann sagen, greifbare perspektivische Vertiefung. Die so wunderbar gelungene Ausführung des Stilllebenswerkes, der herrlichen Teppiche, Geräthe ec., rührt übrigens von der kunstgeübten Hand der Gattin des Malers her. Mit diesem reizvollen Orientbilde F. Simm’s möge die Wanderung durch das Diorama für heute abgebrochen sein, um morgen weiter fortgesetzt zu werden. [1] Wenn das zuletzt besprochene Franz Simm‘sche Bild den Beschauer einen Blick in das … Weiterlesen

Aus der Presse – Die Gewerke beim Bau der Albert-Halle

Oberhalb des Dioramas befindet sich noch ein etwa 500 Quadratmeter einnehmender freier Raum, der zu Ausstellungszwecken sehr geeignet erscheint. Der Zugang zum Aussichtsthurm – es sind noch 19 Meter bis da hinauf – ist zur Zeit noch nicht angelegt. In unmittelbarer Verbindung mit dem Circus steht das Künstlerhaus mit dem Eingang von der Gartenstraße; von der Anlage eines Hotels wurde aus verschiedenen Gründen abgesehen. Als Hauptzugang für das artistische Personal und für die Einführung des zum Circusbetrieb benötigten Materials wird die von der Georgenstraße hereinführende Passage benutzt werden. Zum Betrieb der elektrischen Beleuchtung und zur Speisung der sich über alle Räume verbreitenden Dampfheizung ist eine Dampfmaschine von 180 Pferdekräften mit zwei riesigen Kesseln aufgestellt worden. Drei Dynamomaschinen erzeugen die zur Beleuchtung nöthig werdenden elektrischen Ströme. Die Verwendung der Albert-Halle wird eine ihren Einrichtungen angemessene vielseitige sein. Zunächst dient sie als Circus; für die Dauer der gegenwärtigen Messe ist Altmeister Renz mit dem ganzen Apparat seiner künstlerischen und hippologischen Kräfte hier eingetroffen, um am ersten Osterfeiertage seine Vorstellungen zu beginnen. Mit großer Spannung sieht Leipzigs Bewohnerschaft seinem Auftreten entgegen. Sind doch viele Jahre verflossen, seitdem er zuletzt hier seine Leistungen vorführte. Diesmal kommt Renz wieder mit vollen Händen, mit vielen Neuheiten, mit 140 Pferden und mit einem wohl 40 graziöse Tänzerinnen umfassenden Ballet von besonderem Ruf. Die Anordnungen für die Verwendung der Albert-Halle sind so getroffen, daß, sobald der Circus aufgehört hat, Circus zu sein, ein vollständig neues Haus in idealem Sinne an dessen Stelle tritt, ein Concerthaus, noch mehr Menschen fassend, als ersterer, also etwa 4500, da der Mittelraum zu ebener Erde dann mit für das Publicum benutzt werden kann. Hier sollen nur Concerte in edlem Stile abgehalten, ähnlich wie solche Mansfeld und Bilse zu veranstalten pflegen. Für diese, wie für Sängerfeste, steht eine große auf Rollen direct in den Raum vor dem Orchester zu bewegende Orgel in Bereitschaft. Für Sportfeste, für Radfahrer-Rennen, für Schauturnen hat die große Arena hinreichend Platz, gewährt der Zuschauerraum den denkbar günstigsten Versammlungsplatz aller für solche Veranstaltungen empfänglichen und interessirten Kreise. Soll ein großes Ballfest abgehalten werden – vielleicht im Stil der Bälle des Albertvereins – so erhält die Arena in kürzester Zeit den bereits fertig gestellten Parquetboden, eine große Freitreppe wird aufgeschlagen und inmitten der herrlichen Räume kann sich ein Leben entfalten, wie es Leipzig wohl noch nie gesehen hat. Für große Ausstellungen sind nun zahlreiche und große Räume verfügbar. Kurz, der monumentale, dem Vergnügen der Leipziger Bewohnerschaft gewidmete Bau trägt allen Anforderungen eines Riesenverkehrs Rechnung und es wird jedenfalls auch öfters sich ereignen, daß daselbst jene großen Congresse abgehalten werden, die in Deutschland so oft die Vertreter bestimmter Fach- oder Wissenschaftsgruppen einmal zusammenführen. Dankbar mag an dieser Stelle noch des Schöpfers der Pläne zu diesem Riesenwerk, unseres auf dem Gebiete der Hervorbringung neuer großer Bauwerke bewährten Mitbürgers Herrn Architekt Arwed Roßbach, gedacht sein. Er hat in die von dem Unternehmer des Baues, Herrn Eduard Berthold, der mit kühnem Geiste und energievollem Handeln, unbeirrt um die Meinungen der Zweifler und Tadler, das Rechte erkannte und demnach Bedeutendes und Großartiges zum Ausgangspunct seiner Ziele machte, aufgestellten Generaldispositionen sich ganz und voll versenkt und das Unternehmen mit allen Mitteln seiner architektonischen Kunst und unter Heranziehung aller technischen Errungenschaften der Neuzeit so ausgeführt, daß der vollendete Bau als eine hohe Zierde unserer Stadt seine Meisterschaft aufs Neue zu rühmen berufen ist. Wir haben bereits Gelegenheit genommen, den Leistungen derjenigen Industriellen und Gewerbetreibenden, welche bei den so vielseitigen Neuherstellungen im Krystallpalast betheiligt waren, die gebührende Anerkennung zu zollen. Nur durch das einmüthige Zusammenwirken aller dieser Kräfte ist es möglich geworden, in der kurzen Spanne Zeit von 10 Monaten den Riesenbau zu vollenden. Zumeist sind es, was wir besonders hervorheben wollen, Leipziger Fabrikanten und Gewerbetreibende gewesen, denen die Arbeiten übertragen waren und die damit bekundet haben, auf welcher hohen Stufe der Leistungsfähigkeit unser heimisches Gewerbe steht. Wir geben nachstehend eine genaue Uebersicht aller bei den Neubauten im Krystallpalast betheiligten Techniker, Industriellen und Gewerbetreibenden: Die Krystallpalast in seiner neuen Gestalt. II., in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Samstagausgabe vom 9. April 1887, S. 1991.

