Zur Feier seines 50 jährigen Bestehens veranstaltete der „Leipziger Gärtner-Verein“ vom 25. August bis 5. September eine „Internationale Jubiläums-Gartenbau-Ausstellung“ auf dem im Südwesten der Stadt Leipzig gelegenen Kuhthurm-Grundstücke. Es ist dies ein etwa 13 ½ Hektar großer Platz, rings umgeben von alten Eichen und anderen Baumgruppen und so recht geeignet für den Zweck einer Ausstellung größeren Styles.
Ein römischer Triumphbogen von mächtiger Ausdehnung wölbt sich über dem Eingange und auf schön mit Kies bedecktem Wege lenken wir unsere Schritte nach den alten Gebäuden des Kuhthurmes. Hier finden wir die Blumenbinderei, die Parkschuppen, das Ausstellungs-Büreau, das Post- und Telegraphenamt und das Restaurations-Etablissement ec.
Wir besuchen jedoch die „Binderei“ heute noch nicht, sondern gehen wieder dem Triumphbogen zu. Gerade vor uns dehnt sich ein wunderbares Blumenrondel aus, in dessen Mitte ein Springbrunnen seinen mächtigen, silberglänzenden Strahl in die Lüfte steigen läßt. Prächtige Teppichbeete, zu deren Herstellung viele Tausende der verschiedensten Pflanzen benußt worden sind, wechseln mit saftigen Rasenflächen ab. Herr Kunst- und Handelsgärtner Moßdorf, der Schöpfer der Ausstellung, hat hier seine Leistungsfähigkeit im glänzendsten Maße bewiesen; nicht nur Laien bewunderten staunend diese gärtnerischen Anlagen, sondern auch tüchtige Kunstgärtner sprachen sich über die von Herrn Moßdorf geschaffenen Anlagen äußerst belobigend aus. Unmittelbar hinter dem Blumenrondel liegt die „Haupthalle“, ein stattlicher Bau; einen Besuch der Halle sparen wir uns für später auf. Wir biegen nunmehr links ab und kommen an einen großen, künstlich angelegten Teich, an dessen Ufer sich der prächtig ausgestattete „Königs-Pavillon“ erhebt. Dieser Pavillon ist von den Mitgliedern des „Vereins für Kunsthandwerk Albrecht Dürer“ zu Leipzig erbaut worden und werden wir über die Ausschmückung desselben später eingehend berichten. Der künstlich angelegte Teich (etwa 6500 Quadratmeter Fläche) wird durch einen Wasserfall aus der Elster gespeist. Am östlichen Ende des Ausstellungs-Terrains erblicken wir den „Tempel“, ein elegant angelegtes Bauwerk, von wo aus man eine schöne Aussicht genießt.
Wir begeben uns nunmehr zu der technischen Abtheilung, die namentlich elektrische und Heizungsanlagen, sowie Wasserhebemaschinen enthält. – Die Elektrizitäts-Aktien-Gesellschaft, vormals Schuckert & Co. in Nürnberg hat, wie auf vielen anderen Ausstellungen, auch hier wieder Vortreffliches geleistet. Die in Fig. 1 abgebildete Dynamomaschine speist alle auf dem Ausstellungsterrain befindlichen Bogenlampen (siehe Fig. 2), und gerade Abends, wenn das elektrische Licht in Thätigkeit tritt, glaubt man ein Märchen aus „Tausend und eine Nacht“ zu erleben. Der überaus einfache Mechanismus der Schuckertschen Bogenlampen, wo jede Feder-, Räder-, Klemmvorrichtung in Wegfall kommt, gestattet vollkommen kontinuirlichen Nachschub der Kohlen, sodaß das Licht über dem Ausstellungsterrain sich ruhig und gleichmäßig gestaltet. Die Dynamomaschine zeichnet sich durch soliden Aufbau, vorzügliches Material und exakte Ausführung aus.
Feenhaft nimmt sich bei elektrischer Beleuchtung die geschmackvoll gebaute, von Säulen getragene Halle des Herrn Moritz Jacob-Leipzig aus. Diese auf einem Hügel angelegte Halle ist mit Photographien von herrlichen Garten- und Parkanlagen, die Herr Jacob in Villengrundstücken ec. angelegt hat, geschmückt. In dem Vorbau der Halle bewunderten die Ausstellungsbesucher die Abbildungen der berühmten Jacobs‘schen Christrosenzucht. – In der Mitte der Halle ist eine reizende Grotte eingebaut. Herrliche Ampelgewächse zieren die Grotte und mächtige Farne und Phylodendron breiten sich an einer sanft dahin rauschenden Quelle aus. Der Hintergrund der Grotte ist gemalt und zeigt uns eine Landschaft in Australien, die dem Maler zu Ehren gereicht, nicht minder aber auch Herrn Jacob, welcher dieses Schmuckstück der Ausstellung entworfen hat.
