Aus der Presse – Umgestaltung des Krystallpalastes wegen Alberthalle

Wir haben schon mehrfach unsere Leser im Allgemeinen mit der großartigen Umgestaltung bekannt gemacht, welche seit etwa Jahresfrist in unserem alten Schützenhaus oder, wie es jetzt heißt, in unserem Krystallpalast vor sich gegangen ist. Aus der Darstellung, die wir insonderheit in Nummer 86 unseres Blattes gaben, wird man bereits ein Bild von Demjenigen empfangen haben, was der Krystallpalast in Zukunft seinen Besuchern darzubieten im Stande ist und welche hervorragende Stellung derselbe nicht nur unter den Vergnügungs-Etablissements unserer Stadt, sondern unter denjenigen des gesammten Continents einnehmen wird. Wir bemerkten damals, daß wir auf diese glänzende Neuschöpfung und ihre Einzelheiten zurückkommen würden, wenn dieselbe in dem Stadium ihrer Vollendung angelangt sein werde. Nun, dieser Zeitpunct ist jetzt herbeigekommen, mit dem Osterfest ist die Stunde erschienen, in welcher der Circus-Neubau des Krystallpalastes und Alles, was damit im Zusammenhang steht, in festlicher Weise eröffnet und seiner Benutzung übergeben werden wird. Es ist daher unsere Aufgabe, die früheren allgemeineren Mittheilungen durch eine in das Einzelne eingehende Schilderung des Neugeschaffenen zu ergänzen. Der Besucher unserer Stadt wird sich, wenn er, von der Goethestraße kommend, die Promenade überschreitet und sich nach dem Dresdner Bahnhof wendet, von einem überraschend eigenartigen Bilde gefesselt sehen, das am nordöstlichen Horizonte dem Blick sich bietet. Ein mächtiger Kuppelbau steigt in gewaltigen Dimensionen empor, hohe, große Fahnenstangen bezeichnen die vorspringenden Ecken und ein schlanker Thurmbau, bekrönt von einem gigantischen kugeltragenden Atlas, setzt sich auf die in ihren Formen riesige Rotunde. Dieser Bau, welcher hier seine scharfe Silhouette an den Himmel zeichnet, ist der neue Circus oder die Alberthalle. Vor Allem erscheint es rühmens- und bewunderungswerth, daß diese mit dem Aufgebote großer Arbeitskräfte begonnene und vollendete Schöpfung, welche sich in Plan und Gedanken weit über ähnliche Bauwerke der Gegenwart erhebt, in so kurzer Zeit hat durchgeführt werden können, denn zwischen Idee und Verwirklichung, zwischen Spatenstich und Vollendung des Baues liegt nicht ein Jahr. Welche riesengroße Aufgaben galt es innerhalb dieser Zeit zu bewältigen, welche Summe von Arbeit gehörte dazu, um das Unternehmen sowohl im Großen und Ganzen in Angriff zu nehmen, als es auch praktisch im Einzelnen zu verwirklichen und den großen Aufgaben gemäß zu gestalten, welche für das Werk von vornherein gestellt waren. Unumwunden und mit dem Ausdruck vollster Anerkennung des Geleisteten muß in erster Linie den Verdiensten des Herrn Eduard Berthold Dank gezollt werden; der scharfe und praktische, auf das Werdende und weniger auf das Bestehende in unserer Stadt gerichtete Blick dieses Mannes ließ jetzt schon eine Metamorphose des Krystallpalastes entstehen, die früher oder später sich dringend erforderlich gemacht haben würde und die unserm immer mehr zur wirklichen Großstadt sich entwickelnden Leipzig mit seinen Monumentalbauten entschieden zur Zierde gereicht. Als das Project des Krystallpalastes ins Leben trat, als das ehemalige Schützenhaus sich zu einer, alle früheren localen Eigenschaften des Hauses beseitigende Umwandlung erhob, da staunte schon Leipzig ob der Kühnheit dieses Plans und des Umfanges der neuen Räume, die, wie Pessimisten, an denen bekanntlich in Leipzig kein Mangel ist, meinten, über das Maß der erreichbaren Frequenz zugeschnitten worden seien. Einige wenige Jahre haben genügt, darzuthun, daß jener Plan, welcher die Zukunft discontirt, sich in richtiger Würdigung der Verhältnisse dem steigenden Wachsthum unserer Stadt anschmiegt, daß der Gesellschaftsverkehr in jenen Räumen sich zu einer Ausdehnung erhob, die heute schon von Jedermann als selbstverständlich erachtet wird. Die jüngste Erste internationale Ausstellung für Volks-Ernährung und Kochkunst konnte zugleich die erfreuliche Thatsache bekräftigen, daß Ausstellungen umfassendster Art und mit den vielseitigsten Anforderungen verbunden mit einem Schlage in Leipzig unter Dach und Fach gebracht werden können, ohne daß sich die Herstellung kostspieliger Bauten nöthig erweist. Das Wort über dem Giebelfeld des ehemaligen Schützenhauses: „Laboris industriis civibus requies“, einst bescheiden ausgesprochen in Hinblick auf die Verhältnisse des Hauses, es wird zur verlockenden Einladung für Leipzigs ganze Bürgerschaft. Das Citat aus Schiller: „Raum für Alle hat die Erde“, krystallisirt sich, angepaßt auf communale Verhältnisse, in unserem Krystallpalast, als dessen gegenwärtiger Mittelpunct die 30 Meter hohe Alberthalle, ein Bau von großartiger Wirkung, zu bezeichnen ist. Der Besucher des Etablissements hat, wenn er von der Wintergartenstraße kommt, die Wahl zwischen drei Eingängen. Sie alle bezwecken vermittelst der geschaffenen, in directer Verbindung mit der Alberthalle und dem Diorama stehenden Colonnaden die Erzielung eines glatten und sich rasch entwickelnden Verkehrs. Jene mit Oberlicht versehenen Colonnaden, die rechts und links vom alten Hause liegen und von denen die linke eine Reihe von Verkaufsgewölben aufnimmt, schließen in ihren Baulichkeiten nicht weniger als sechs Kegelbahnen ein. Von diesen liegen vier nach Osten (die Asphaltbahnen: Germania- und Lipsiabahn und eine Doppelbahn, sowie die Tennenbahn Saxonia), während auf der westlichen Seite im linken Durchgang sich die Moltkebahn und die spitzwinkelig zulaufende Bismarckbahn befinden. In dieser Abtheilung des Einganges sind auch die großen Kellereien eingerichtet worden, deren das Etablissement für seinen so ausgedehnten Wirthschafts-Betriebe bedarf. Nach beiden Durchgängen hin ist zugleich vom Corridor des Hauses aus ein bequemer Eintritt geschaffen worden, so daß die Bewegung des Einzelnen, selbst bei Andrang großer Massen, nirgends gehemmt sein wird, ein Princip, das überall auf das Sorgfältigste zu Gunsten des Verkehrs, der sich in den Gesammträumen entwickeln soll, seine Durchführung gefunden hat. Die an den Parterresaal grenzende, bedeutend erweiterte Mittelcolonnade erhält unter der Estrade zwei große Buffets; vermöge ihrer praktischen Anlage versorgen die letzteren sowohl den Parterresaal als auch die Colonnade und den Garten. Hier wird das Bier der Leipziger Bierbrauerei von Riebeck & Co., das Franziskanerbräu von Jos. Sedlmayr in München direct vom Faß verzapft und auch Freiherrl. von Tucher‘sches Bier gereicht. Von diesem Ausganqspunct des Krystallpalastes genügen wenige Schritte für den Besucher, um sofort in den Garten zu gelangen, der in einem noch ganz bedeutenden Umfange erhalten geblieben ist und mit dem Eintritt günstiger Jahreszeit ein prächtiges Gewand annehmen wird. In monumentaler Schöne erhebt sich am nördlichen Ende des Gartens die Albert-Halle in ihrer kräftig gegliederten, architektonischen Form; es ist nicht ein Bau, teleskopartig in die Höhe geschoben, in kahler Einfachheit als gigantische Masse – sondern ein Kunstwerk im edlem Stil, äußerlich plastisch und malerisch wirksam ausgestattet. Auf dem massiven Fundament dieses Steinkolosses wölbt sich die ganz in Eisenconstruction gehaltene … Weiterlesen