Aus der Presse – Umgestaltung des Krystallpalastes wegen Alberthalle

Wir haben schon mehrfach unsere Leser im Allgemeinen mit der großartigen Umgestaltung bekannt gemacht, welche seit etwa Jahresfrist in unserem alten Schützenhaus oder, wie es jetzt heißt, in unserem Krystallpalast vor sich gegangen ist. Aus der Darstellung, die wir insonderheit in Nummer 86 unseres Blattes gaben, wird man bereits ein Bild von Demjenigen empfangen haben, was der Krystallpalast in Zukunft seinen Besuchern darzubieten im Stande ist und welche hervorragende Stellung derselbe nicht nur unter den Vergnügungs-Etablissements unserer Stadt, sondern unter denjenigen des gesammten Continents einnehmen wird. Wir bemerkten damals, daß wir auf diese glänzende Neuschöpfung und ihre Einzelheiten zurückkommen würden, wenn dieselbe in dem Stadium ihrer Vollendung angelangt sein werde. Nun, dieser Zeitpunct ist jetzt herbeigekommen, mit dem Osterfest ist die Stunde erschienen, in welcher der Circus-Neubau des Krystallpalastes und Alles, was damit im Zusammenhang steht, in festlicher Weise eröffnet und seiner Benutzung übergeben werden wird. Es ist daher unsere Aufgabe, die früheren allgemeineren Mittheilungen durch eine in das Einzelne eingehende Schilderung des Neugeschaffenen zu ergänzen. Der Besucher unserer Stadt wird sich, wenn er, von der Goethestraße kommend, die Promenade überschreitet und sich nach dem Dresdner Bahnhof wendet, von einem überraschend eigenartigen Bilde gefesselt sehen, das am nordöstlichen Horizonte dem Blick sich bietet. Ein mächtiger Kuppelbau steigt in gewaltigen Dimensionen empor, hohe, große Fahnenstangen bezeichnen die vorspringenden Ecken und ein schlanker Thurmbau, bekrönt von einem gigantischen kugeltragenden Atlas, setzt sich auf die in ihren Formen riesige Rotunde. Dieser Bau, welcher hier seine scharfe Silhouette an den Himmel zeichnet, ist der neue Circus oder die Alberthalle. Vor Allem erscheint es rühmens- und bewunderungswerth, daß diese mit dem Aufgebote großer Arbeitskräfte begonnene und vollendete Schöpfung, welche sich in Plan und Gedanken weit über ähnliche Bauwerke der Gegenwart erhebt, in so kurzer Zeit hat durchgeführt werden können, denn zwischen Idee und Verwirklichung, zwischen Spatenstich und Vollendung des Baues liegt nicht ein Jahr. Welche riesengroße Aufgaben galt es innerhalb dieser Zeit zu bewältigen, welche Summe von Arbeit gehörte dazu, um das Unternehmen sowohl im Großen und Ganzen in Angriff zu nehmen, als es auch praktisch im Einzelnen zu verwirklichen und den großen Aufgaben gemäß zu gestalten, welche für das Werk von vornherein gestellt waren. Unumwunden und mit dem Ausdruck vollster Anerkennung des Geleisteten muß in erster Linie den Verdiensten des Herrn Eduard Berthold Dank gezollt werden; der scharfe und praktische, auf das Werdende und weniger auf das Bestehende in unserer Stadt gerichtete Blick dieses Mannes ließ jetzt schon eine Metamorphose des Krystallpalastes entstehen, die früher oder später sich dringend erforderlich gemacht haben würde und die unserm immer mehr zur wirklichen Großstadt sich entwickelnden Leipzig mit seinen Monumentalbauten entschieden zur Zierde gereicht. Als das Project des Krystallpalastes ins Leben trat, als das ehemalige Schützenhaus sich zu einer, alle früheren localen Eigenschaften des Hauses beseitigende Umwandlung erhob, da staunte schon Leipzig ob der Kühnheit dieses Plans und des Umfanges der neuen Räume, die, wie Pessimisten, an denen bekanntlich in Leipzig kein Mangel ist, meinten, über das Maß der erreichbaren Frequenz zugeschnitten worden seien. Einige wenige Jahre haben genügt, darzuthun, daß jener Plan, welcher die Zukunft discontirt, sich in richtiger Würdigung der Verhältnisse dem steigenden Wachsthum unserer Stadt anschmiegt, daß der Gesellschaftsverkehr in jenen Räumen sich zu einer Ausdehnung erhob, die heute schon von Jedermann als selbstverständlich erachtet wird. Die jüngste Erste internationale Ausstellung für Volks-Ernährung und Kochkunst konnte zugleich die erfreuliche Thatsache bekräftigen, daß Ausstellungen umfassendster Art und mit den vielseitigsten Anforderungen verbunden mit einem Schlage in Leipzig unter Dach und Fach gebracht werden können, ohne daß sich die Herstellung kostspieliger Bauten nöthig erweist. Das Wort über dem Giebelfeld des ehemaligen Schützenhauses: „Laboris industriis civibus requies“, einst bescheiden ausgesprochen in Hinblick auf die Verhältnisse des Hauses, es wird zur verlockenden Einladung für Leipzigs ganze Bürgerschaft. Das Citat aus Schiller: „Raum für Alle hat die Erde“, krystallisirt sich, angepaßt auf communale Verhältnisse, in unserem Krystallpalast, als dessen gegenwärtiger Mittelpunct die 30 Meter hohe Alberthalle, ein Bau von großartiger Wirkung, zu bezeichnen ist. Der Besucher des Etablissements hat, wenn er von der Wintergartenstraße kommt, die Wahl zwischen drei Eingängen. Sie alle bezwecken vermittelst der geschaffenen, in directer Verbindung mit der Alberthalle und dem Diorama stehenden Colonnaden die Erzielung eines glatten und sich rasch entwickelnden Verkehrs. Jene mit Oberlicht versehenen Colonnaden, die rechts und links vom alten Hause liegen und von denen die linke eine Reihe von Verkaufsgewölben aufnimmt, schließen in ihren Baulichkeiten nicht weniger als sechs Kegelbahnen ein. Von diesen liegen vier nach Osten (die Asphaltbahnen: Germania- und Lipsiabahn und eine Doppelbahn, sowie die Tennenbahn Saxonia), während auf der westlichen Seite im linken Durchgang sich die Moltkebahn und die spitzwinkelig zulaufende Bismarckbahn befinden. In dieser Abtheilung des Einganges sind auch die großen Kellereien eingerichtet worden, deren das Etablissement für seinen so ausgedehnten Wirthschafts-Betriebe bedarf. Nach beiden Durchgängen hin ist zugleich vom Corridor des Hauses aus ein bequemer Eintritt geschaffen worden, so daß die Bewegung des Einzelnen, selbst bei Andrang großer Massen, nirgends gehemmt sein wird, ein Princip, das überall auf das Sorgfältigste zu Gunsten des Verkehrs, der sich in den Gesammträumen entwickeln soll, seine Durchführung gefunden hat. Die an den Parterresaal grenzende, bedeutend erweiterte Mittelcolonnade erhält unter der Estrade zwei große Buffets; vermöge ihrer praktischen Anlage versorgen die letzteren sowohl den Parterresaal als auch die Colonnade und den Garten. Hier wird das Bier der Leipziger Bierbrauerei von Riebeck & Co., das Franziskanerbräu von Jos. Sedlmayr in München direct vom Faß verzapft und auch Freiherrl. von Tucher‘sches Bier gereicht. Von diesem Ausganqspunct des Krystallpalastes genügen wenige Schritte für den Besucher, um sofort in den Garten zu gelangen, der in einem noch ganz bedeutenden Umfange erhalten geblieben ist und mit dem Eintritt günstiger Jahreszeit ein prächtiges Gewand annehmen wird. In monumentaler Schöne erhebt sich am nördlichen Ende des Gartens die Albert-Halle in ihrer kräftig gegliederten, architektonischen Form; es ist nicht ein Bau, teleskopartig in die Höhe geschoben, in kahler Einfachheit als gigantische Masse – sondern ein Kunstwerk im edlem Stil, äußerlich plastisch und malerisch wirksam ausgestattet. Auf dem massiven Fundament dieses Steinkolosses wölbt sich die ganz in Eisenconstruction gehaltene … Weiterlesen