Als Freund von Freiland- und Gewächshaus-Kulturen statten wir zunächst der Ausstellung von Heyneck & Baumgarten in Krakau bei Magdeburg einen Besuch ab. Diese Firma hat die Generalvertretung von Gustav Scheibe-Mexico in Mexico in mexikanischen Orchideen, Kakteen ec.
Von den herrlichen Orchideen sind zu nennen: Epidendron spicatum (1-5 Bulben), Lälia autumnalis und Lälia albida (5-12 Bulben), ferner Oncidium tigrinum unguiculatum (4-8 Bulben). Von den Kakteen sind besonders hervorzuheben: Echinocactus helophorus Lem., ein prachtvoller Igelkaktus mit braunen Querstreifen; Mammillaria dolichocentra Galeotti Lem., mit 5-12 cm Durchmesser. Cereus Bellieni H. & S. und Cereus brachiatus Gall., letzterer Kaktus mit sehr langen nach unten gebogenen Zentralstacheln, ferner Mammillaria Parkinsonii Ehrenb. und Pilocereus senilis Lem., von 10-85 cm Höhe, sind Gewächse, die allgemeine Bewunderung finden. – Aber auch schöne Agaven liefert oben genannte Firma. Wir nennen hier nur: Agave marmorata, Agave Verschaffelti, Agave hystrix compacta und Agave Gilbeyi. – Ferner zeichnet sich diese Firma aus durch schöne Begonien, Philodendron, Anthurien, Sobralien ec.
Doch zurück zur „Haupthalle“. Hier fesselt unsern Blick zunächst ein prächtig ausgeführter Springbrunnen, verfertigt von der Zinkgießerei Martin & Piltzing-Berlin. Um diesen Springbrunnen herum finden wir herrliche Pflanzen. So stellten hier zur Ansicht Gülzow & Co.-London eine Anzahl Aralien. Diese zierlichen Aralien haben einfache oder zusammengesetzte Blätter mit scheidigen Stielen, in Dolden, Trauben, Knäuel oder Rispen gestellte Blüthen mit fünf kleinen, weißen Blumenblättern, fünf Staubgefäßen und beerenartige Steinfrüchte, welche vom stehengebliebenen Kelche und den fünf Griffeln gekrönt sind. – Reizend nimmt sich die Justitia carnca aus, welche Herr Paul Mähler-Döbeln (Sachsen) ausstellt; gleicht doch diese Pflanze den Meerrosen. – Frau Keuffel brillirt mit einer sorgfältig gepflegten Clematis, welche sich an einer Säule in die Höhe rankt. – Herr Rühl in Leipzig-Lindenau brillirt durch Cissus discolor Blum. Diese schönste Cissus-Art hat dunkelrothe Zweige, rosenrothe Ranken und herzförmig-längliche, lang zugespitzte, gesägte Blätter, die oberseits sammtartig dunkelgrün und mit weißen Flecken und violet-purpurrothem Rande geziert sind; unterseits sind die Blätter purpurroth.
Allerliebste Maiglöckchen finden wir ausgestellt von Herrn Rudolf Grobba-Gartz a. d. Oder; Herr Reischle in Gaschwitz-Leipzig ist vortrefflich vertreten mit Passionsblumen, ferner mit Papyrus, Cissus, Halianthus. Namentlich letztere finden allgemeine Bewunderung. – Die Herren Menzinger-Wandsbeck, Werkmeister-Schwäbisch-Gmünd und Frau Dr. Sellier in Leipzig-Plagwitz erwarben sich ungetheiltes Lob durch ihre Begonien-Ausstellungen; die Begonien, die wir hier sahen, schmücken jedes Zimmer, namentlich die Begonia rex und die Begonia eximia.