Aus der Presse – Die neue Alberthalle des Krystallpalastes

Wir haben von Zeit zu Zeit unseren Lesern Kenntnis gegeben von den großartigen Umgestaltungen, an denen in unserem größten und vornehmsten Vergnügungs-Etablissement, im Krystallpalast, seit länger als Jahresfrist gearbeitet wird. Waren wir schon früher auf Grund der genialen Entwürfe zu den Neubauten im Stande zu behaupten, daß mit deren Verwirklichung Leipzig eine Sehenswürdigkeit allerersten Ranges, wie sie in Deutschland kaum zum zweiten Male gegenwärtig vorhanden sein dürfte, erhalten würde, so können wir heute, wo das neue Unternehmen greifbare Gestalt angenommen hat und sich in seinem außerordentlichen räumlichen Umfange, in seinem äußeren und inneren Glanze fast vollendet dem Auge darstellt, der Freude darüber Ausdruck geben, daß in unserer Stadt etwas geschaffen worden ist, um das uns viele andere Großstädte beneiden dürften. Der neue Circusbau im Krystallpalast, an dessen mächtigem Portal mit goldenen Buchstaben der Name „Albert-Halle“ prangt, ist nun soweit fertig, daß seine festliche Eröffnung bestimmt für den 1. Osterfeiertag, den 10. April, in Aussicht genommen ist. Zur Stunde wird allerdings von einem halben Tausend Menschen, welche den verschiedensten gewerblichen Berufen angehören, noch fieberhaft an der Vollendung des großen Neubaues gearbeitet, und das Ganze glich heute, als wir ihm einen Besuch abstatteten, der Thätigkeit eines Ameisenbausens, indessen der energische Wille, welcher zu dieser Schöpfung den Impuls gegeben hat, und die Tüchtigkeit der ausführenden Kräfte bürgen dafür, daß der Eröffnungstermin pünctlich eingehalten werden wird. Es ist nicht unsere Absicht, heute schon eingehende Schilderung des Neugeschaffenen zu geben, dazu wird in den Tagen vor der Eröffnung die rechte Zeit sein. Wir beschränken uns daher lediglich auf einige allgemeinere Mittheilungen, welche soweit das nöthig ist, den Gesammtcharakter des neuen Baues erkennen lassen. Der Circus oder die „Albert-Halle“ besteht aus zwei Haupttheilen, aus dem gewaltigen Circus- und Concertraum und aus dem im Kuppelbau darüber befindlichen Ausstellungsraum, der von Meisterhand hergestellten, bereits mehrfach erwähnten Dioramabilder. Macht die Albert-Halle schon durch ihre äußeren edlen und stilvollen Formen einen gewinnenden und imposanten Eindruck, so ist der Anblick des großen inneren Raumes, wenn man durch das Portal und das Foyer im denselben tritt, durch seine riesenhaften Dimensionen und die geschmackvolle Eleganz, die überall entwickelt ist, geradezu ein überwältigen, denn Nirgends beeinträchtigt eine Säule oder irgend etwas Anderes den vollen Ausblick und in diesem Umstande, daß der Riesenraum vollständig ohne Säulenbildung ist, liegt hauptsächlich die großartige Wirkung auf das Auge. Dazu tritt die glänzende Erscheinung der mit prächtigen Malereien verzierten, ringsherum nach dem Mittelpunct in der Höhe schräg aufsteigenden Decke und die elegante Ausstattung der verschiedenen Sitzreihen, die sich in üblicher Art amphitheatralisch erheben und überall bequeme Zugänge haben. Insonderheit die Logen gewähren einen vorzüglichen Aufenthalt, doch auch die anderen Ränge stellen das, was bisher in den aus Holz gebauten Circus geboten war, bedeutend in den Schatten. Die Hauptsache aber ist, daß nunmehr durch die völlig massive Bauart – die Albert-Halle besteht nur aus Stein und Eisen – jede Feuersgefahr für das Publicum ausgeschlossen ist. Bei der Benutzung der Albert-Halle zu Circuszwecken sind 3500 Plätze vorhanden, während dieselbe bei großen Concerten und dergleichen, wo der Manegeraum zu ebener Erde mit dazu verwendet werden kann, 4000 Personen bequem Unterkunft darbietet. Als sehr vortheilhaft müssen wir ferner die Einrichtung des Foyers, welches gegen Zug vollständig geschützt ist, und das Vorhandensein eines genügend großen Buffetsaales bezeichnen. Die Erwärmung sämmtlicher Räume geschieht, wenn sie nöthig ist, durch Dampfheizung nach einem bewährten System, die Beleuchtung durch elektrisches Licht, zu dessen Erzeugung eine neue Dampfmaschine von 180 Pferdekräften in einem besonderen Maschinenraum ausgestellt ist. Große Sorgfalt ist auch auf die Herstellung und Einrichtung der Pferdestallungen verwendet worden, die dem kostbaren Material an Pferden, welches in sie eingestellt wird, in jeder Beziehung Sicherheit gegen Gefahren bieten dürfte. Um weiter zu illustriren, wie umfangreich die Räume der Albert-Halle sind, führen wir an, daß besondere Säle für das Balletcorps, für die Anfertigung der Garderobe der auftretenden Künstler und Künstlerinnen, für Restaurationszwecke ec. vorhanden sind. Auch die Räume im bisherigen Krystallpalast haben vielfache Umgestaltung erfahren und erwähnen wir in dieser Beziehung vor Allem die beiden großen Eingänge zur Albert-Halle, welche von der Vorderfront, von der Wintergartenstraße aus, geschaffen worden sind. Die nicht leichte Aufgabe, einen bequemen und vortheilhaften Zu- und Abgang der Massen von Menschen, welche die Albert-Halle besuchen werden, ist durch die breiten und mächtig langen Colonnaden, welche von der Straße aus links und rechts dahin führen, in glücklicher Weise gelöst. In die Colonnaden sind Geschäftslocale eingebaut, ähnlich denjenigen in den Passagen in der inneren Stadt, und man wird daselbst Mancherlei, wie Cigarren, Blumen, Handschuhe und dergleichen mehr kaufen können. Rechts und links von der Albert-Halle laufen in der Höhe eines Stockes große Plateaus aus, welche im Sommer angenehmen Aufenthalt zum Anhören der Garten-Concerte darbieten werden. Der Krystallpalastgarten selbst ist größer als früher geworden und wird für seine Zwecke zur rechten Zeit von tüchtiger, fachverständiger Hand in Stand gesetzt werden. Um eine unterbrochene Circulation nach der Albert-Halle zu ermöglichen, ist die große Musikhalle im Garten etwas weiter vorgerückt worden und erstreckt sich die linksseitige Parterre-Colonnade hinter dieser Halle direct bis zur Albert-Halle. Für die Kegelgesellschaften wird die Notiz von Interesse sein, daß im Krystallpalast nunmehr sechs vorzügliche Kegelbahnen, welche sämmtlich den Ansprüchen der Neuzeit gemäß eingerichtet sind, sich vorhanden finden. Kein Geringerer als der Altmeister Renz wird mit seiner Elitetruppe am Ostersonntag den Circus in der Albert-Halle eröffnen und wie wir vernehmen, sind von ihm aus Anlaß des festlichen Ereignisses ganz besonders glänzende Zurüstungen getroffen. Es ist lange Zeit her, daß dieser berühmte Vertreter der Reitkunst mit seiner Gesellschaft nicht nach Leipzig gekommen ist – mit um so größerem Interesse wird daher seinem Auftreten in dem neuen glänzenden Hause entgegengesehen werden können. Dem Krystallpalast aber und der neuen Albert-Halle rufen wir schon heute aus Anlaß dessen, was sie dem Publicum darbieten werden, ein fröhliches „Glück auf!“ zu. Die neue Albert-Halle, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Sonntagausgabe vom 27. März 1887, S. 1729.

Aus der Presse – Eröffnung der Sommer-Oper im Krystallpalast

Ging aus einer vor einigen Tagen abgehaltenen Probe zur „Weißen Dame“ bereits deutlich hervor, daß das Theater-Unternehmen der Herren Schulz und Brede künstlerische Ziele verfolgt, so entsprach der Erfolg der ersten, gestrigen Vorstellung dieser Oper nicht nur den gehegten Erwartungen, sondern übertraf dieselben in allen Beziehungen bei Weitem. Das ohnedies berühmte Etablissement hat somit vorläufig für die Sommermonate eine Vervollständigung erfahren, die geeignet ist, dasselbe nicht blos als Erholungsort für Diejenigen erscheinen zu lassen, die sich einige Stunden in freier Luft erfrischen und unterhalten wollen, sondern auch für diejenigen, die Genuß in der anregenden und bildenden Unterhaltung durch gute Opernmusik finden. Die Wahl der Boieltien‘schen Oper „Die weiße Dame“ zur Eröffnungsvorstellung kann mit Recht eine sehr glückliche genannt werden, schon insofern, als dieselbe verschiedene Partien enthält, die zu den „dankbaren“ gehören, abgesehen davon, daß die Oper überhaupt ihres Melodienreichthums wegen zu den allerbeliebtesten zählt. Kommen wir zunächst auf die einzelnen Leistungen, so verdient vor allen Dingen Herr Milenz als George Brown vollste Anerkennung. Die Stimme ist von leichter Ansprache, sehr gut gebildet, überall wohlklingend und sympathisch, dabei frisch und ausdauernd, das Spiel natürlich und angemessen. Herr Milenz, der gleich mit seiner ersten Arie: „Ach, welche Lust, Soldat zu sein!“ vollen Erfolg hatte, bewährte sich auch in allen übrigen Solo- und Ensemble Nummern aufs Beste und errang sich lebhaften Beifall. Zu theilen hatte er letzteren mit Fr. Steinmann-Lampé (Anna), deren Erscheinung ebenso wohl wie Gesang und Auftreten vollste Sympathie forderte und fand. Frau Steinmann-Lampé verfügt über eine sehr fonore, in allen Lagen gut ausgeglichene Stimme, die auch in den Koloraturen der Leichtigkeit nicht entbehrt; die Intonation war von makelloser Reinheit, der Ausdruck und die Vortragsart eine durchaus gewählte und noble. Herr Geleng als Dikson und Frl. Sauer als Jenny fanden sich mit ihren Partien im Ganzen ebenfalls befriedigend ab; Frl. Sauer, deren Intonation bisweilen zu wünschen übrig ließ, entschädigte dafür durch recht hübsches Spiel und durch ihre an und für sich klangvolle Stimme. Frl. Dorn als Margarethe, sowie Herr Eichberger als Friedensrichter Mac-Irton boten gleichfalls recht Anerkennenswerthes in ihren kleinen Partien, und genügten den Ansprüchen, die man an eine Sommeroper zu stellen berechtigt ist. Durch seine geradezu kolossalen Stimmmittel, sowie durch kräftige Darstellung zeichnete sich Herr Hennig als Gaveston aus. Als der Höhepunct der ganzen Vorstellung ist der zweite Act zu bezeichnen, der in lebendiger Darstellung und in den gesanglichen Leistungen der Hauptpersonen nichts zu wünschen ließ; als ganz besonders ausgezeichnet muß die Cavatine „Komm, o holde Dame“, mit dem darauf folgenden Duett, an welchem neben Herren Milenz Frau Steinmann betheiligt war, sowie die ganze Versteigerungsscene, an deren Erfolg Herr Hennig nicht geringen Antheil hatte, erwähnt werden. Die Oper fand unter der sicheren Leitung des Herrn Capellmeister Steinmann statt, dessen Verdienst es auch ist, daß die Chöre im Allgemeinen so correct gingen, wie man es bei einer ersten Aufführung mit lauter neuen Kräften nur irgend erwarten konnte. Das Orchester hielt sich gleichfalls recht wacker, kleine Unreinheiten in den Blaseinstrumenten abgerechnet, die auch wohl anderwärts vorkommen. Zu erwähnen bleibt noch, daß auch die äußere Ausstattung eine recht hübsche und effectvolle war und daß das Publicum der Vorstellung warme und gerechte Anerkennung zollte, indem es die Hauptdarsteller sowohl auf offener Scene als auch bei den Actschlüssen durch lebhaften Applaus und durch Hervorrufe auszeichnete. Möge dem neuen Unternehmen, das sich so gut einzuführen verstanden hat, das rege Wohlwollen des Publicums erhalten bleiben! Von G. Schlemüller, Leipzig 22. Mai 1884. Eröffnungsvorstellung der Sommer-Oper im Krystallpalast-Theater, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 23. Mai 1884. Freitag, S. 2789