Aus der Presse – Die neue Alberthalle des Krystallpalastes

Wir haben von Zeit zu Zeit unseren Lesern Kenntnis gegeben von den großartigen Umgestaltungen, an denen in unserem größten und vornehmsten Vergnügungs-Etablissement, im Krystallpalast, seit länger als Jahresfrist gearbeitet wird. Waren wir schon früher auf Grund der genialen Entwürfe zu den Neubauten im Stande zu behaupten, daß mit deren Verwirklichung Leipzig eine Sehenswürdigkeit allerersten Ranges, wie sie in Deutschland kaum zum zweiten Male gegenwärtig vorhanden sein dürfte, erhalten würde, so können wir heute, wo das neue Unternehmen greifbare Gestalt angenommen hat und sich in seinem außerordentlichen räumlichen Umfange, in seinem äußeren und inneren Glanze fast vollendet dem Auge darstellt, der Freude darüber Ausdruck geben, daß in unserer Stadt etwas geschaffen worden ist, um das uns viele andere Großstädte beneiden dürften. Der neue Circusbau im Krystallpalast, an dessen mächtigem Portal mit goldenen Buchstaben der Name „Albert-Halle“ prangt, ist nun soweit fertig, daß seine festliche Eröffnung bestimmt für den 1. Osterfeiertag, den 10. April, in Aussicht genommen ist. Zur Stunde wird allerdings von einem halben Tausend Menschen, welche den verschiedensten gewerblichen Berufen angehören, noch fieberhaft an der Vollendung des großen Neubaues gearbeitet, und das Ganze glich heute, als wir ihm einen Besuch abstatteten, der Thätigkeit eines Ameisenbausens, indessen der energische Wille, welcher zu dieser Schöpfung den Impuls gegeben hat, und die Tüchtigkeit der ausführenden Kräfte bürgen dafür, daß der Eröffnungstermin pünctlich eingehalten werden wird. Es ist nicht unsere Absicht, heute schon eingehende Schilderung des Neugeschaffenen zu geben, dazu wird in den Tagen vor der Eröffnung die rechte Zeit sein. Wir beschränken uns daher lediglich auf einige allgemeinere Mittheilungen, welche soweit das nöthig ist, den Gesammtcharakter des neuen Baues erkennen lassen. Der Circus oder die „Albert-Halle“ besteht aus zwei Haupttheilen, aus dem gewaltigen Circus- und Concertraum und aus dem im Kuppelbau darüber befindlichen Ausstellungsraum, der von Meisterhand hergestellten, bereits mehrfach erwähnten Dioramabilder. Macht die Albert-Halle schon durch ihre äußeren edlen und stilvollen Formen einen gewinnenden und imposanten Eindruck, so ist der Anblick des großen inneren Raumes, wenn man durch das Portal und das Foyer im denselben tritt, durch seine riesenhaften Dimensionen und die geschmackvolle Eleganz, die überall entwickelt ist, geradezu ein überwältigen, denn Nirgends beeinträchtigt eine Säule oder irgend etwas Anderes den vollen Ausblick und in diesem Umstande, daß der Riesenraum vollständig ohne Säulenbildung ist, liegt hauptsächlich die großartige Wirkung auf das Auge. Dazu tritt die glänzende Erscheinung der mit prächtigen Malereien verzierten, ringsherum nach dem Mittelpunct in der Höhe schräg aufsteigenden Decke und die elegante Ausstattung der verschiedenen Sitzreihen, die sich in üblicher Art amphitheatralisch erheben und überall bequeme Zugänge haben. Insonderheit die Logen gewähren einen vorzüglichen Aufenthalt, doch auch die anderen Ränge stellen das, was bisher in den aus Holz gebauten Circus geboten war, bedeutend in den Schatten. Die Hauptsache aber ist, daß nunmehr durch die völlig massive Bauart – die Albert-Halle besteht nur aus Stein und Eisen – jede Feuersgefahr für das Publicum ausgeschlossen ist. Bei der Benutzung der Albert-Halle zu Circuszwecken sind 3500 Plätze vorhanden, während dieselbe bei großen Concerten und dergleichen, wo der Manegeraum zu ebener Erde mit dazu verwendet werden kann, 4000 Personen bequem Unterkunft darbietet. Als sehr vortheilhaft müssen wir ferner die Einrichtung des Foyers, welches gegen Zug vollständig geschützt ist, und das Vorhandensein eines genügend großen Buffetsaales bezeichnen. Die Erwärmung sämmtlicher Räume geschieht, wenn sie nöthig ist, durch Dampfheizung nach einem bewährten System, die Beleuchtung durch elektrisches Licht, zu dessen Erzeugung eine neue Dampfmaschine von 180 Pferdekräften in einem besonderen Maschinenraum ausgestellt ist. Große Sorgfalt ist auch auf die Herstellung und Einrichtung der Pferdestallungen verwendet worden, die dem kostbaren Material an Pferden, welches in sie eingestellt wird, in jeder Beziehung Sicherheit gegen Gefahren bieten dürfte. Um weiter zu illustriren, wie umfangreich die Räume der Albert-Halle sind, führen wir an, daß besondere Säle für das Balletcorps, für die Anfertigung der Garderobe der auftretenden Künstler und Künstlerinnen, für Restaurationszwecke ec. vorhanden sind. Auch die Räume im bisherigen Krystallpalast haben vielfache Umgestaltung erfahren und erwähnen wir in dieser Beziehung vor Allem die beiden großen Eingänge zur Albert-Halle, welche von der Vorderfront, von der Wintergartenstraße aus, geschaffen worden sind. Die nicht leichte Aufgabe, einen bequemen und vortheilhaften Zu- und Abgang der Massen von Menschen, welche die Albert-Halle besuchen werden, ist durch die breiten und mächtig langen Colonnaden, welche von der Straße aus links und rechts dahin führen, in glücklicher Weise gelöst. In die Colonnaden sind Geschäftslocale eingebaut, ähnlich denjenigen in den Passagen in der inneren Stadt, und man wird daselbst Mancherlei, wie Cigarren, Blumen, Handschuhe und dergleichen mehr kaufen können. Rechts und links von der Albert-Halle laufen in der Höhe eines Stockes große Plateaus aus, welche im Sommer angenehmen Aufenthalt zum Anhören der Garten-Concerte darbieten werden. Der Krystallpalastgarten selbst ist größer als früher geworden und wird für seine Zwecke zur rechten Zeit von tüchtiger, fachverständiger Hand in Stand gesetzt werden. Um eine unterbrochene Circulation nach der Albert-Halle zu ermöglichen, ist die große Musikhalle im Garten etwas weiter vorgerückt worden und erstreckt sich die linksseitige Parterre-Colonnade hinter dieser Halle direct bis zur Albert-Halle. Für die Kegelgesellschaften wird die Notiz von Interesse sein, daß im Krystallpalast nunmehr sechs vorzügliche Kegelbahnen, welche sämmtlich den Ansprüchen der Neuzeit gemäß eingerichtet sind, sich vorhanden finden. Kein Geringerer als der Altmeister Renz wird mit seiner Elitetruppe am Ostersonntag den Circus in der Albert-Halle eröffnen und wie wir vernehmen, sind von ihm aus Anlaß des festlichen Ereignisses ganz besonders glänzende Zurüstungen getroffen. Es ist lange Zeit her, daß dieser berühmte Vertreter der Reitkunst mit seiner Gesellschaft nicht nach Leipzig gekommen ist – mit um so größerem Interesse wird daher seinem Auftreten in dem neuen glänzenden Hause entgegengesehen werden können. Dem Krystallpalast aber und der neuen Albert-Halle rufen wir schon heute aus Anlaß dessen, was sie dem Publicum darbieten werden, ein fröhliches „Glück auf!“ zu. Die neue Albert-Halle, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Sonntagausgabe vom 27. März 1887, S. 1729.

