Ein Blick in die Literatur – Sommer-Gärten zu (Ur-) Großvaters Zeiten

Leipzig vor siebzig Jahren mit etwa 40 000 Einwohnern und das heutige Leipzig mit einer Bevölkerung von mehr als dreimalhunderttausend Menschen – welche Gegensätze! Und doch war das damalige Leipzig nicht minder berühmt als das heutige. Seine Lage und seine geschichtliche Bedeutung, sein Handel und seine Universität, seine feingebildeten, aber thatkräftigen Bürger und seine schönen Frauen hatten ihm einen Ruf verliehen, der weit über Deutschlands Grenzen hinausging. Als eine besondere Zierde dieses alten Leipzigs aber galten die vielen schönen Gärten, die ihm mit Recht den Namen einer Gartenstadt eintrugen und auf welche die reichen Handelsherren mit hoher Befriedigung blickten. Einer derselben, der Bosesche (später Reimersche) Garten – die jetzige Königsstraße ist darauf erwachsen – begeisterte sogar einen Dichter zu den Versen: „Mein Liebchen ist wie Bosens Garten,Ein auserles’nes Blumenfeld,Das hier und da viel tausend ArtenVollkommner Schönheit in sich hält,Ein Auszug vieler Seltenheiten,Ein Meisterstück von Artigkeiten –“ Das Kriegsjahr 1813 hatte nur vorübergehend die Pracht dieser Gärten schädigen können. Reichenbachs (später Gerhards) Garten, Löhrs (später Keils) Garten, Breiters Wintergarten ec. gewannen wieder europäische Berühmtheit. Manche dieser Privatgärten waren im Laufe der Zeit in öffentliche Gärten umgewandelt worden, in deren Wirthschaften sich die Leipziger nach Herzenslust vergnügten. Wie es in einem solchen Garten vor etwa siebzig Jahren aussah, das zeigt uns deutlich unser Bild. Schattige Lauben, in denen kleine Gesellschaften, ungestört von den übrigen, traulich beieinander sitzen konnten; waren in Menge vorhanden, so im „Großen Kuchengarten“, den einst Goethe besungen hatte, auf der „Funkenburg“, wo früher das Fischerstechen abgehalten wurde und auf deren vorderer Wiese sich 1823 der berühmte Seiltänzer Kolter zuerst sehen ließ. Dort trank man auch die berühmte Gose. Sonst begnügte man sich mit Weißbier und dunkelm einfachen Bier, dem sogenannten „Raster“; aber Ende der zwanziger Jahre wurden bereits die ersten Lagerbiere, namentlich Lützschenaer, verschenkt, und bald nachher gab es sogar „Bayerisches Bier“, das aus Nürnberg eingeführt wurde. Kinder und Frauen liebten das einfache Bier mit „Musik“, d. h. mit geriebenem Brot und Zucker. Der Handwerkerstand erlustigte sich im „Posthörnchen“ und in der „Alten Burg“, die gewöhnlich die „Blaue Mütze“ genannt wurde, weil der Wirth stets eine blaue Mütze trug und eine solche auch am Eingange seines Anwesens aufhing, zum Zeichen, daß an dem betreffenden Tage Konzert stattfinde. Nicht selten verkehrten auch Studenten dort und dann gab es öfters eine regelrechte Prügelei. In Schiegnitzens (später Kupfers) Kaffeegarten, sowie in Rudolphs Garten verkehrte gewählteres Publikum. Hier ließen auch öfters Prager Musikanten ihre heiteren Weisen erklingen. Vornehmere Konzerte fanden im „Kuchengarten“ und Donnerstags im „Hotel de Prusse“ statt. Das Rosenthal, das früher vom feineren Publikum weniger besucht wurde, kam auch mehr und mehr in Aufnahme. Gleich am Eingange, wo sich jetzt das Restaurant Bonorand befindet, war eine Bude, in der man im Sommer schon früh um 4 Uhr Thee, Kaffee, Chokolade, Gefrorenes ec. bekommen konnte. Die Wirthin der „Eisbude“ hieß im Volksmunde die „Kalte Madam“, bei ihr versammelte sich die feine Welt. Im Frühjahre 1824 erhielt sie einen Nebenbuhler in dem Schweizerbäcker Kintschy, dem der Rath erlaubte, eine zweite Eisbude, das „Schweizerhüttchen“ während des Sommers einzurichten. Ein Jahrzehnt später begann man das Rosenthal allmählich zu dem schönen Parke umzugestalten, der heute der Stolz aller Leipziger ist. – Die großen Leipziger Gärten haben der Neuzeit zum Opfer fallen müssen. Prachtvolle Spazierwege zieren aber jetzt die Stadt, und außer dem Rosenthale hat man die schönen Laubwälder von Leipzigs Umgegend in reizende Parkanlagen verwandelt, dem gegenwärtigen Geschlecht zu Nutz und Frommen. Mag immerhin das Alte stürzen, wenn Besseres an seine Stelle tritt! Von Sttz. Die Gartenlaube 1890. Leipzig, in: Leipziger Sommergartenleben zu Großvaters Zeiten. Heft 17, S. 547.