Aus der Presse – Der neue Krystallpalast in Leipzig

Wer in früherer Zeit nach Leipzig kam und nicht gerade ein Hypochonder und abgesagter Feind aller Lebensgenüsse war, der versäumte nicht, das sogen. Schützenhaus zu besuchen, welches sich als ein Vergnügungsinstitut ersten Ranges einen weitverbreiteten Ruf erfreute. Infolge ungünstiger Zeitverhältnisse und verfehlter Speculationen verlor jedoch das altrenommirte Etablissement immer mehr von seiner einstigen Zugkraft, und endlich, nachdem eine Feuersbrunst im verflossenen Jahr einen Theil desselben, das Trianon, in Asche gelegt hatte, schien es mit der Existenz des Schützenhauses überhaupt zu Ende zu sein. Da brachte ein gewandter energischer Unternehmer, Hr. Eduard Berthold, das Schützenhaus käuflich an sich und ließ im Anschluß an das alte ein neues Etablissement, den „Krystallpalst“, entstehen, welcher am 16. April während der diesjährigen Ostermesse dem Publikum seine Pforten öffnete. Der nach dem Plan eines jungen Architekten, des Hrn. C. Planer, und unter dessen Leitung in kürzester Frist fertig gestellte Neubau ist großentheils aus Glas und Eisen ausgeführt und rechtfertigt somit seinen Taufnamen. Die unmittelbar mit den Sälen des frühern Schützenhauses verbundenen Neubauten des Krystallpalastes zerfallen in den großen Parterresaal, welcher Restauration, Wiener Café und ein kleines Theater enthält, und in den mit Galerien und reicher Ornamentik geschmückten Haupttheater- und Musiksaal, welcher, von azurblauer Glaskuppel überwölbt, sich in großartigen Dimensionen ausdehnt. Auf der geräumigen Bühne, die derselbe enthält, werden kleine Lustspiele, Operetten, Ballets u. f. m. aufgeführt und geben Salonkünstler aller Art ihre eleganten Productionen zum besten. Die artistische Leitung des Theaters und die der beiden Hauskapellen, welche allabendlich concertiren, ist bewährten Kräften anvertraut. Unter dem Parterresaal befindet sich eine Centralheizung, durch welche die großen Säle und Nebenräume bei dem Kältegrad bis zu 20 Grad und mehr erwärmt werden können. Diese Centralheizung ist nach bestem System mit kräftiger Ventilation angelegt, welche noch durch einen turbinenartigen großen Ventilator verstärkt werden kann. Derselbe wird gleich der elektrischen Gartenbeleuchtung durch starke Gasmotore in Betrieb gesetzt. Die Beleuchtung des Großen Saals erfolgt durch zwei Grove’sche Sonnenbrenner von je 1760 Normalkerzenstärke, während die übrigen Räumlichkeiten durch Gas erleuchtet werden. Nach der Gartenseite schließen sich an diese Säle Colonnaden und Veranden in ein und zwei Stockwerk-Höhe, die rund um den ganzen Garten gehen. Diese Colonnaden sollen zugleich als Skating-Rink dienen, während die Veranden dem Besucher eine reizende Aussicht auf die neugeschaffenen, abends in effectvoller elektrischer Beleuchtung strahlenden Gartenanlagen gewähren. Dies das Etablissement, welches gewiß allen Anforderungen der Neuzeit entspricht und daher auch seit seiner Eröffnung den Hauptanziehungspunkt für Einheimische und Fremde bildet. Wenn sich abends die strahlenden Theatersäle öffnen, in welchen während der Messe gleichzeitig gespielt und concertirt wird, dann füllen sich die Räume rasch mit fröhlichen Menschen, welche sich von der heitern leichtgeschürzten Muse, die hier das Wort führt, die Alltagssorgen hinwegscherzen lassen. Aber nicht nur dem großen Publikum, sondern auch geschlossenen Gesellschaften bietet der Krystallpalast einen comfortablen Versammlungsort. So wird beispielsweise die erste Privatfestivität, welche in seinen Räumen in Aussicht genommen ist, das große Cantate-Festessen der Buchhändler sein, welches alljährlich zur Ostermesse stattfindet. Möge denn dieses zeitgemäße und von seinem Unternehmer in großartiger Weise geleitete Etablissement, welches der Entwicklung Leipzigs zur Großstadt Ausdruck verleiht und bei dem starken Verkehrswesen der alten Handelsmetropole einem thatsächlichen Bedürfniß entspricht, einer recht glücklichen Zukunft entgegengehen und im Krystallpalast zu Leipzig der Ruhm des alten Schützenhauses wiederaufleben. Der neue Krystallpalast in Leipzig, in: Illustrierte Zeitung Leipzig vom 6. Mai 1882. Band 78, 1. Halbjahr, S. 365-368.