Aus der Presse – Eröffnung der Sommer-Oper im Krystallpalast

Ging aus einer vor einigen Tagen abgehaltenen Probe zur „Weißen Dame“ bereits deutlich hervor, daß das Theater-Unternehmen der Herren Schulz und Brede künstlerische Ziele verfolgt, so entsprach der Erfolg der ersten, gestrigen Vorstellung dieser Oper nicht nur den gehegten Erwartungen, sondern übertraf dieselben in allen Beziehungen bei Weitem. Das ohnedies berühmte Etablissement hat somit vorläufig für die Sommermonate eine Vervollständigung erfahren, die geeignet ist, dasselbe nicht blos als Erholungsort für Diejenigen erscheinen zu lassen, die sich einige Stunden in freier Luft erfrischen und unterhalten wollen, sondern auch für diejenigen, die Genuß in der anregenden und bildenden Unterhaltung durch gute Opernmusik finden. Die Wahl der Boieltien‘schen Oper „Die weiße Dame“ zur Eröffnungsvorstellung kann mit Recht eine sehr glückliche genannt werden, schon insofern, als dieselbe verschiedene Partien enthält, die zu den „dankbaren“ gehören, abgesehen davon, daß die Oper überhaupt ihres Melodienreichthums wegen zu den allerbeliebtesten zählt. Kommen wir zunächst auf die einzelnen Leistungen, so verdient vor allen Dingen Herr Milenz als George Brown vollste Anerkennung. Die Stimme ist von leichter Ansprache, sehr gut gebildet, überall wohlklingend und sympathisch, dabei frisch und ausdauernd, das Spiel natürlich und angemessen. Herr Milenz, der gleich mit seiner ersten Arie: „Ach, welche Lust, Soldat zu sein!“ vollen Erfolg hatte, bewährte sich auch in allen übrigen Solo- und Ensemble Nummern aufs Beste und errang sich lebhaften Beifall. Zu theilen hatte er letzteren mit Fr. Steinmann-Lampé (Anna), deren Erscheinung ebenso wohl wie Gesang und Auftreten vollste Sympathie forderte und fand. Frau Steinmann-Lampé verfügt über eine sehr fonore, in allen Lagen gut ausgeglichene Stimme, die auch in den Koloraturen der Leichtigkeit nicht entbehrt; die Intonation war von makelloser Reinheit, der Ausdruck und die Vortragsart eine durchaus gewählte und noble. Herr Geleng als Dikson und Frl. Sauer als Jenny fanden sich mit ihren Partien im Ganzen ebenfalls befriedigend ab; Frl. Sauer, deren Intonation bisweilen zu wünschen übrig ließ, entschädigte dafür durch recht hübsches Spiel und durch ihre an und für sich klangvolle Stimme. Frl. Dorn als Margarethe, sowie Herr Eichberger als Friedensrichter Mac-Irton boten gleichfalls recht Anerkennenswerthes in ihren kleinen Partien, und genügten den Ansprüchen, die man an eine Sommeroper zu stellen berechtigt ist. Durch seine geradezu kolossalen Stimmmittel, sowie durch kräftige Darstellung zeichnete sich Herr Hennig als Gaveston aus. Als der Höhepunct der ganzen Vorstellung ist der zweite Act zu bezeichnen, der in lebendiger Darstellung und in den gesanglichen Leistungen der Hauptpersonen nichts zu wünschen ließ; als ganz besonders ausgezeichnet muß die Cavatine „Komm, o holde Dame“, mit dem darauf folgenden Duett, an welchem neben Herren Milenz Frau Steinmann betheiligt war, sowie die ganze Versteigerungsscene, an deren Erfolg Herr Hennig nicht geringen Antheil hatte, erwähnt werden. Die Oper fand unter der sicheren Leitung des Herrn Capellmeister Steinmann statt, dessen Verdienst es auch ist, daß die Chöre im Allgemeinen so correct gingen, wie man es bei einer ersten Aufführung mit lauter neuen Kräften nur irgend erwarten konnte. Das Orchester hielt sich gleichfalls recht wacker, kleine Unreinheiten in den Blaseinstrumenten abgerechnet, die auch wohl anderwärts vorkommen. Zu erwähnen bleibt noch, daß auch die äußere Ausstattung eine recht hübsche und effectvolle war und daß das Publicum der Vorstellung warme und gerechte Anerkennung zollte, indem es die Hauptdarsteller sowohl auf offener Scene als auch bei den Actschlüssen durch lebhaften Applaus und durch Hervorrufe auszeichnete. Möge dem neuen Unternehmen, das sich so gut einzuführen verstanden hat, das rege Wohlwollen des Publicums erhalten bleiben! Von G. Schlemüller, Leipzig 22. Mai 1884. Eröffnungsvorstellung der Sommer-Oper im Krystallpalast-Theater, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 23. Mai 1884. Freitag, S. 2789