Neues Deckengemälde – Realisierung der Idee nach 100 Jahren

Im Zuge der Errichtung des Leipziger Musikpavillons im Jahr 1912 war eine Deckenmalerei vorgesehen, um die künstlerische Gesamtwirkung des Konzertpavillons zu steigern. Aus Kostengründen wurde die Idee zu dem Zeitpunkt noch nicht umgesetzt. Erst im Jahr 2012, nach 100 Jahren, ist die Idee eines Deckengemäldes auf Initiative des Pächters Eberhard Wiedenmann im Rahmen eines Studienprojektes der Fachklasse II der Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst verwirklicht worden. Dies geschah in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ämtern der Stadtverwaltung, das Amt für Stadtgrün und Gewässer und der Denkmalpflege. Während der Umsetzung erhielten die Studierenden fachkundige Unterstützung von den Mitarbeitern der zuständigen Ämter, um die zeitgenössische Kunst und die Geschichte des Kulturstandortes auf künstlerische und ausdrucksstarke Weise zu verbinden. Die Leipziger Denkmalpflege legte besonderer Wert auf eine angemessene und qualitativ hochwertige Ausführung der Deckenmalerei auf hohem künstlerischem und inhaltlichem Niveau. Dem Umsetzungsvorschlag stimmte in letzter Instanz die obere Denkmalschutzbehörde in Dresden als „Maßnahme der gestaltenden Denkmalpflege“ final zu. Die Realisierung des 48 Quadratmeter großen Bildes, unter der Leitung von Christian Weihrauch und Professor Heribert C. Ottersbach, dauerte sieben Wochen. Es zeigt das Gelände um den Musikpavillon herum, den ehemaligen Ausstellungspark zur Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) von 1897. Dabei werden grafische Linien und farbige Strukturen verwendet, um eine künstlerische Darstellung der Topografie unter freiem Himmel im Zentrum der künftigen Parkanlage zu betonen. Am 14. September 2012 wurde im Rahmen der 100-jährigen Jubiläumsfeier des Musikpavillons das neue Deckengemälde im heutigen Clara-Zetkin-Park offiziell eingeweiht. Über 600 Gäste erlebten einen besonderen Jubeltag, der ohne das bürgerschaftliche Engagement des Pächters möglicherweise nie zustande gekommen wäre. Nach finanziellen Schwierigkeiten der Stadt und der Gefahr des Einsturzes sollte der Musikpavillon nach 1990 eigentlich abgerissen werden und verfiel in einen unsicheren Dornröschenschlaf. Die Stadtverwaltung plante sogar den Neubau eines zweckmäßigen Gebäudes als Ersatz. Doch 2004 gelang ein Neuanfang für das Kulturdenkmal durch den Pächter Eberhard Wiedenmann. Mit Mut und Durchhaltevermögen gelang es ihm und seinem Team gemeinsam mit Unterstützern wie den zuständigen Ämtern der Stadtverwaltung, dem Architekturbüro Roland Keil und der Fachklasse der Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst, den Leipziger Musikpavillon denkmalgerecht zu sanieren, zu modernisieren und die ursprüngliche Idee für eine hochwertige Deckenmalerei erfolgreich umzusetzen. In ihrer Rede würdigte Amtsleiterin Inge Kunath, Amt für Stadtgrün und Gewässer, dieses Engagement und weihte gemeinsam mit Pächter Eberhard Wiedenmann und Professor Heribert C. Ottersbach von der Hochschule für Grafik und Buchkunst das neue Deckengemälde unter dem Applaus der anwesenden Gäste ein. Die Studentinnen und Studenten erfüllten die Anforderungen einer Umsetzung auf hohem künstlerischem und inhaltlichem Niveau zur Zufriedenheit aller Beteiligten. Im weiteren Verlauf der Jubelfeier erhielt die Notenspur-Initiative eine großzügige Spende aus dem Eisverkauf der speziell für den Anlass kreierten Notenspur-Eiskreation des San Remo Eiscafés. Das Westsächsische Symphonieorchester bot ein beeindruckendes Jubiläumskonzert zu Beginn ihres eigenen Jubeljahres. Das Abschlussspektakel wurde von den drei Musikern des Klangprojekts um Thomas Feist (MdB), dem damaligen Schirmherrn des Musikpavillons, dargeboten. Ihre spirituell reiche und frei komponierte Musik wurde begleitet von einem beeindruckend orchestrierten Feuerwerk von Fire & Magic am Ende der Feier. Siehe Musikpavillon im König-Albert-Park – Chronik 1908-1921