Leipziger Palmengarten – War der schönste Ort der Stadt

Der Leipziger Palmengarten ist in vielerlei Hinsicht mit der Entstehungsgeschichte des Clara-Zetkin-Parks und der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung von 1897 verbunden. Sie war mit mehr als zwei Millionen Besuchern und über 3.000 Ausstellern die größte Ausstellung, die Leipzig und Sachsen bis dato erlebt haben. Nach Ende der Ausstellung wurden alle Gebäude wie Ausstellungshallen, Pavillons und Restaurants bis 1898 zurückgebaut und das Gelände bis 1904 in einen öffentlichen Park umgewandelt, der nach dem sächsischen König den Namen König-Albert-Park erhielt. Ein Großteil der heutigen Wegführung des Clara-Zetkin-Parks geht auf den Grundriss des damaligen Ausstellungsgeländes zurück. Beim Rückbau wanderten Teile der Ausstellung in den Aufbau des Palmengartens, so dass dieser schon im April 1899 feierlich eröffnet werden konnte. Das Gelände des Palmengartens westlich des heutigen Elsterflutbeckens war bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein großflächiges Weideland. Nach Lindenau kam man von Leipzig aus nur über einen schmalen Damm über die sogenannten Frankfurter Wiesen, die häufig von Hochwasser überschwemmt waren. Für eine internationale Gartenbauausstellung vom 25. August bis zum 5. September 1893 wurde das Gebiet im Norden von der heutigen Jahnallee am Westufer der Elster-Pleißen-Aue anlässlich des 50. Jubiläums des Leipziger Gärtnervereins trockengelegt. Die Gestaltung der Anlage übernahm der Landschaftsarchitekt und Vorsitzende des Gartenvereins Otto Moßdorf. „Die Gartenlaube“ sprach seinerzeit sogar von einem landschaftlich außerordentlich reizvoll gestalteten Lustgarten. Bereits in der Festrede zur Eröffnung der Gartenbauausstellung regte der damalige Oberbürgermeister Georgi an, dieses Areal zu einer ständigen Erholungsstätte für die Leipziger Bürger weiterzuentwickeln. Er kannte den Frankfurter Palmengarten gut und die Leipziger Bürger sollten ebenso in den Genuss der vormals so ausgeprägten Leipziger Gartenkultur kommen. Er konnte 60 finanzstarke Leipziger für die Idee eines „Palmengartenprojekts“ gewinnen. Ein Aufruf in der Tagespresse zum Erwerb von Aktien für den Bau des Palmengartens erbrachte innerhalb von vierzehn Tagen über 350.000 Euro. Auch die Stadt Leipzig beteiligte sich an dieser Aktiengesellschaft. Ein Wettbewerb zur Gestaltung der geplanten Anlage wurde danach ausgelobt. Diesen konnte der Lindenauer Otto Moßdorf zwar nicht gewinnen, aber er wurde mit der Realisierung des Siegerentwurfs beauftragt, der sich sehr stark am Frankfurter Palmengarten orientierte. Damals wie heute umfasst der Park ein Areal von 22,5 Hektar. Die Hauptwege des Parks lassen sich noch auf die Zeit seiner Entstehung zurückführen. Der Park hatte zwei Eingänge – einen im Norden, an der Frankfurter Straße, der heutigen Jahnallee, und einen im Süden, an der Plagwitzer Straße, der heutigen Käthe-Kollwitz-Straße. Beide Eingänge waren mit rotem Backstein und schmiedeeisernen Toren gestaltet. Die Straßenbahn brachte die Besucher über die Frankfurter Straße bequem direkt bis vor den Park. Wer am Kassenhäuschen den Eintritt bezahlt hatte wurde von einem großflächig angelegten Teppichbeet mit arrangierten Blumenbeeten empfangen. Dahinter war ein palastähnliches Gesellschafts- mit integriertem Palmenhaus zu sehen. Zur Linken befand sich das Konzertgelände mit einem muschelförmigen Konzertpavillon für verschiedenste Aufführungen lokaler und regionaler Orchester für tägliche Vorstellungen. Um die Jahre 1900 kostete ein Tagesticket für den Leipziger Palmengarten nach heutigem Gesichtspunkten genauso viel wie ein Tagesticket für den Belantis Freizeitpark. Entlang des Gesellschaftshauses befanden sich viele Freisitze mit Gastronomieangeboten. Auf einem nahegelegenen Spielplatz konnten Kinder von ausgebildeten Kindergärtnerinnen betreut werden. Der Weg führte vorbei an verschiedenen Skulpturen zum großen Weiher hin, an dem Boote ausgeliehen werden konnten. Von dem auf einem Hügel erhöht stehenden Pavillon aus bot sich ein fantastischer Blick zurück über den Teich zum Palmenhaus. Die Wasserfläche war damals größer als wir sie heute kennen und reichte im Süden bis zu einer seit 1893 bestehenden Grotte mit künstlichem Wasserfall. Zum heutigen Klingerhain führte der Weg zur Plagwitzer Straße über die Vier-Jahreszeiten-Brücke. Diese war sehr wahrscheinlich erst für den Palmengarten errichtet worden, um beide Parkbereiche miteinander zu verbinden. Die vier Figuren an den Brückenenden, die die vier Jahreszeiten symbolisieren, sind heute noch sehr gut erhalten. Trat man am Südeingang aus dem Palmengarten hinaus, befand sich zur Linken das Karl-Heine-Denkmal, das erst später auf die andere Straßenseite versetzt wurde. Die Hauptattraktion des Leipziger Palmengartens war das palastartige Gesellschaftshaus mit dem angegliederten Palmenhaus, das dem Park seinen Namen gab. Der prachtvolle historistische Bau empfing die Besucher, die den Park vom Haupteingang an der Frankfurter Straße her betraten. Das Gebäude bestand aus einem quadratischen vorderen Teil und einer nach Süden daran anschließenden 60 m langen gläsernen Halle, in welcher exotische Bäume und Pflanzen gezeigt wurden. Vier Türme von je 30 m Höhe krönten die Ecken des Gesellschaftshauses. Die Architekten des Gesellschaftshauses waren die Leipziger August Hermann Schmidt und Arthur Johlige. Beide hatten bereits für die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung von 1897 die monumentale Industriehalle entworfen. Nun konnten nach Rückbau dieser Ausstellung Bauteile für das in ähnlichem Stil gehaltene Gesellschaftshaus im Palmengarten verwendet werden. Das Gesellschaftshaus bestand aus einem riesigen zentralen Festsaal und verschiedenen kleineren Sälen, in denen auch Jugendstilelemente verwendet wurden. Die kleineren Säle trugen Namen wie Roter Saal, Spiegelsaal, Weißer Saal. Der 15 m hohe große prunkvolle Festsaal verfügte über eine Galerie und war mit vier riesigen Kronleuchtern geschmückt. Im Gesellschaftshaus sorgte ein Restaurantbetrieb für das leibliche Wohl – eine „Gastwirtschaft 1. Ranges“. Die bestens ausgestattete Küche genügte höchsten Ansprüchen. Die Leitung hatte der international renommierte Kochkünstler Alfred Harrer inne, der Referenzen aus vornehmsten Hotels und Lokalen vorweisen konnte. Bei schönem Wetter wurde auch eine große Terrasse zum östlichen Hauptweg hin mitbetreut. Darüber hinaus soll es im Gebäude auch eine Konditorei und einen Weinkeller gegeben haben. Alle Räume konnten für Feierlichkeiten und verschiedenste Veranstaltungen gemietet werden. Das Gesellschaftshaus war ein wichtiges Zentrum des gesellschaftlichen Lebens in Leipzigs. Hier wurden Firmenfeiern ausgerichtet, Abschlussbälle, Wohltätigkeitsfeste. Veranstalter waren z.B. der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, die Königliche Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe, der B.G. Teubner-Verlag, die Städtische Schule für Frauenberufe, das Rote Kreuz, Leipziger Burschenschaften und viele mehr. Im Februar 1909 gründete sich im Gesellschaftshaus des Palmengartens der Richard-Wagner-Verband Deutscher Frauen, ein Vorläufer des heutigen Richard-Wagner-Verbandes. Im Juli des Jahres 1909 feierte die Universität Leipzig ihr 500-jähriges Jubiläum im Palmengarten mit einem Festabend. Im großen Saal waren an festlich gedeckten Tischen über 800 Gäste versammelt. Das Palmenhaus mit einer Vielzahl an exotischen Gewächsen war vom Gesellschaftshaus durch eine 15 m hohe Glasfront abgetrennt, durch die man … Weiterlesen