Herr Albert Wagner in Leipzig-Gohlis nimmt hinsichtlich der Kokospalmen eine der ersten Stellen ein. Die Cycas circinalis L., mit etwa 3 m langen Wedeln, ist ein Prachtexemplar; auch andere großblätterige Gewächse, z. B. Ceroxylon niveum, eine Wachspalme, fanden wir hier vertreten. – Herr Heintze-Leisnig (Sachsen) führte ebenfalls ein derartiges schönes Exemplar vor. Herr Rabe-Weimar stellte Prachtpalmen aus; seine Cycas revoluta L. sind die sogen. „Palmenzweige“, mit denen man bei uns die Särge zu schmücken pflegt. – Herr Eugen Reischke-Leipzig hatte stets viele Bewunderer, denn seine Caladium-Arten mit den schön gefärbten Blättern ergötzen das Auge. Caladium bicolor Vent. und Caladium picturatum C. Koch sind vortreffliche Zierpflanzen. – Die Herren Käufel-Leisnig und Göpel-Wandsbeck sind mit sorgsam gepflegten, schönen Palmen bestens vertreten. – Drachenbäume (Dracaenae), die durch palmenartigen Wuchs und schwertförmige Blätter, welche in einer dichten Spirale an der Spitze des zylindrischen Stammes gesammelt sind, sich auszeichnen, führen uns die Firmen Gübzow & Co. aus London und Emil Block-Wandsbeck vor; die Pflanzengattung Croton L. aus der Familie der Euphorbiaceen ist durch ein Exemplar Croton magnifolium würdig durch Herrn Block vertreten. – Gemusterte Gummibäume finden wir bei der Londoner Firma Gübzow & Co. – Herr Moßdorf-Leipzig-Lindenau zeigt uns Farne, die er selbst gezüchtet hat und die geradezu wundervoll sind. – Die tropische Musa, eine Pflanzengattung aus der Familie der Scitamineen, mit schönen großen Blättern zeigt uns Herr Otto-Leipzig. Noch mancher anderer herrlicher Gewächse könnten wir hier gedenken, doch für heute müssen wir unsere Wanderung schließen. (Fortsetzung folgt.) [1]
Die älteste Gärtner-Firma Leipzig‘s J. C. Hanisch hat in einer im orientalischen Stile gehaltenen Halle, die in weitem Umkreise von geschmackvollen Gartenanlagen umgeben ist, ihre Spezialitäten ausgestellt. Da sehen wir wunderschöne Arauakrien, Kalthaus-Kübelpflanzen, Phönix- und Fächerpalmen; Begonien-, Georginen-, Pelargonien, Fuchsien- und Latanenbeete wechseln mit Teppichbeeten und einem Beet japanischer Schmucklilien ab. Ringsherum an den Wänden der Halle stehen die verschiedensten Palmen und andere Blattgewächse empor. In der Mitte der Halle bemerken wir reizende tropische Blattgewächse; riesige Farnpflanzen, stattliche Palm-Kübelpflanzen, Pandanus- Cycas-Arten und Bananenpflanzen ergötzen das Auge. An den weißen Außenwänden der Halle ziehen sich Lorbeern- Orangenbäume, Koniferen und andere Pflanzen hin. Alokasien, Anthurien, Kolokasien, die mannigfachen Vertreter der Aaronstabgewächse, buntblättrige Komdylinen, Peperoneien, Maranten ec. schmücken die Halle in reichster Abwechselung; kurz man weiß nicht, wohin man zuerst seine Blicke wenden soll.
Auch in der Kranzbinderei leistet die Firma Hanisch, die den „Ehrenpreis“ seitens des Preisrichter-Kollegiums zuerkannt erhielt, Außerordentliches. – Wir statten nunmehr der „Bindehalle“ einen Besuch ab.
Kränze, Tafelaufsätze, Kissen, Körbchen, Jardinièren, Kreuze, Bilderrahmen sind in überaus großer Anzahl in geradezu bestrickender Ausstattung zu sehen. Astern, Fuchsien, Nelken, Gladiolen, Rosen, Orchideen, Heliotrope ec. sind hier benutzt worden, um zu Kränzen, Tafelaufsätzen ec. künstlerisch verarbeitet zu werden. Die Firmen P. Anders, Geschw. Bernack, Fr. Eichstädt, W. Scheit, C. Otto Fischer, Aug. Schumann, E. Uhlich, Fr. Senke ec. liefern wahre Wunder der Bindekunst und zeigen, daß Leipziger Gärtner Künstler sind. – Tafelarrangements, Triumphwagen, Pfeifenständer ec. ziehen das Publikum in großen Schaaren heran, und Ausrufe des Entzückens wurden oft so laut, daß man glaubte, in einer Volksversammlung zu sein. – Arrangements aus getrockneten Blättern und Blumen haben in geschmackvoller Weise ausgestellt die Firmen Frau E. Kröber-Königsberg, Fr. Lauenroth-Aschersleben. – Die Edelweiß-Arrangements der Firma E. Städter, Edelweiß-Züchterei in Altenberg im Erzgebirge, finden allgemeinen Anklang. In der Abtheilung für konservirte Blumen bewundern wir lange Zeit einen Spiegel, dessen Rahmen, Farne, Gräser, Moose, Stechpalmen ec. goldkäferartig bronzirt sind. Der Verfertiger dieses Schmuckstückes ist Herr Ferd. Tschau-Wandsbeck. – Die Gärtnerei Hübner-Berlin exzellirt mit einem Riesen-Grabkranz, gewunden aus weißen Rosen, Lorbeerblättern, Palmen, Farne und fast schwarzen Malvenblüthen, durchflochten mit Flor und gekrönt durch ein weißes Blumenkreuz.