Aus der Presse – Der neue Krystallpalast in Leipzig

Wer in früherer Zeit nach Leipzig kam und nicht gerade ein Hypochonder und abgesagter Feind aller Lebensgenüsse war, der versäumte nicht, das sogen. Schützenhaus zu besuchen, welches sich als ein Vergnügungsinstitut ersten Ranges einen weitverbreiteten Ruf erfreute. Infolge ungünstiger Zeitverhältnisse und verfehlter Speculationen verlor jedoch das altrenommirte Etablissement immer mehr von seiner einstigen Zugkraft, und endlich, nachdem eine Feuersbrunst im verflossenen Jahr einen Theil desselben, das Trianon, in Asche gelegt hatte, schien es mit der Existenz des Schützenhauses überhaupt zu Ende zu sein. Da brachte ein gewandter energischer Unternehmer, Hr. Eduard Berthold, das Schützenhaus käuflich an sich und ließ im Anschluß an das alte ein neues Etablissement, den „Krystallpalst“, entstehen, welcher am 16. April während der diesjährigen Ostermesse dem Publikum seine Pforten öffnete. Der nach dem Plan eines jungen Architekten, des Hrn. C. Planer, und unter dessen Leitung in kürzester Frist fertig gestellte Neubau ist großentheils aus Glas und Eisen ausgeführt und rechtfertigt somit seinen Taufnamen. Die unmittelbar mit den Sälen des frühern Schützenhauses verbundenen Neubauten des Krystallpalastes zerfallen in den großen Parterresaal, welcher Restauration, Wiener Café und ein kleines Theater enthält, und in den mit Galerien und reicher Ornamentik geschmückten Haupttheater- und Musiksaal, welcher, von azurblauer Glaskuppel überwölbt, sich in großartigen Dimensionen ausdehnt. Auf der geräumigen Bühne, die derselbe enthält, werden kleine Lustspiele, Operetten, Ballets u. f. m. aufgeführt und geben Salonkünstler aller Art ihre eleganten Productionen zum besten. Die artistische Leitung des Theaters und die der beiden Hauskapellen, welche allabendlich concertiren, ist bewährten Kräften anvertraut. Unter dem Parterresaal befindet sich eine Centralheizung, durch welche die großen Säle und Nebenräume bei dem Kältegrad bis zu 20 Grad und mehr erwärmt werden können. Diese Centralheizung ist nach bestem System mit kräftiger Ventilation angelegt, welche noch durch einen turbinenartigen großen Ventilator verstärkt werden kann. Derselbe wird gleich der elektrischen Gartenbeleuchtung durch starke Gasmotore in Betrieb gesetzt. Die Beleuchtung des Großen Saals erfolgt durch zwei Grove’sche Sonnenbrenner von je 1760 Normalkerzenstärke, während die übrigen Räumlichkeiten durch Gas erleuchtet werden. Nach der Gartenseite schließen sich an diese Säle Colonnaden und Veranden in ein und zwei Stockwerk-Höhe, die rund um den ganzen Garten gehen. Diese Colonnaden sollen zugleich als Skating-Rink dienen, während die Veranden dem Besucher eine reizende Aussicht auf die neugeschaffenen, abends in effectvoller elektrischer Beleuchtung strahlenden Gartenanlagen gewähren. Dies das Etablissement, welches gewiß allen Anforderungen der Neuzeit entspricht und daher auch seit seiner Eröffnung den Hauptanziehungspunkt für Einheimische und Fremde bildet. Wenn sich abends die strahlenden Theatersäle öffnen, in welchen während der Messe gleichzeitig gespielt und concertirt wird, dann füllen sich die Räume rasch mit fröhlichen Menschen, welche sich von der heitern leichtgeschürzten Muse, die hier das Wort führt, die Alltagssorgen hinwegscherzen lassen. Aber nicht nur dem großen Publikum, sondern auch geschlossenen Gesellschaften bietet der Krystallpalast einen comfortablen Versammlungsort. So wird beispielsweise die erste Privatfestivität, welche in seinen Räumen in Aussicht genommen ist, das große Cantate-Festessen der Buchhändler sein, welches alljährlich zur Ostermesse stattfindet. Möge denn dieses zeitgemäße und von seinem Unternehmer in großartiger Weise geleitete Etablissement, welches der Entwicklung Leipzigs zur Großstadt Ausdruck verleiht und bei dem starken Verkehrswesen der alten Handelsmetropole einem thatsächlichen Bedürfniß entspricht, einer recht glücklichen Zukunft entgegengehen und im Krystallpalast zu Leipzig der Ruhm des alten Schützenhauses wiederaufleben. Der neue Krystallpalast in Leipzig, in: Illustrierte Zeitung Leipzig vom 6. Mai 1882. Band 78, 1. Halbjahr, S. 365-368.