Gespräch mit Experten – Daniela Neumann zum Palmengarten

Daniela Neumann forscht seit 2016 zur Geschichte des Leipziger Palmengartens. In Ihren Rundgängen durch die Parkanlage vermittelt sie die fast vergessene Kulturgeschichte der einst „vornehmsten Erholungsstätte“ in Leipzig. Nicht viele Leipziger kennen die Anfänge und das Ende des Palmengartens. Im Interview zählt sie Gründe auf, warum es lohnenswert ist, die alte Parkanlage bei einem Rundgang neu kennenzulernen. Frau Neumann, Sie beschäftigen sich sehr intensiv und leidenschaftlich mit der Geschichte des Leipziger Palmengartens. Wie kamen Sie dazu? Ich wohne und arbeite in der Nähe der Parkanlage und irgendwann ist mir der Begriff Palmengarten aufgefallen, mit dem ich zunächst überhaupt nichts anfangen konnte. Erst seit 2011 wird ja der Palmengarten auch wieder so genannt, bis dahin war das Palmengartenwehr das einzige, das zumindest vom Namen her noch an die Vorgeschichte der nahe gelegenen Grünanlage erinnerte. 2015 wurden in der Käthe-Kollwitz-Straße die „Villen am Palmengarten“ fertiggestellt, und da habe ich mich dann endgültig gefragt, was es mit dem Palmengarten auf sich hat. Ich begann, im Internet zu recherchieren, landete bei historischen Postkarten und war fasziniert von der prächtigen Geschichte des Palmengartens und gleichzeitig auch überrascht, wie wenig davon doch öffentlich bekannt war. Es macht mir viel Spaß, z.B. auf Postkarten etwas über die frühere Gestaltung des Palmengartens herauszufinden. Inzwischen habe ich schon über 200 verschiedene Ansichtskarten vom Park, aber gewiss gibt es noch viele Dinge, die zu entdecken sind. Mein Interesse am Palmengarten rührt also nicht so konkret vom Palmengarten selbst her, sondern entstand deshalb, weil meine Neugier geweckt war, weil ich mir die Informationen dazu selbst beschaffen musste. Ähnlich geht es mir inzwischen mit dem Clara-Zetkin-Park, der ja aus der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung von 1897 hervorgegangen ist, was heute auch nur wenigen bekannt ist. In dem Sinne gehört meine Leidenschaft eigentlich allen Dingen, die in unserer Stadt geschehen aber zu wenig bekannt sind, und die aus dem Vergessen geholt werden sollten. Sie erwähnten die STIGA 1897, spielte diese bei der Errichtung des Palmengartens eine Rolle? Gibt es noch Relikte aus dieser Zeit im heutigen Palmengarten zu sehen? Konkret zu sehen ist nur noch der eiserne Pavillon auf dem Hügel an dem Teich mit der Fontäne. Ich vermute, dass es sich hierbei um ein Ausstellungsstück handelt, das ursprünglich in einer der Hallen der Gewerbeausstellung gestanden hat, weil ich ihn auf offiziellen Fotos der Außenanlagen nie entdecken konnte. Es gibt aber weitere Zusammenhänge: Die Architekten des Gesellschaftshauses im Palmengarten waren die Leipziger August Hermann Schmidt und Arthur Johlige, die auch für den Entwurf der palastartigen Industrie- und Gewerbehalle, dem Wahrzeichen der Ausstellung von 1897, verantwortlich gewesen waren. Beim Vergleich von Fotos der Bauten lassen sich einige Parallelen erkennen. Durch den Rückbau des Ausstellungsgeländes konnte Baumaterial für das Gesellschafts- und das Palmenhaus wiederverwendet werden. Dem Lindenauer Gärtnermeister Otto Moßdorf, der 1897 an der Gestaltung der Außenanlagen der Gewerbeausstellung beteiligt war, wurde die komplette gärtnerische Gestaltung des Palmengartens übertragen, trotzdem der Sieger der Ausschreibung eigentlich ein Gärtner aus dem Frankfurter Palmengarten war und Moßdorf nur den zweiten Platz belegt hatte. Es ist auffällig, dass bei der Umsetzung diverser „Großprojekte“ damals immer auf die Kompetenz vor Ort zurückgegriffen wurde. Sie sprechen den Frankfurter Palmengarten an. Warum gab es in Leipzig überhaupt den Wunsch, einen Leipziger Palmengarten aufzubauen? Den Palmengarten in Frankfurt gab es seit 1871, und er entstand aus einer privaten Initiative heraus. In Leipzig wurde das Projekt von Bürgermeister Otto Georgi initiiert, der mit einigen Dutzend Mitstreitern eine Aktiengesellschaft zur Errichtung und Betreibung eines Palmengartens gründete. Ich denke, über das Verhältnis der zwei Messestädte Frankfurt und Leipzig muss ich nicht viel sagen. Der Leipziger Oberbürgermeister hatte aber mehr im Blick als nur mit Frankfurt gleichzuziehen, denn die Stadt hatte eine Vervielfachung der Einwohnerzahl zu bewältigen (1871: 107.000, 1899 450.000) und war eine aufsteigende Industriestadt. Der Bedarf an Erholung und Entspannung außerhalb der Fabriken und der engen Stadtmitte, die um die Jahrhundertwende eher einer Großbaustelle glich, war sehr hoch. Das gesellschaftliche Leben der Stadt war sehr vielfältig, es brauchte auch Raum für Veranstaltungen von Vereinen, Unternehmen, Studentenverbindungen, Chören, Logen u.v.a. mehr. Von Vorteil für die Umsetzung der Idee war auch, dass die geplante Fläche durch die Gartenbauausstellung von 1893 bereits größtenteils erschlossen war, und auch die Baumaterialien von der Gewerbeausstellung von 1897 wiederverwendet werden konnten. Man musste sozusagen nicht von Null anfangen. Von Anfang an hat die Stadt Leipzig dem Projekt wesentliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Es ging dem Bürgermeister aber ganz klar auch um die Aufwertung der Stadt als lohnendes Besuchsziel für auswärtige Gäste. Ich habe eine ganze Reihe von Postkarten, auf denen der Palmengarten gemeinsam mit dem Alten Rathaus, der Thomaskirche, dem Mendebrunnen, der Kongresshalle am Zoo und vielen anderen Sehenswürdigkeiten, die wir größtenteils heute noch kennen, abgebildet ist. Der Palmengarten war eine Attraktion nicht nur für die Leipziger. In den 30er Jahren ist z.B. auch der Stummfilmstar Henny Porten im Palmengarten gewesen und hat Autogramme gegeben. Der Park hat aber auch ausländische Besucher angezogen. In meinem Besitz sind Ansichtskarten, die in Englisch, Französisch, Niederländisch und sogar Japanisch geschrieben wurden! Würden Sie sagen, dass die Geschichte des Leipziger Palmengartens vergessen ist? Gibt es Gründe warum wir sie nicht vergessen sollten? Das kommt auf die Perspektive an. Für mich ist sie inzwischen kein Fragezeichen mehr und durch die regelmäßigen Führungen versuche ich meinen Beitrag dafür zu leisten, dass dieses Stück Stadtgeschichte in Erinnerung bleibt. Unbestritten ist das Potential vorhanden, im Park selbst die Vergangenheit ins Heute zu holen. Dabei denke ich nicht zwingend an Informationstafeln, sondern der bisher noch kaum konzeptionell gestaltete Park könnte als Modell für einen ganz modernen Park des 21. Jahrhunderts werden: interaktiv, multimedial. Ich habe zum Beispiel woanders schon Parkbänke gesehen, die auf Knopfdruck Musik spielen oder kleine Räume, in denen man per Augmented Reality in die Kostüme der Zeit schlüpfen kann. Die Aneignung von Geschichte muss nicht langweilig sein. Modernes Ausstellungsdesign kann hier vielfältige Anregungen bieten. Die Stadt Leipzig könnte in die Fußstapfen von Otto Georgi treten und einen Park kreieren, der wieder zum Anziehungspunkt nicht nur für Leipziger sondern auch auswärtige Gäste wird. Das wäre gleichermaßen eine … Weiterlesen

Aus der Presse – Das Ende vom Palmen- und Gesellschaftshaus

Die „Reichsausstellung Gutenberg 1940“ soll auf dem Gelände des Palmengartens errichtet werden. Um Raum für die Ausstellungsbauten zu gewinnen, werden das Palmengarten-Gesellschaftshaus und das Palmenhaus abgebrochen, und an ihrer Stelle wird Leipzigs neue Stadthalle erbaut werden. [1] Die „Reichsausstellung Gutenberg 1940“, die, wie bereits berichtet, unter der Schirmherrschaft von Reichsminister Dr. Goebbels in der Reichsmessestadt abgehalten werden soll, wird auf dem Gelände des Palmengartens errichtet. Um Raum für die Ausstellungsbauten zu gewinnen, werden das Palmengarten -Gesellschaftshaus und das Palmenhaus abgebrochen; an ihrer Stelle soll Leipzigs neue Stadthalle erstehen. Mit dieser Umgestaltung verliert Leipzig eine weltbekannte Stätte gastlicher Geselligkeit. Der Plan, einen Palmengarten nach Frankfurter Muster zu schaffen, wurde vor 40 Jahren anläßlich der Sächsisch-Thüringischen Gewerbe- und Industrieausstellung entworfen. Die Eröffnung erfolgte am 29. April 1899. Die Bälle und Feste im Gesellschaftshaus waren berühmt. Ferner ist, wie auch aus der Beratung des Oberbürgermeisters mit den Ratsherren hervorging, der Ausbau des Messegeländes am Völkerschlachtdenkmal unter Einbeziehung der Straße des 18. Oktober als Prachtstraße und die Errichtung eines Stadions geplant. An der Ausführung des Mittellandkanalprojektes wird die Stadt Leipzig auch weiterhin praktische Arbeit leisten. [2] Wie schon gemeldet wurde, hat Reichsminister Dr. Goebbels die Schirmherrschaft über die Reichsausstellung „Gutenberg“, die 1940 in Leipzig stattfindet, übernommen. Präsident der Ausstellung ist Oberbürgermeister Dönicke, Leipzig. Die Stadt Leipzig setzt sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dafür ein, daß diese Ausstellung ein Ereignis von weltumspannender Bedeutung wird. Sie wird auf dem Gelände des Palmengartens und auf dem Kleinmeßgelände am Cottaweg errichtet. Die beiden Teile des Geländes werden durch eine Brücke über die Frankfurter Straße miteinander verbunden. Im Palmengarten werden Um- und Neubauten vorgenommen, und das Ausstellungsgelände wird eine harmonische Einheit mit den Anlagen des Richard-Wagner- Nationaldenkmals bilden. Während der Ausstellung sinken in Leipzig zahlreiche Fachtagungen statt. Es steht schon jetzt fest, daß Leipzig 1940 eine Ausstellung erlebt, wie sie in dieser Form noch nicht dagewesen ist. [3] In Frankfurt a. M. tagte kürzlich der Ausstellungs- und Messe-Ausschuß der deutschen Wirtschaft in Verbindung mit dem Werberat der deutschen Wirtschaft, vertreten durch seinen Präsidenten Reichardt. Gegenstand der Versprechungen waren die in den Jahren 1939 und 1940 stattfindenden internationalen Ausstellungen. Dabei berichteten Bürgermeister Haake und Geschäftsführer Nickel über den gegenwärtigen Stand der Gutenberg-Reichsausstellung vom Mai bis Oktober 1940 in Leipzig. Bürgermeister Haake wies auf die Tatsachen hin, die Leipzig als Stadt des Buches mit Jahrhunderte alter Tradition die Berechtigung geben, die 500-Jahr-Feiern zur Erfindung der Buchdruckerkunst durch eine Leistungsschau des graphischen Gewerbes aller Kulturstaaten zu krönen. Die Ausstellung soll, wie Bürgermeister Haake weiter ausführte, in erster Linie die Förderung des deutschen Schrifttums und der mit ihm in Verbindung stehenden geistigen Kräfte und wirtschaftlichen Produktionsmittel dienen. Darüber hinaus soll im friedlichen Wettstreit mit anderen Nationen Deutschlands Stellung als Kulturnation in der Welt besonders herausgestellt werden. So wird die Ausstellung einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen die Lügenpropaganda des Auslands leisten. In Erkenntnis der Bedeutung dieser weit über den Rahmen Deutschlands hinausgehenden Ausstellung hat der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Dr. Goebbels die Schirmherrschaft übernommen. Der geschäftsführende Präsident ist der Mitinhaber Devrient der weltbekannten Druckerei Giesecke & Devrient, Leipzig, der als Fachmann in weitgehendem Maße auf die Gestaltung der Ausstellung Einfluß nehmen wird. Die Stadt Leipzig und mit ihr ganz Deutschland werden, so schloß der Bürgermeister, alle Kräfte daransetzen, um durch die Großzügigkeit der Planung die Gutenberg-Reichsausstellung zu einer Weltausstellung des graphischen Gewerbes zu machen. Geschäftsführer Nickel erläuterte an Hand von Plänen die Einzelheiten der Ausstellung. Die gesamte Ausstellungsfläche beträgt über 500 000 Quadratmeter; für die zu erstellenden Hallen sind 60 000 Quadratmeter vorgesehen. Das inmitten der wunderbaren gärtnerischen Anlagen des Palmengartens gelegene Gelände umfaßt auch das Gebiet der Kleinmesse und wird im Osten vom Elster-Flutbecken abgegrenzt. Als Hauptzufahrtsstraße dient die Frankfurter Straße, die die Ausstellung in die nationale Schau und die internationale Schau mit den Sonderschauen und der mit den modernsten Einrichtungen versehenen Tagungshalle teilt. Für die inhaltliche Gestaltung der Ausstellung ist eine glückliche Lösung gefunden worden: Die Zeit vor Gutenberg, Gutenberg und seine Zeit, Der Weg von Gutenberg zu uns,Die Gegenwart. Das Kernstück und zugleich den Beginn der Ausstellung darstellend, ist die historische Halle, in der die berühmtesten Schriftdenkmäler aus den verschiedenen Jahrhunderten gezeigt werden. Ihr schließt sich das Haus des Druckes an, das in Form einer Lehrschau die Entwicklung des modernen Druckverfahrens zeigen wird. Eine Ausstellungsdruckerei- und -Buchbinderei runden das Bild dieser Schau ab. In einer besonderen Halle werden die Entwicklung des Buches und seine Aufgaben im Dienste der Volksgemeinschaft aufgezeigt. Die gesamte Industrie des graphischen Gewerbes wird in riesigen Hallen ein Bild ihrer Leistungsfähigkeit geben. Die größte Anziehungskraft für die Fachwelt und das Publikum werden die im Betrieb vorgeführten riesigen Rotationsmaschinen ausüben. Die Spezialmaschinen für die einzelnen Druck- und Reproduktionsverfahren werden den Besuchern die Wunderwelt der Technik und der Buchdruckkunst erschließen. – Die Deutsche Arbeitsfront wird eine eigene Ausstellungshalle für ihre Leistungen auf dem Gebiete des Schrifttums und der Betreuung der Werktätigen durch das Fachamt „Druck und Papier“ erstellen. Die Entwicklung der Presse aus ihren ersten Anfängen bis zu ihrer heutigen Bedeutung im nationalsozialistischen Staat wird in einer eigenen Halle ihre Darstellung finden. In Sonderschauen werben die Leistungen von Film und Funk, soweit sie als Nachrichtenübermittler für die Presse in Frage kommen, gezeigt. Zwei große Hallen stellen für die Beteiligung des Auslandes zur Verfügung. Der Ausstellung gliedert sich der Aufbau eines Teiles Alt-Leipzigs mit einem anschließenden Vergnügungspark an. Schon jetzt während der Dauer der Ausstellung sind zahlreiche nationale und internationale Tagungen für Leipzig festgelegt, die in der bereits erwähnten Halle abgehalten werden. Diese großzügige Planung der Gutenberg-Reichsausstellung hat natürlich schon jetzt die stärkste Beachtung aller Fachkreise aus Industrie und Handel gefunden. Als sicher kann aber auch heute schon gelten, daß die Gutenberg-Reichsausstellung in Leipzig im Jahre 1940 vor allem auch durch die internationale Beteiligung das Interesse der ganzen Welt auf sich ziehen wird. [4] Das Restaurant im Palmengarten und das berühmte Palmenhaus sind geschlossen worden und stehen nunmehr vor dem Abbruch. Die Palmen ziehen in den Zoo um, wo sie vor allem im Dickhäuterhaus eine größere Anzahl von Bewunderern finden werden als in den letzten … Weiterlesen