Aus der Presse – Erster Wechsel der Direktoren im Palmengarten

Die Direktoren des Leipziger Palmengartens, Betriebsdirektor Hans Miederer und Gartendirektor Hermann Doebner, scheiden am 31. März aus ihren Stellungen, und damit aus Leipzig. Lange Jahre, seit der Eröffnung des Leipziger Palmengartens am 29. April 1899, haben beide Herren mit Lust und Liebe, mit Tatkraft, Energie und sicherem Verständnis für das Praktische, Notwendige und doch Schöne und Erfreuliche ihren verantwortungsreichen und niemals leichten Posten bekleidet. Betriebsdirektor Miederer, der vor seiner segensreichen Tätigkeit im Palmengarten durch seinen väterlichen Freund Ernst Pinkert zum Geschäftsführer des Festausschusses für die 1897er Ausstellung berufen worden war, ist in den 12 Jahren im Palmengartenbetrieb eine allgemein bekannte und hochgeschätzte Persönlichkeit geworden; sehr, sehr viele werden ihn nur ungern und mit aufrichtigem Bedauern aus Leipzig scheiden sehen. Um zu würdigen, was er im Palmengarten geschaffen, braucht man nur der großen, beliebten alljährlichen Feste zu gedenken: des Kostümfestes „Unter Palmen“, des Bayern-Balles, der Sommerfeste usw. usw. Einen tüchtigen Etablissementsleiter und einen lieben, prächtigen Menschen verliert Leipzig in Hans Miederer, der sich jetzt seiner Heimatstadt München zuwendet. Und ebenso aufrichtig wird man das Scheiden des Gartendirektors Doebner bedauern. Er war es, der dem Palmengarten sein weltstädtisch-glänzendes äußeres Gewand gab. Wer wird nicht stets mit Entzücken vor den wundervollen Teppichbeeten gestanden haben, wer erinnert sich nicht des kunstvollen Wappenbeetes im Jubiläumsjahr der Universität, der Chrysanthemen-Ausstellungen, des Rosengartens, und last not least des wundervoll gepflegten und gehegten Palmenhauses? Ueberall sah man die Liebe des Gärtners zu seinen Blumenkindern, den feinsinnigen Geschmack, der das Auge erfreute. Direktor Doebner zieht sich jetzt ins Privatleben zurück und siedelt in seine Vaterstadt Meiningen über. Möge ihm ein langes otium eum dignitate beschieden sein, und mögen beide Herren, so wie man ihrer in Leipzig nicht vergessen wird, auch unserer Stadt ein freundliches Andenken bewahren. [1] Leipziger Palmengarten. Mit dem heutigen Tage sind in der Leitung und Bewirtschaftung unseres Palmengartens einschneidende Aenderungen eingetreten. Die Betriebsleitung wird Herrn Direktor F. C. Stremmel, der über eine langjährige, in Großbetrieben erworbene kaufmännische In- und Auslandpraxis verfügt, übernehmen. Zuletzt war Herr Stremmel als Direktor des Frankfurter Verkehrsvereins, Frankfurt a. M. und Umgebung mit großem Erfolg tätig, und hat an der Hebung des Frankfurter Fremdenverkehrs und der mächtigen Verkehrsentwickelung Frankfurts regen Anteil gehabt. Als Gartendirektor wurde Herr August Brüning aus Berlin-Fichtenau vom Aufsichtsrate verpflichtet. Herr Brüning stand früher in Diensten der Stadt Berlin und war zuletzt in Fichtenau als Gärtnereibesitzer und Landschaftsgärtner tätig. Es geht ihm der Ruf eines tüchtigen Fachmannes voraus, der sowohl auf dem Gebiete der Landschaftsgärtnerei, der Pflanzenkultur und der Bodenbewirtschaftung bedeutende Erfolge erzielt hat. Herr Brüning erfreut sich der besonderen Wertschätzung unseres städtischen Gartendirektors Herrn Hampel. Der Restaurationsbetrieb ist vom 1. d. M. von der Leipziger Zentraltheater-Aktiengesellschaft übernommen worden. Bei der vorzüglichen Wirtschaftsleitung dieses Etablissements ist zu hoffen, daß auch die Bewirtschaftung des Palmengartens in Zukunft eine vorzügliche sein wird. Wie wir hören, sind eine Reihe Neuerungen und Verbesserungen im Palmengarten geplant, die ohne Zweifel auch dazu beitragen werden, den Palmengarten noch mehr als bisher zum Sammelpunkt und zur Erholungsstätte weitester Kreise unserer Bevölkerung zu machen. Es