Leipziger Palmengarten – War der schönste Ort der Stadt

Der Leipziger Palmengarten ist in vielerlei Hinsicht mit der Entstehungsgeschichte des Clara-Zetkin-Parks und der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung von 1897 verbunden. Sie war mit mehr als zwei Millionen Besuchern und über 3.000 Ausstellern die größte Ausstellung, die Leipzig und Sachsen bis dato erlebt haben. Nach Ende der Ausstellung wurden alle Gebäude wie Ausstellungshallen, Pavillons und Restaurants bis 1898 zurückgebaut und das Gelände bis 1904 in einen öffentlichen Park umgewandelt, der nach dem sächsischen König den Namen König-Albert-Park erhielt. Ein Großteil der heutigen Wegführung des Clara-Zetkin-Parks geht auf den Grundriss des damaligen Ausstellungsgeländes zurück. Beim Rückbau wanderten Teile der Ausstellung in den Aufbau des Palmengartens, so dass dieser schon im April 1899 feierlich eröffnet werden konnte. Das Gelände des Palmengartens westlich des heutigen Elsterflutbeckens war bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein großflächiges Weideland. Nach Lindenau kam man von Leipzig aus nur über einen schmalen Damm über die sogenannten Frankfurter Wiesen, die häufig von Hochwasser überschwemmt waren. Für eine internationale Gartenbauausstellung vom 25. August bis zum 5. September 1893 wurde das Gebiet im Norden von der heutigen Jahnallee am Westufer der Elster-Pleißen-Aue anlässlich des 50. Jubiläums des Leipziger Gärtnervereins trockengelegt. Die Gestaltung der Anlage übernahm der Landschaftsarchitekt und Vorsitzende des Gartenvereins Otto Moßdorf. „Die Gartenlaube“ sprach seinerzeit sogar von einem landschaftlich außerordentlich reizvoll gestalteten Lustgarten. Bereits in der Festrede zur Eröffnung der Gartenbauausstellung regte der damalige Oberbürgermeister Georgi an, dieses Areal zu einer ständigen Erholungsstätte für die Leipziger Bürger weiterzuentwickeln. Er kannte den Frankfurter Palmengarten gut und die Leipziger Bürger sollten ebenso in den Genuss der vormals so ausgeprägten Leipziger Gartenkultur kommen. Er konnte 60 finanzstarke Leipziger für die Idee eines „Palmengartenprojekts“ gewinnen. Ein Aufruf in der Tagespresse zum Erwerb von Aktien für den Bau des Palmengartens erbrachte innerhalb von vierzehn Tagen über 350.000 Euro. Auch die Stadt Leipzig beteiligte sich an dieser Aktiengesellschaft. Ein Wettbewerb zur Gestaltung der geplanten Anlage wurde danach ausgelobt. Diesen konnte der Lindenauer Otto Moßdorf zwar nicht gewinnen, aber er wurde mit der Realisierung des Siegerentwurfs beauftragt, der sich sehr stark am Frankfurter Palmengarten orientierte. Damals wie heute umfasst der Park ein Areal von 22,5 Hektar. Die Hauptwege des Parks lassen sich noch auf die Zeit seiner Entstehung zurückführen. Der Park hatte zwei Eingänge – einen im Norden, an der Frankfurter Straße, der heutigen Jahnallee, und einen im Süden, an der Plagwitzer Straße, der heutigen Käthe-Kollwitz-Straße. Beide Eingänge waren mit rotem Backstein und schmiedeeisernen Toren gestaltet. Die Straßenbahn brachte die Besucher über die Frankfurter Straße bequem direkt bis vor den Park. Wer am Kassenhäuschen den Eintritt bezahlt hatte wurde von einem großflächig angelegten Teppichbeet mit arrangierten Blumenbeeten empfangen. Dahinter war ein palastähnliches Gesellschafts- mit integriertem Palmenhaus zu sehen. Zur Linken befand sich das Konzertgelände mit einem muschelförmigen Konzertpavillon für verschiedenste Aufführungen lokaler und regionaler Orchester für tägliche Vorstellungen. Um die Jahre 1900 kostete ein Tagesticket für den Leipziger Palmengarten nach heutigem Gesichtspunkten genauso viel wie ein Tagesticket für den Belantis Freizeitpark. Entlang des Gesellschaftshauses befanden sich viele Freisitze mit Gastronomieangeboten. Auf einem nahegelegenen Spielplatz konnten Kinder von ausgebildeten Kindergärtnerinnen betreut werden. Der Weg führte vorbei an verschiedenen Skulpturen zum großen Weiher hin, an dem Boote ausgeliehen werden konnten. Von dem auf einem Hügel erhöht stehenden Pavillon aus bot sich ein fantastischer Blick zurück über den Teich zum Palmenhaus. Die Wasserfläche war damals größer als wir sie heute kennen und reichte im Süden bis zu einer seit 1893 bestehenden Grotte mit künstlichem Wasserfall. Zum heutigen Klingerhain führte der Weg zur Plagwitzer Straße über die Vier-Jahreszeiten-Brücke. Diese war sehr wahrscheinlich erst für den Palmengarten errichtet worden, um beide Parkbereiche miteinander zu verbinden. Die vier Figuren an den Brückenenden, die die vier Jahreszeiten symbolisieren, sind heute noch sehr gut erhalten. Trat man am Südeingang aus dem Palmengarten hinaus, befand sich zur Linken das Karl-Heine-Denkmal, das erst später auf die andere Straßenseite versetzt wurde. Die Hauptattraktion des Leipziger Palmengartens war das palastartige Gesellschaftshaus mit dem angegliederten Palmenhaus, das dem Park seinen Namen gab. Der prachtvolle historistische Bau empfing die Besucher, die den Park vom Haupteingang an der Frankfurter Straße her betraten. Das Gebäude bestand aus einem quadratischen vorderen Teil und einer nach Süden daran anschließenden 60 m langen gläsernen Halle, in welcher exotische Bäume und Pflanzen gezeigt wurden. Vier Türme von je 30 m Höhe krönten die Ecken des Gesellschaftshauses. Die Architekten des Gesellschaftshauses waren die Leipziger August Hermann Schmidt und Arthur Johlige. Beide hatten bereits für die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung von 1897 die monumentale Industriehalle entworfen. Nun konnten nach Rückbau dieser Ausstellung Bauteile für das in ähnlichem Stil gehaltene Gesellschaftshaus im Palmengarten verwendet werden. Das Gesellschaftshaus bestand aus einem riesigen zentralen Festsaal und verschiedenen kleineren Sälen, in denen auch Jugendstilelemente verwendet wurden. Die kleineren Säle trugen Namen wie Roter Saal, Spiegelsaal, Weißer Saal. Der 15 m hohe große prunkvolle Festsaal verfügte über eine Galerie und war mit vier riesigen Kronleuchtern geschmückt. Im Gesellschaftshaus sorgte ein Restaurantbetrieb für das leibliche Wohl – eine „Gastwirtschaft 1. Ranges“. Die bestens ausgestattete Küche genügte höchsten Ansprüchen. Die Leitung hatte der international renommierte Kochkünstler Alfred Harrer inne, der Referenzen aus vornehmsten Hotels und Lokalen vorweisen konnte. Bei schönem Wetter wurde auch eine große Terrasse zum östlichen Hauptweg hin mitbetreut. Darüber hinaus soll es im Gebäude auch eine Konditorei und einen Weinkeller gegeben haben. Alle Räume konnten für Feierlichkeiten und verschiedenste Veranstaltungen gemietet werden. Das Gesellschaftshaus war ein wichtiges Zentrum des gesellschaftlichen Lebens in Leipzigs. Hier wurden Firmenfeiern ausgerichtet, Abschlussbälle, Wohltätigkeitsfeste. Veranstalter waren z.B. der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, die Königliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe, der B.G. Teubner-Verlag, die Städtische Schule für Frauenberufe, das Rote Kreuz, Leipziger Burschenschaften und viele mehr. Im Februar 1909 gründete sich im Gesellschaftshaus des Palmengartens der Richard-Wagner-Verband Deutscher Frauen, ein Vorläufer des heutigen Richard-Wagner-Verbandes. Im Juli des Jahres 1909 feierte die Universität Leipzig ihr 500-jähriges Jubiläum im Palmengarten mit einem Festabend. Im großen Saal waren an festlich gedeckten Tischen über 800 Gäste versammelt. Das Palmenhaus mit einer Vielzahl an exotischen Gewächsen war vom Gesellschaftshaus durch eine 15 m hohe Glasfront abgetrennt, durch die man … Weiterlesen