Aus der Presse – Zur Verstadtlichung der Palmengarten-Gesellschaft

Verstadtlichung des Leipziger Palmengartens? Der Leipziger Palmengarten beruft zum 17. Dezember eine außerordentliche Generalversammlung, der eine Zwischenbilanz und ein Antrag auf Verstadtlichung zur Beschlußfassung unterbreitet werden soll. Nach den von uns eingezogenen Erkundigungen steht es noch nicht fest, ob und wann eine endgültige Verstadtlichung des Leipziger Palmengartens zustande kommt. Zurzeit ist der Leipziger Palmengarten eine Aktiengesellschaft mit einem Aufsichtsrat, in dem der Rat der Stadt Leipzig vertreten ist. [1] Wie wir im Handelsteil der vorliegenden Nummer unseres Blattes berichten, haben die Aktionäre des Palmengartens sich mit den Bedingungen des Rates für die Uebernahme in städtische Regie einverstanden erklärt. Nach diesen Bedingungen müssen die Aktionäre auf alle Rechte aus ihren Aktien verzichten und erhalten dafür 10 Jahre lang freien Eintritt in den Palmengarten. Sollte dieser seiner bisherigen Bestimmung entzogen werden (bekanntlich besteht das Gerücht von einer Umwandlung in einen Volkspark), so ist ein Schadenersatz ausgeschlossen. Wie in der gestrigen Generalversammlung mitgeteilt wurde, resultiert die Unterbilanz für das letzte Dreivierteljahr, rund 180 000 Mark, hauptsächlich aus den höheren Löhnen. Dazu kommt noch die Unterbilanz aus den Vorjahren mit rund ½ Million Mark. Wenn der Rat und die Stadtverordneten die Verstadtlichung abgelehnt hätten, würde der Konkurs unvermeidlich gewesen sein. Allerdings bleiben jetzt noch die Verhandlungen mit den Obligationären, denen 25 Prozent geboten werden, und mit den Warengläubigern, die 75 Prozent erhalten sollen, abzuwarten. Man darf aber annehmen, daß sie zustimmen, denn im Falle eines Konkurses würden die Obligationen, kaum etwas und die Warengläubiger sicher wesentlich weniger auf ihre Forderungen erhalten. Rat und Stadtverordnete haben 600 000 Mark bewilligt, wenn das Unternehmen als städtisches fortgeführt wird. [2] Die außerordentliche Generalversammlung genehmigte die Bedingungen des Rates, der das Unternehmen in eigene Regie nehmen will, wenn die Aktionäre auf alle Rechte aus ihren Aktien verzichten. Dafür erhalten sie für sich und ihre Angehörigen 10 Jahre freien Eintritt in den Palmengarten. Sollte er in dieser Zeit seiner bisherigen Bestimmung entzogen werden, so ist jeder Schadenersatz ausgeschlossen. Wie mitgeteilt wurde, hat sich die aus dem Vorjahre in Höhe von etwa 0,5 Mill. Mark vorhandene Unterbilanz während des laufenden Jahres um weitere 180 000 Mark erhöht. Eine besondere Obligationärversammlung wird nunmehr noch zu beschließen haben, ob sie sich mit einer Zahlung von 25 Proz. einverstanden erklären will. Die Warengläubiger sollen 25 Proz. auf ihre Forderungen nachlassen. [3] Die Stadtverordneten haben am 17. d. M. in nicht öffentlicher Sitzung einer Vorlage des Rates zugestimmt, wonach zur Ordnung der finanziellen Verhältnisse der Leipziger Palmengarten-Aktiengesellschaft und Ueberleitung des gesamten Unternehmens in städtischen Betrieb 600 000 Mark aus städtischen Mitteln aufgewendet werden sollen unter der Bedingung, daß 1. die Aktionäre sämtliche Rechte aus ihren Aktien auf die Stadtgemeinde übertragen, wofür ihnen für sich und Ihre Familienangehörigen auf die Dauer von 10 Jahren das Recht zum freien Eintritt in den Palmengarten zugestanden wird, 2. die Obligationäre sich gegen bare Auszahlung von 25 Prozent des Nennwertes ihrer Obligationen für befriedigt erklären, 3. alle übrigen nicht bevorrechtigten Gläubiger auf 25 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Einigen von den Stadtverordneten beschlossenen Zusatzanträgen, insbesondere der Forderung der Bildung eines gemischten Ausschusses für den Zoologischen und den Palmengarten, wurde zugestimmt. [4] Zur Verstadtlichung des Palmengartens – Dazu lag der Antrag vor: Das Kollegium wolle den Rat ersuchen, Auskunft über den Stand der Verhandlungen wegen der Verstadtlichung des Palmengartens zu geben und die Verhandlungen möglichst zu beschleunigen. Vizevorsteher Pollender (S. P. D.) begründet den Antrag damit, daß am 15. Dezember v. J. die Verstadtlichung beschlossen und 600 000 Mark bewilligt worden seien. Er habe aber gehört, daß der gegenwärtige Generaldirektor drauf und dran sei, mit Unterstützung einer potenten Brauerei dem Palmengarten den Charakter eines Privatunternehmens nach Möglichkeit zu wahren. Ihm erwidert Bürgermeister Roth, daß die damals gefaßten Beschlüsse in der Form nicht in allen Punkten bis jetzt durchgeführt werden konnten, weil juristische Bedenken vorhanden waren. Der Rat bemühe sich, alle diese Schwierigkeiten zu überwinden, und er hoffe, in allernächster Zeit so weit zu sein, daß er das Heft völlig in der Hand habe. Er könne aber keine Einzelheiten in öffentlicher Sitzung weiter machen, denn sonst müsse er darauf zurückkommen, was seinerzeit in nichtöffentlicher Sitzung verhandelt worden sei. Dem Generaldirektor und dem anderen Direktor sei für den 1. Juli d. J. gekündigt und der Generaldirektor habe noch gestern erklärt, daß er jede Stunde gehen könne. In vielleicht 14 Tagen würden die Verhandlungen erledigt sein. Soweit er unterrichtet sei, geht der Betrieb des Palmengartens jetzt gut […] [5] In einer der letzten, Stadtverordnetensitzungen vor den Ferien wurde in einem Antrage der Rat um Auskunft über den Stand der Verhandlungen wegen der Verstadtlichung des Palmengartens ersucht. Bürgermeister Roth teilte daraufhin mit, daß die Verhandlungen zwar noch nicht abgeschlossen, aber voraussichtlich in Kürze zu Ende geführt werden würden. Für die Antragsteller schien es sich vor allem darum zu handeln, zu erfahren, ob die Gerüchte, daß Stadtrat a. D. Böhme, der bis jetzt Leiter des Unternehmens ist, die Gastwirtschaft mit finanzieller Unterstützung einer Leipziger Großbrauerei als Pächter weiterführen wolle, zutreffend sind. Bürgermeister Roth bezeichnete die Gerüchte als unwahr und bemerkte, daß Direktor Böhme bereit sei, jederzeit sofort von seinem Posten zurückzutreten, wenn das Unternehmen verstadtlicht werde. Am vergangenen Mittwoch nun hat der Rat den Betrieb des hiesigen Palmengartens übernommen, und zwar zunächst unbeschadet der bestehenden Eigentumsverhältnisse. Wie aus der Ausschreibung in der vorliegenden Nummer unseres Blattes hervorgeht, wird für den gesamten Gastwirtschaftsbetrieb ein tüchtiger Wirtschaftsleiter gesucht. Hierauf seien die Leipziger Gastwirte, die die Bestätigung in sich fühlen, dieses gemeinnützige Unternehmen zu leiten, besonders aufmerksam gemacht. Somit ist die Uebernahme des Unternehmens jetzt tatsächlich erfolgt und der Palmengarten ist nunmehr städtisch und ein gemeinnütziges Unternehmen geworden. Hoffentlich erfüllen sich die Erwartungen, denen man bei der Ratsvorlage auf Verstadtlichung des Unternehmens seinerzeit Ausdruck gegeben hat. Solange der Palmengarten der Aktiengesellschaft gleichen Namens gehörte, war die Prosperität des Unternehmens sehr gering. Nur ein einziges Mal, und zwar im Jahre 1899, vermochte es eine Dividende für die Aktionäre auszuschütten; dann blieb es nicht nur dividendenlos, sondern arbeitete mit Unterbilanzen. Während der Ausstellungsjahre 1913 und 1914 war der Besuch des Palmengartens nicht befriedigend, und während der Kriegsjahre gestaltete sich die finanzielle … Weiterlesen