liegt nun an unserer Bürgerschaft, auch ihrerseits den Palmengarten, dieses gemeinnützige und großzügige Unternehmen, das weit über die Grenzen Leipzigs hinaus auch in botanischer Hinsicht geschätzt wird, durch recht zahlreichen Besuch zu unterstützen. [2] In das Handelsregister ist heute eingetragen worden: […] 5) aus Blatt 9416, betr. die Aktiengesellschaft unter der Firma Leipziger Palmengarten in Leipzig: Die Zeichnung der Firma verpflichtet die Gesellschaft nur dann, wenn ihr die Unterschriften von zwei zur Firmenzeichnung berechtigten Personen beigefügt worden sind. Berechtigt zur Firmenzeichnung sind die Mitglieder des Vorstandes und die Prokuristen. Hermann Doebner und Johannes Miederer sind als Mitglieder des Vorstandes ausgeschieden. Zu Mitgliedern des Vorstandes sind bestellt der Kaufmann Friedrich Carl Stremmel und der Garten-Ingenieur August Brüning, beide in Leipzig […] [3] Vom Leipziger Palmengarten. Mit Rücksicht auf die vielfachen Anfragen aus Abonnentenkreisen wird hiermit nochmals zur Kenntnis gebracht, daß seit dem 1. April d. J. ein Wechsel in der Direktion des Leipziger Palmengartens eingetreten ist. Das Arrangement von Konzerten, Festlichkeiten usw. und die Oberleitung des ganzen Betriebes und der Gartenverwaltung bleibt der Direktion der Palmengarten-Aktiengesellschaft vorbehalten, während die Restauration an die Zentraltheater-Aktiengesellschaft verpachtet worden ist, die alles aufbieten wird, durch eine vorzügliche Bewirtschaftung den verwöhntesten Ansprüchen gerecht zu werden. Man kann deutlich wahrnehmen, daß das Interesse der Leipziger Bevölkerung für unsern schönen Palmengarten im Wachsen begriffen ist. Die Entnahme von Dauerkarten und der Besuch des Palmengartens überhaupt hat sich im verflossenen Monat gegen den April der Vorjahre bedeutend gehoben. Die im großen Blumenparterre und an zahlreichen andern Stellen der herrlichen Anlagen in schönster Blüte stehenden Anpflanzungen erregen allgemeines Entzücken. Die Wünsche einiger Abonnenten, die seit dem 1. April verschärften Kontrollbestimmungen beim Eintritt in den Palmengarten zu mildern, können zurzeit leider noch nicht berücksichtigt werden, da in Len letzten Jahren ein nicht unbedeutender Missbrauch mit Dauerkarten getrieben worden ist. Für die Folge wird in solchen Fällen unnachsichtlich strafrechtliche Anzeige erfolgen. Sehr bedauerlich ist, daß hierdurch die Gesamtheit zu leiden hat; im Interesse des Palmengartens kann jedoch bis auf weiteres von der verschärften Kontrolle nicht abgesehen werden. [4] Berufung. Herr Hans Miederer, der frühere Direktor des Leipziger Palmengartens, ist mit der Geschäftsleitung des Festausschusses und des Wirtschaftsausschusses für die im Jahre 1913 in Leipzig stattfindende Internationale Baufach-Ausstellung mit Sonderausstellungen betraut worden. Er wird bereits Anfang kommenden Jahres sein Amt übernehmen. Diese Nachricht wird gewiß viele unserer Leser interessieren, denn Direktor Hans Miederer ist in Leipzig noch nicht vergessen. [5] Gartendirektor Doebner. Aus Meiningen kommt die Kunde, daß dort in seiner Heimat nach längerem schweren Leiden der frühere Gartendirektor des Leipziger Palmengartens, Hermann Doebner, verstorben ist. Mit ihm ist ein hervorragender Gartenkünstler, ein feinsinniger, prächtiger und liebenswerter Mensch dahingegangen. Diese Eigenschaften und sein langjähriges Wirken in unserem Palmengarten sichern ihm ein ehrendes Gedächtnis. [6] Hans Miederer (1867-1947) war von 1919 bis 1932 Bürgermeister von Schliersee. Kurz vor seinem Tode 1947 wurde er Ehrenbürger der Stadt. Geehrt wurde er für seine Verdienste als Bürgermeister, als Führer der Sanitätskolonne, Mitglied des Eisenbahnkomitees, Gründungsmitglied des Wintersportclubs Schliersee und der Alpenvereinssektion. Die ihm zu Ehren benannte Straße führt … Weiterlesen