Die Firma Otto Mann in Leipzig-Eutritzsch führt uns ihre reichhaltigen Blumenzwiebel-, Samen- und Gemüse-Sortimente in geschmackvoller Weise vor. Wahre Riesen von Gurken können wir hier schauen; außerordentlich entwickelte Kohl-, Kohlrabi-, Rüben-, Salat- und Zwiebelpflanzen ec. erregen unsere Bewunderung. Mann‘sche Schweizerhäuschen ist im Innern harmonisch geschmückt mit prächtigen Gladiolen, Eriken, Fichten und Faren. Auch Alpen- und Staudengewächse, Cannas, verschiedene Sonnenblumen, Zwergpalmen, ausländische Sumpf- und Teichgewächse, ferner herrliche rothe, grüne, gelbe Hahnenkamm- Pflanzen, japanische Pracht-, Riesen-, Goldband- und andere Lilien hat diese Firma in reichster Abwechselung ausgestellt. – Doch weiter geht unsere Wanderung und wir betreten einen Weg, der über eine geschmackvoll angelegte, zierliche Brücke führt; wir gelangen zu einer Grotte, die Herr Weiße aus Kamenz in Sachsen mit Koniferen bepflanzt hat. Ueber der Grotte erhebt sich ein Pavillon, der von den Herren Zimmermeistern Bastänier und Schumann erbaut worden ist. Verschiedene urwüchsige Gnomengestalten und listige Füchse aus Terracotta tragen zur Belebung dieser Anlage bestens bei.
Viele Besucher strömen dem Wintergarten von Herrn Friedrich Mosenthin in Leipzig-Eutritzsch zu. Hier hat die Privatgärtnerei des Herrn Geh. Rath Gruson in Magdeburg ihre Spezialitäten aufgestapelt. Einen überraschenden Anblick gewähren die Erd-Orchideen; ferner bewundern wir Agaven, Anthurien, Caladien, Crotons; reizend sind Croton „Marie von Armin“ und Croton „Brillantine“. Oben an der Wand des Wintergartens finden wir Baum-Orchideen, Philodendron, Pandanus etc.; Anthurium crystallinum entzückt uns durch ihre dunkeln, sammtschimmernden Blätter, welche Rippen besitzen, die wie Krystalle schimmern. Schöne Georginen hat die Firma Hablentz & Engelmann in Zerbst ausgestellt, in deren Nähe die hoch angesehene Firma Albert Wagner aus Leipzig-Gohlis ihre Spezialitäten uns vorführt. Hier sehen wir Koniferen aller Art, Zypressen, Ziertannen, Zierkiefern, Fichten, Lebensbäume, Eibenbäume ec. In Erstaunen setzen uns durch Größe und Schönheit die Palmen und Kübel-Lorbeerbäume. Die Cycas revoluta, die Feder- oder Trauerpalme genannt, hatte auf einem einzigen Triebe 112 Wedel hervorgebracht. Auch ein Apfelsinen-Topfbäumchen, Citrus sinensis, mit orangefarbenen Früchtchen, bemerken wir hier. Der sogenannte Neuseeländ‘sche Flachs, Phormium tenax, ist ebenfalls vertreten. Die Neuseeländer brauchen die Blätter dieser Pflanzengattung zu Decken, Matten, Kleidern, Seilen. In Europa wird die Pflanze öfters als Dekorationspflanze in Kübeln (zur Verzierung von Terrassen) gezogen. Aukuben, Epheupyramiden, Wistaria oder Glycine, ein wohlriechendes, schön blaues Klettergewächs, und noch vieles Andere können wir hier sehen. Nur ungern trennen wir uns von diesen herrlichen Gewächsen und Pflanzen, doch für heute sei unsere Wanderung beendet. [2]
Von Direktor Hermann Krätzer in Leipzig. Mit 2 Abbildungen.
[1] Die Natur. Zeitung zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntniß und Naturanschauung für Leser aller Stände. G. Schwetschke’scher Verlag, Halle (Saale), Dr. Karl Müller, Dr. Hugo Roedel (Hg.) vom 30. September 1893, 42. Jahrgang, Nr. 40, S. 472 f.
[2] Die Natur. Zeitung zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntniß und Naturanschauung für Leser aller Stände. G. Schwetschke’scher Verlag, Halle (Saale), Dr. Karl Müller, Dr. Hugo Roedel (Hg.) vom 14. Oktober 1893, 42. Jahrgang, Nr. 42, S. 493-496.