Aus der Presse – Zur Verstadtlichung der Palmengarten-Gesellschaft

Verstadtlichung des Leipziger Palmengartens? Der Leipziger Palmengarten beruft zum 17. Dezember eine außerordentliche Generalversammlung, der eine Zwischenbilanz und ein Antrag auf Verstadtlichung zur Beschlußfassung unterbreitet werden soll. Nach den von uns eingezogenen Erkundigungen steht es noch nicht fest, ob und wann eine endgültige Verstadtlichung des Leipziger Palmengartens zustande kommt. Zurzeit ist der Leipziger Palmengarten eine Aktiengesellschaft mit einem Aufsichtsrat, in dem der Rat der Stadt Leipzig vertreten ist. [1] Wie wir im Handelsteil der vorliegenden Nummer unseres Blattes berichten, haben die Aktionäre des Palmengartens sich mit den Bedingungen des Rates für die Uebernahme in städtische Regie einverstanden erklärt. Nach diesen Bedingungen müssen die Aktionäre auf alle Rechte aus ihren Aktien verzichten und erhalten dafür 10 Jahre lang freien Eintritt in den Palmengarten. Sollte dieser seiner bisherigen Bestimmung entzogen werden (bekanntlich besteht das Gerücht von einer Umwandlung in einen Volkspark), so ist ein Schadenersatz ausgeschlossen. Wie in der gestrigen Generalversammlung mitgeteilt wurde, resultiert die Unterbilanz für das letzte Dreivierteljahr, rund 180 000 Mark, hauptsächlich aus den höheren Löhnen. Dazu kommt noch die Unterbilanz aus den Vorjahren mit rund ½ Million Mark. Wenn der Rat und die Stadtverordneten die Verstadtlichung abgelehnt hätten, würde der Konkurs unvermeidlich gewesen sein. Allerdings bleiben jetzt noch die Verhandlungen mit den Obligationären, denen 25 Prozent geboten werden, und mit den Warengläubigern, die 75 Prozent erhalten sollen, abzuwarten. Man darf aber annehmen, daß sie zustimmen, denn im Falle eines Konkurses würden die Obligationen, kaum etwas und die Warengläubiger sicher wesentlich weniger auf ihre Forderungen erhalten. Rat und Stadtverordnete haben 600 000 Mark bewilligt, wenn das Unternehmen als städtisches fortgeführt wird. [2] Die außerordentliche Generalversammlung genehmigte die Bedingungen des Rates, der das Unternehmen in eigene Regie nehmen will, wenn die Aktionäre auf alle Rechte aus ihren Aktien verzichten. Dafür erhalten sie für sich und ihre Angehörigen 10 Jahre freien Eintritt in den Palmengarten. Sollte er in dieser Zeit seiner bisherigen Bestimmung entzogen werden, so ist jeder Schadenersatz ausgeschlossen. Wie mitgeteilt wurde, hat sich die aus dem Vorjahre in Höhe von etwa 0,5 Mill. Mark vorhandene Unterbilanz während des laufenden Jahres um weitere 180 000 Mark erhöht. Eine besondere Obligationärversammlung wird nunmehr noch zu beschließen haben, ob sie sich mit einer Zahlung von 25 Proz. einverstanden erklären will. Die Warengläubiger sollen 25 Proz. auf ihre Forderungen nachlassen. [3] Die Stadtverordneten haben am 17. d. M. in nicht öffentlicher Sitzung einer Vorlage des Rates zugestimmt, wonach zur Ordnung der finanziellen Verhältnisse der Leipziger Palmengarten-Aktiengesellschaft und Ueberleitung des gesamten Unternehmens in städtischen Betrieb 600 000 Mark aus städtischen Mitteln aufgewendet werden sollen unter der Bedingung, daß 1. die Aktionäre sämtliche Rechte aus ihren Aktien auf die Stadtgemeinde übertragen, wofür ihnen für sich und Ihre Familienangehörigen auf die Dauer von 10 Jahren das Recht zum freien Eintritt in den Palmengarten zugestanden wird, 2. die Obligationäre sich gegen bare Auszahlung von 25 Prozent des Nennwertes ihrer Obligationen für befriedigt erklären, 3. alle übrigen nicht bevorrechtigten Gläubiger auf 25 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Einigen von den Stadtverordneten beschlossenen Zusatzanträgen, insbesondere der Forderung der Bildung eines gemischten Ausschusses für den Zoologischen und den Palmengarten, wurde zugestimmt. [4] Zur Verstadtlichung des Palmengartens – Dazu lag der Antrag vor: Das Kollegium wolle den Rat ersuchen, Auskunft über den Stand der Verhandlungen wegen der Verstadtlichung des Palmengartens zu geben und die Verhandlungen möglichst zu beschleunigen. Vizevorsteher Pollender (S. P. D.) begründet den Antrag damit, daß am 15. Dezember v. J. die Verstadtlichung beschlossen und 600 000 Mark bewilligt worden seien. Er habe aber gehört, daß der gegenwärtige Generaldirektor drauf und dran sei, mit Unterstützung einer potenten Brauerei dem Palmengarten den Charakter eines Privatunternehmens nach Möglichkeit zu wahren. Ihm erwidert Bürgermeister Roth, daß die damals gefaßten Beschlüsse in der Form nicht in allen Punkten bis jetzt durchgeführt werden konnten, weil juristische Bedenken vorhanden waren. Der Rat bemühe sich, alle diese Schwierigkeiten zu überwinden, und er hoffe, in allernächster Zeit so weit zu sein, daß er das Heft völlig in der Hand habe. Er könne aber keine Einzelheiten in öffentlicher Sitzung weiter machen, denn sonst müsse er darauf zurückkommen, was seinerzeit in nichtöffentlicher Sitzung verhandelt worden sei. Dem Generaldirektor und dem anderen Direktor sei für den 1. Juli d. J. gekündigt und der Generaldirektor habe noch gestern erklärt, daß er jede Stunde gehen könne. In vielleicht 14 Tagen würden die Verhandlungen erledigt sein. Soweit er unterrichtet sei, geht der Betrieb des Palmengartens jetzt gut […] [5] In einer der letzten, Stadtverordnetensitzungen vor den Ferien wurde in einem Antrage der Rat um Auskunft über den Stand der Verhandlungen wegen der Verstadtlichung des Palmengartens ersucht. Bürgermeister Roth teilte daraufhin mit, daß die Verhandlungen zwar noch nicht abgeschlossen, aber voraussichtlich in Kürze zu Ende geführt werden würden. Für die Antragsteller schien es sich vor allem darum zu handeln, zu erfahren, ob die Gerüchte, daß Stadtrat a. D. Böhme, der bis jetzt Leiter des Unternehmens ist, die Gastwirtschaft mit finanzieller Unterstützung einer Leipziger Großbrauerei als Pächter weiterführen wolle, zutreffend sind. Bürgermeister Roth bezeichnete die Gerüchte als unwahr und bemerkte, daß Direktor Böhme bereit sei, jederzeit sofort von seinem Posten zurückzutreten, wenn das Unternehmen verstadtlicht werde. Am vergangenen Mittwoch nun hat der Rat den Betrieb des hiesigen Palmengartens übernommen, und zwar zunächst unbeschadet der bestehenden Eigentumsverhältnisse. Wie aus der Ausschreibung in der vorliegenden Nummer unseres Blattes hervorgeht, wird für den gesamten Gastwirtschaftsbetrieb ein tüchtiger Wirtschaftsleiter gesucht. Hierauf seien die Leipziger Gastwirte, die die Bestätigung in sich fühlen, dieses gemeinnützige Unternehmen zu leiten, besonders aufmerksam gemacht. Somit ist die Uebernahme des Unternehmens jetzt tatsächlich erfolgt und der Palmengarten ist nunmehr städtisch und ein gemeinnütziges Unternehmen geworden. Hoffentlich erfüllen sich die Erwartungen, denen man bei der Ratsvorlage auf Verstadtlichung des Unternehmens seinerzeit Ausdruck gegeben hat. Solange der Palmengarten der Aktiengesellschaft gleichen Namens gehörte, war die Prosperität des Unternehmens sehr gering. Nur ein einziges Mal, und zwar im Jahre 1899, vermochte es eine Dividende für die Aktionäre auszuschütten; dann blieb es nicht nur dividendenlos, sondern arbeitete mit Unterbilanzen. Während der Ausstellungsjahre 1913 und 1914 war der Besuch des Palmengartens nicht befriedigend, und während der Kriegsjahre gestaltete sich die finanzielle … Weiterlesen