Aus der Presse – Die Zukunft des Leipziger Palmengartens

Die Lage des Unternehmens der Aktiengesellschaft Leipziger Palmengarten ist heute eine solche, daß es gar keinen Zweck hat, ihr gegenüber die „Vogel-Strauß-Politik“ zu treiben in der Hoffnung, daß hierdurch, d. h. in aller Stille, eine Gesundung der Verhältnisse erreicht werden könnte. Seit Jahren arbeitet die Gesellschaft – leider – mit großen Fehlbeträgen. Und das schlimme ist, daß diese Fehlbeträge immer gewachsen sind. In den letzten sechs Jahren (1910 bis 1915) bezifferten sie sich im ganzen auf rund 323 000 Mark. Dieser Umstand wird das Herz eines jeden, der – kurz gesagt – unsere Stadt Leipzig liebt, mit aufrichtiger Trauer erfüllen. Die Stadtgemeinde hat es dabei an ausgiebiger Hilfe nicht fehlen lassen. Insgesamt hat die Gesellschaft von der Stadt in neun Jahren über 800 000 Mark erhalten, von denen 590 000 Mark auf das Erbbaurecht eingetragen sind. Trotz alledem sah sich die Gesellschaft genötigt, Ende 1915 erneut mit einem Gesuche an die Stadt um Unterstützung heranzutreten. Rat und Stadtverordnete haben dem entsprochen. In der Sitzung der Stadtverordneten vom 12. Januar 1916 wurde beschlossen, der Gesellschaft zur Weiterführung des Betriebes den Betrag von 20 000 Mark zur Verfügung zu stellen. Außerdem wurde verschiedenen Anträgen des Rates zugestimmt, die u. a. dahin gingen: Außerdem sollten die noch zu deckenden Fehlbeträge für 1915 und 1916 mit etwa 7000 Mark und 42 000 Mark zu Lasten des Betriebsvermögens der Stadt übernommen und zu den im Jahre 1914 bewilligten 105 000 Mark zugeschlagen werden. Die Opfer, zu deren Uebernahme sich die Stadt bereit erklärte, waren also sehr erheblich. Daneben sollten allerdings auch die Inhaber der Schuldverschreibungen (Obligationen) ein Opfer bringen. Diese außer dem Aktienkapital von 200 000 Mark vorhandenen Schuldverschreibungen belaufen sich auf 829 000 Mark und wurden von der Stadt mit 3 Prozent verzinst. Auf die Zinsen (24 870 Mark) sollen die Obligationäre so lange verzichten, bis das Unternehmen Ueberschüsse erzielt. Am vergangenen Donnerstag hat nun die Versammlung der Obligationäre, die hierzu Beschluß fassen sollte, stattgefunden. Sie war beschlußunfähig, es wurde aber vom Vorsitzenden die Mitteilung gemacht, daß die von den städtischen Kollegien zur Aufrechterhaltung des Betriebes bewilligten 20 000 Mark aufgebraucht sind. Sollte auch die nächste Versammlung (am 6. April) beschlußunfähig sein, so daß die Bedingungen der Stadt nicht zur Annahme gelangen könnten, so wäre das Schicksal der Gesellschaft besiegelt, denn daß die Stadt über das gestellte Angebot herausginge, sei auf keinen Fall zu erwarten. So die gegenwärtige Sachlage, die erkennen läßt, daß irgendeine Entscheidung binnen kurzem getroffen werden muß. Wir haben die vorstehenden Ausführungen gemacht, um den vielen Tausenden, die sich für unseren schönen Palmengarten interessieren, ein Bild von der Lage des Unternehmens zu geben. Aber unseres Erachtens kann es sich in der Hauptsache nicht darum handeln, nur für, den Augenblick einen Ausgleich herzustellen, sondern vielmehr darum, für die Zukunft das Unternehmen in bessere Verhältnisse zu bringen. Denn der Ausgleich nützt gar nichts, wenn alles beim alten bleibt, und die Stadt jedes Jahr von neuem tief in den Geldbeutel greifen muß. Auch über diese Zukunft ist in der Stadtverordnetensitzung am 12. Januar gesprochen worden. Ein Redner war hierbei der Ansicht, daß es nur einen Weg gebe, um den Palmengarten endgültig herauszubringen, und zwar sei das leicht dadurch zu erreichen, daß man den Palmengarten bis an das Westufer der neugeschaffenen Flutrinne erweitert und am Ufer einen Elster-Pavillon errichtet, gleich dem schönen Bauwerk, das wir als Alster-Pavillon in Hamburg bewundern. Diesem „einen Weg“ ist jedoch in der Versammlung nicht rückhaltlos beigepflichtet worden. Es wurde darauf hingewiesen, daß eine beträchtliche Summe dazu gehörte, um das zwischen dem jetzigen Palmengarten und der Flutrinne liegende Land (es handelt sich wohl um 40 000 Quadratmeter) in Anlagen zu verwandeln und daß auch ein großer Pavillon – denn um einen solchen kann es sich nur handeln – nicht billig sein würde. Es sei aber mindestens bedenklich, in das Unternehmen von neuem Hunderttausende hineinzuwenden. Von anderer Seite wurde angeregt, daß der Palmengarten mehr der Allgemeinheit zunutze gemacht, also vielleicht unentgeltlich geöffnet werde; das würde sicher dem Wirtschaftsbetriebe sehr zustatten kommen. Dieser Gedanke fand vielen Beifall. Auch wir glauben, daß hiermit wenigstens ein Versuch gemacht werden möge. Es brauchen deshalb die Dauerkarten (die in ihren Erträgen übrigens stetig herabgegangen sind) nicht ganz abgeschafft werden und man braucht andererseits nicht zur völligen Unentgeltlichkeit zu gehen. Aber wenn man an verschiedenen Tagen der Woche den Palmengarten, der einer der prächtigsten Aufenthaltsorte unserer Stadt ist, für ein Eintrittsgeld von 10 Pfennig öffnete, so würde der Zuspruch sicher sehr erheblich sein. Wer jetzt an schönen Wochentagen im Sommer die herrlichen Anlagen besucht, dem tut es wahrlich leid, daß sie so unbenutzt bleiben. Hier Wandel zu schaffen, muß allseitiges Bestreben sein. Die Stadt als erste Geldgeberin hat wohl einen Anspruch, bei der künftigen Gestaltung der Verhältnisse unseres Palmengartens, auf den wir Leipziger mit Recht stolz sind, ein Wort mitzureden. Wir zweifeln auch nicht, daß es in der Richtung geschehen wird, das ganze Unternehmen volkstümlicher zu machen. An der Einwohnerschaft wird es aber sein, ihm die nötige Unterstützung angedeihen zu lassen. Es mag in den jetzigen Kriegszeiten schwer sein, aber das eine muß gesagt werden: mit dem bloßen Bedauern, und mag es noch so „herzlich“ und „innig“ sein, ist dem Unternehmen nicht geholfen, sondern nur mit der Tat. Und unbedingt muß der Palmengarten unserer Stadt erhalten bleiben. Geschähe es nicht, so würde das einen bedenklichen Schatten auf unsere Stadt werfen. Von der Leitung des Unternehmens muß allerdings ebenfalls erwartet werden, daß sie alles tut, um die Anziehungskraft des Unternehmens zu heben. Und mehr als einen Weg gibt es hierbei, den man betreten kann. – id. Aus Leipzig und Umgebung, in SLUB Dresden: Leipziger Tageblatt und Handelsblatt vom 21. März 1916. Frühausgabe, 2. Beilage, S. 9.