Aus der Presse – Die Zukunft des Leipziger Palmengartens

Die Lage des Unternehmens der Aktiengesellschaft Leipziger Palmengarten ist heute eine solche, daß es gar keinen Zweck hat, ihr gegenüber die „Vogel-Strauß-Politik“ zu treiben in der Hoffnung, daß hierdurch, d. h. in aller Stille, eine Gesundung der Verhältnisse erreicht werden könnte. Seit Jahren arbeitet die Gesellschaft – leider – mit großen Fehlbeträgen. Und das schlimme ist, daß diese Fehlbeträge immer gewachsen sind. In den letzten sechs Jahren (1910 bis 1915) bezifferten sie sich im ganzen auf rund 323 000 Mark. Dieser Umstand wird das Herz eines jeden, der – kurz gesagt – unsere Stadt Leipzig liebt, mit aufrichtiger Trauer erfüllen. Die Stadtgemeinde hat es dabei an ausgiebiger Hilfe nicht fehlen lassen. Insgesamt hat die Gesellschaft von der Stadt in neun Jahren über 800 000 Mark erhalten, von denen 590 000 Mark auf das Erbbaurecht eingetragen sind. Trotz alledem sah sich die Gesellschaft genötigt, Ende 1915 erneut mit einem Gesuche an die Stadt um Unterstützung heranzutreten. Rat und Stadtverordnete haben dem entsprochen. In der Sitzung der Stadtverordneten vom 12. Januar 1916 wurde beschlossen, der Gesellschaft zur Weiterführung des Betriebes den Betrag von 20 000 Mark zur Verfügung zu stellen. Außerdem wurde verschiedenen Anträgen des Rates zugestimmt, die u. a. dahin gingen: Außerdem sollten die noch zu deckenden Fehlbeträge für 1915 und 1916 mit etwa 7000 Mark und 42 000 Mark zu Lasten des Betriebsvermögens der Stadt übernommen und zu den im Jahre 1914 bewilligten 105 000 Mark zugeschlagen werden. Die Opfer, zu deren Uebernahme sich die Stadt bereit erklärte, waren also sehr erheblich. Daneben sollten allerdings auch die Inhaber der Schuldverschreibungen (Obligationen) ein Opfer bringen. Diese außer dem Aktienkapital von 200 000 Mark vorhandenen Schuldverschreibungen belaufen sich auf 829 000 Mark und wurden von der Stadt mit 3 Prozent verzinst. Auf die Zinsen (24 870 Mark) sollen die Obligationäre so lange verzichten, bis das Unternehmen Ueberschüsse erzielt. Am vergangenen Donnerstag hat nun die Versammlung der Obligationäre, die hierzu Beschluß fassen sollte, stattgefunden. Sie war beschlußunfähig, es wurde aber vom Vorsitzenden die Mitteilung gemacht, daß die von den städtischen Kollegien zur Aufrechterhaltung des Betriebes bewilligten 20 000 Mark aufgebraucht sind. Sollte auch die nächste Versammlung (am 6. April) beschlußunfähig sein, so daß die Bedingungen der Stadt nicht zur Annahme gelangen könnten, so wäre das Schicksal der Gesellschaft besiegelt, denn daß die Stadt über das gestellte Angebot herausginge, sei auf keinen Fall zu erwarten. So die gegenwärtige Sachlage, die erkennen läßt, daß irgendeine Entscheidung binnen kurzem getroffen werden muß. Wir haben die vorstehenden Ausführungen gemacht, um den vielen Tausenden, die sich für unseren schönen Palmengarten interessieren, ein Bild von der Lage des Unternehmens zu geben. Aber unseres Erachtens kann es sich in der Hauptsache nicht darum handeln, nur für, den Augenblick einen Ausgleich herzustellen, sondern vielmehr darum, für die Zukunft das Unternehmen in bessere Verhältnisse zu bringen. Denn der Ausgleich nützt gar nichts, wenn alles beim alten bleibt, und die Stadt jedes Jahr von neuem tief in den Geldbeutel greifen muß. Auch über diese Zukunft ist in der Stadtverordnetensitzung am 12. Januar gesprochen worden. Ein Redner war hierbei der Ansicht, daß es nur einen Weg gebe, um den Palmengarten endgültig herauszubringen, und zwar sei das leicht dadurch zu erreichen, daß man den Palmengarten bis an das Westufer der neugeschaffenen Flutrinne erweitert und am Ufer einen Elster-Pavillon errichtet, gleich dem schönen Bauwerk, das wir als Alster-Pavillon in Hamburg bewundern. Diesem „einen Weg“ ist jedoch in der Versammlung nicht rückhaltlos beigepflichtet worden. Es wurde darauf hingewiesen, daß eine beträchtliche Summe dazu gehörte, um das zwischen dem jetzigen Palmengarten und der Flutrinne liegende Land (es handelt sich wohl um 40 000 Quadratmeter) in Anlagen zu verwandeln und daß auch ein großer Pavillon – denn um einen solchen kann es sich nur handeln – nicht billig sein würde. Es sei aber mindestens bedenklich, in das Unternehmen von neuem Hunderttausende hineinzuwenden. Von anderer Seite wurde angeregt, daß der Palmengarten mehr der Allgemeinheit zunutze gemacht, also vielleicht unentgeltlich geöffnet werde; das würde sicher dem Wirtschaftsbetriebe sehr zustatten kommen. Dieser Gedanke fand vielen Beifall. Auch wir glauben, daß hiermit wenigstens ein Versuch gemacht werden möge. Es brauchen deshalb die Dauerkarten (die in ihren Erträgen übrigens stetig herabgegangen sind) nicht ganz abgeschafft werden und man braucht andererseits nicht zur völligen Unentgeltlichkeit zu gehen. Aber wenn man an verschiedenen Tagen der Woche den Palmengarten, der einer der prächtigsten Aufenthaltsorte unserer Stadt ist, für ein Eintrittsgeld von 10 Pfennig öffnete, so würde der Zuspruch sicher sehr erheblich sein. Wer jetzt an schönen Wochentagen im Sommer die herrlichen Anlagen besucht, dem tut es wahrlich leid, daß sie so unbenutzt bleiben. Hier Wandel zu schaffen, muß allseitiges Bestreben sein. Die Stadt als erste Geldgeberin hat wohl einen Anspruch, bei der künftigen Gestaltung der Verhältnisse unseres Palmengartens, auf den wir Leipziger mit Recht stolz sind, ein Wort mitzureden. Wir zweifeln auch nicht, daß es in der Richtung geschehen wird, das ganze Unternehmen volkstümlicher zu machen. An der Einwohnerschaft wird es aber sein, ihm die nötige Unterstützung angedeihen zu lassen. Es mag in den jetzigen Kriegszeiten schwer sein, aber das eine muß gesagt werden: mit dem bloßen Bedauern, und mag es noch so „herzlich“ und „innig“ sein, ist dem Unternehmen nicht geholfen, sondern nur mit der Tat. Und unbedingt muß der Palmengarten unserer Stadt erhalten bleiben. Geschähe es nicht, so würde das einen bedenklichen Schatten auf unsere Stadt werfen. Von der Leitung des Unternehmens muß allerdings ebenfalls erwartet werden, daß sie alles tut, um die Anziehungskraft des Unternehmens zu heben. Und mehr als einen Weg gibt es hierbei, den man betreten kann. – id. Aus Leipzig und Umgebung, in SLUB Dresden: Leipziger Tageblatt und Handelsblatt vom 21. März 1916. Frühausgabe, 2. Beilage, S. 9.

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