Aus der Presse – Debatte zur Lage der Palmengarten-Gesellschaft

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten worden – zum ersten Male nach längerer Zeit – gleich zwei große Vorlagen erledigt. Zunächst handelte es sich um die Unterstützung der Palmengarten-Aktiengesellschaft aus städtischen Mitteln. Aus dem Munde des Berichterstatters erfuhr man hierbei, daß die Stadt bisher schon 800 000 Mark in das Unternehmen hineingesteckt habe, von denen man, wie ein Redner bemerkte, wohl wenig wiedersehen werde. Die Hauptfrage, um die sich gestern der Streit der Meinungen drehte, war: weitere Unterstützung oder Konkurs? Die Mehrheit entschied sich für die weitere Unterstützung, denn ob bei einem Konkurse für die Stadt ein Vorteil sich ergeben würde, das erscheine doch recht fraglich. Wie die Verhältnisse sich gestalten werden, ist trotzdem noch nicht abzusehen. Notwendig wird sich wohl erweisen, das Unternehmen auf eine andere Grundlage zu stellen […] Weitere Unterstützung der Palmengarten-Gesellschaft Der nächste Punkt der Tagesordnung betrifft die Ratsvorlage wegen weiterer Unterstützung der Palmengarten-Aktiengesellschaft 1. durch Ueberlassung der bisher in Konto 7 des städtischen Haushaltplans eingestellten 24 870 Mark vom Jahre 1916 ab unter den in der Vorlage angegebenen Voraussetzungen, nämlich 2. Nichteinforderung der Zinsen von etwa 16 000 Mark jährlich vom 1. Januar 1915 ab bis auf weiteres; 3. Ersatz des Erbpachtzinses von jährlich 4000 Mark vom Jahre 1915 ab bis auf weiteres; 4. Gestattung einer Inventarergänzung für vorläufig nur 2000 Mark jährlich; 5. Bewilligung der dann noch zu deckenden Fehlbeträge der beiden letzten Jahre von zusammen etwa 49 000 Mark aus Betriebsvermögen, die ihm mit den bereits früher bewilligten 105 000 Mark vom Jahre 1924 ab in Jahresraten von 25 000 Mark aus dem Betriebe (Konto 42) zurückzuerstatten sind; 6. die Ermächtigung, die von der Stadt erworbene Buchforderung auf 15 000 Mark abzubuchen usw. Der Finanzausschuß beantragt Zustimmung. Der Berichterstatter Stadtv. Meiner führte folgendes aus: „Wie zu Weihnachten das Christkind kommt, so ist ungefähr zur selben Zeit in den Jahren 1912, 1913 und 1914 der Palmengarten gekommen und hat um Unterstützung gebeten; so auch Ende 1915. Er glaubt, dazu besonders ein Recht zu haben, da der Zuschuß, den er Ende 1914 erbeten hatte, darauf berechnet war, daß der Krieg längstens bis Mitte des Jahres 1915 dauern würde, eine Hoffnung, die aber trügerisch war. Der Verlust, der auf 50 000 Mark geschätzt war, wird daher mehr als 83 000 Mark betragen, während der Zuschuß der Stadt nur 50 000 Mark beträgt. Da aber Ersparnisse bei den für Bau-Ausgaben bewilligten Mitteln gemacht worden sind, so beträgt der jetzt noch zu deckende Fehlbetrag für 1915 nur 26 000 bis 27 000 Mark. Der Fehlbetrag für 1916 wird, wenn das volle Jahr 1916 als Kriegsjahr gerechnet wird, mit 90 000 Mark erwartet, zusammen sind also 116 000 bis 117 000 Mark Zuschuß erforderlich. Um diesen Zuschuß zu decken, schlägt der Rat vor, daß die Inhaber von Schuldverschreibungen, denen die Zinsen, jetzt allerdings auf 3 vom Hundert herabgesetzt, von der Stadt gewährleistet und gezahlt werden, auch etwas zu den Kosten beitragen und so lange auf den Empfang der Zinsen zugunsten des Palmengartens verzichten sollen, bis wieder normale Verhältnisse eintreten. Es würden hierdurch jährlich rund 25 000 Mark gespart werden. Weiterhin soll die Stadt auf die Einforderung der Zinsen für die gewährten Darlehen, etwa 16 000 Mark jährlich, und auf den Erb-Pachtzins von jährlich 4000 Mark verzichten, und endlich soll gestattet werden, daß an Stelle der vertragsmäßig Für Inventarergänzungen aufzuwendenden 5000 Mark nur 2000 Mark jährlich verausgabt werden, wodurch weitere 3000 Mark gespart werden. Das sind zusammen 48 000 Mark Ersparnis, so daß der Zuschuß für 1916 nur 42 000 Mark zu betragen braucht. Ein Verzicht der Verzinsung der Darlehen und des Erb-Pacht-Zinses für 1915 würde 19 000 Mark erbringen, so daß für dieses Jahr nur 7000 Mark aufzubringen wären, im ganzen also 49 000 Mark, die die Stadt zu zahlen hätte. Endlich wird gewünscht, daß eine Buchforderung, die die Stadt in Höhe von 139 000 Mark von der Credit-Anstalt für 15 000 Mark erworben hat, auf diesen wirklichen Kaufpreis von 15 000 Mark abgebucht wird, wodurch sich ein bilanzmäßiger Gewinn erzielen läßt, der die Bilanz wieder flüssig macht. Die Aussprache im Finanzausschuß war ziemlich lebhaft und eingehend. Es wohnten ihr Bürgermeister Roth, die Stadträte Böhme und Joachim und wegen der juristischen Fragen Justizrat Dr. Junck bei, der auf Wunsch des Rates ein Gutachten wegen der rechtlichen Folgen eines Konkurses erstattet hatte. Die juristischen Fragen wurden zunächst geklärt, da die Furcht bestand, daß das Darlehen, das die Stadt dem Palmengarten in Höhe von 550 000 Mark gewährt hat, gefährdet wäre insofern, als bei einem Konkurs des gleichen Rang mit den Schuldverschreibungen hätte und daß die Stadt, wenn sie den Palmengarten entsprechend dem Vertrage § 7b übernimmt und die Gebäude zu einem angemessenen Preise bezahlen muß, nicht aufrechnen könne. Nach einem Reichsgerichtsurteil würde die Zahlung für die Gebäude erst nach Ausbruch des Konkurses fällig werden, es könne aber niemals eine Zahlung, die nach Ausbruch des Konkurses fällig wäre, gegen eine Zahlung, die vor Ausbruch des Konkurses geleistet worden wäre, aufgerechnet werden, und vorherige Abmachungen nach dieser Richtung hin wären ungültig. Zur allgemeinen Freude waren die drei im Ausschuß anwesenden Juristen aber nach der Richtung hin sich einig, daß der Rat das Recht hätte, auf Grund der hypothekarisch eingetragenen Forderung von 550 000 Mark auf das Erbbaurecht die Zwangsvollstreckung beantragen zu können, und dann ginge seine Forderung derjenigen der Inhaber der Schuldverschreibungen voraus. Auch hätte der Rat nach dem Vertrage § 7a das Recht zu beanspruchen, daß die Gebäude niedergerissen und ihm das Gelände als Oedland zurückgegeben würde. Eine solche Drohung würde wohl auch den Konkursverwalter veranlassen, mit sich reden zu lassen, so daß, wie es am Schlusse des Gutachtens heißt, die Trümpfe, die der Rat in der Hand hielte, genügend wären, um mit Ruhe einem Konkurse entgegenzusehen. Diese Ruhe, mit der die Stadt dem Konkurs entgegensehen konnte, hatte nun unter den Ausschußmitgliedern verschiedene Wirkungen. Der eine Teil meinte, man brauche dann von Vorschlägen, wie etwa Zusammenlegung der 845 000 Mark Schuldverschreibungen von 2 zu 1, um einen buchmäßigen Gewinn von etwa 420 000 Mark zu erzielen, abzusehen. Man brauche auch … Weiterlesen

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