Schwedische Pionierin Elfrida Andrée im Palmengarten – Dirigentin

Der Konzertsaal des Leipziger Palmengartens wird heute Mittwoch abend der Schauplatz eines seltenen musikalischen Ereignisses sein. Gelegentlich des 17. Symphonie-Konzertes des Winderstein-Orchesters gelangt eine A-moll-Symphonie von Elfrida Andrée aus Göteborg unter persönlicher Leitung der Komponistin zur Aufführung. Außerdem wird die interessante Dame, eine nahe Verwandte des kühnen Nordpolforschers, noch das Vorspiel zu einer von ihr komponierten Oper „Fritjofs Saga“ dirigieren. Man darf mit Recht auf diese außergewöhnlichen Darbietungen gespannt sein. Im ersten Teile des heutigen Konzertes bringt übrigens Herr Konzertmeister Pick-Steiner das Konzert Nr. 3, H-moll, für Violine von C. Saint-Saёns zum Vortrage. Inhaber von Dauerkarten haben auch zu diesem Konzerte ohne jede Nachzahlung Zutritt. [1] Das 17. Sinfonie-Konzert des Winderstein-Orchesters im Palmengarten trug ein ganz eigenartiges Gepräge. Eine junge Komponistin, Frl. Elfrida Andrée aus Göteborg, brachte zwei ihrer Werke unter eigener Leitung zur Aufführung. Der musikproduktiven Betätigung des weiblichen Geschlechts stehe ich ziemlich mißtrauisch gegenüber und ich bin auch bis heute noch nicht überzeugt worden, daß die Frau gerade auf diesem Kunstgebiete hervorragende schöpferische Beanlagung besitzt. Wenigstens nicht, insofern es sich um größere, mit Inhalt und Leben auszufüllende Formen handelt. Das ist gewissermaßen psychologisch begründet. Die musikalische Ideenwelt der Frau ist eine viel beschränktere wie die des Mannes, die ganze Natur des Weibes weist auf das zarte, innige, schwärmerische und hingebende hin, kraftvollere Akzente stehen ihr weniger zu Gebote. Diese vermißten wir auch in der Sinfonie A moll des Frl. Elfrida Andrée. Die Dame war uns in rein menschlicher Beziehung interessanter – sie soll mit dem verschollenen Nordpolfahrer Andrée verwandt sein – als in künstlerischer. Ihre Sinfonie ist nur ein schwaches Produkt. Eine eigenartige Persönlichkeit tritt nirgends zu tage, selbst ein Stich ins Nationale, den wir vermutet hatten, ist nicht vorhanden, das Werk ist vielmehr mendelssohnisch angehaucht. Die Durchführung ist der Komponistin schwächste Seite; von kunstvoller thematischer Arbeit, polyphoner Gestaltung ist hier wenig zu spüren, die Themen erweisen sich auch zur weiteren Entwickelung als zu wenig eindringlich. Der letzte Satz ist meines Dafürhaltens noch der beste. Einen weit günstigeren Eindruck machte auf mich der Autorin Vorspiel zur Oper „Fritjofs Saga“, das in der Konzeption nicht ohne Schwung ist, manche schöne Momente enthält und auch eine wirkungsvollere instrumentale Einkleidung als die Sinfonie besitzt. Frl. Andrée leitete das Orchester, welches die Ouverture recht temperamentvoll, die Sinfonie dagegen ziemlich lau und mit sichtlicher Unlust spielte, mit bemerkenswertem Geschick. Von L. W. [2] [1] Der Konzertsaal des Leipziger Palmengartens, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 25. Januar 1905. Frühausgabe, S. 7. [2] Das 17. Sinfonie-Konzert des Winderstein-Orchesters, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 28. Januar 1905. Frühausgabe, S. 2.

Musikdirektor Gustav Sabac-el-Cher in Leipzig – Dirigent

Vom nächsten Sonntag, den 1. August, ab wird neben den bewährten hiesigen Capellen das Musikcorps des 1. ostpreußischen Grenadier-Regiments „König Friedrich III.“ Nr. 1 aus Königsberg i. Pr. auf dem Ausstellungsplatz concertiren. Der Capelle geht ein ganz vorzüglicher Ruf voraus und soll dieselbe über ein ungewöhnlich reiches Repertoire verfügen. Ein ganz besonderes Interesse dürfte aber der Dirigent des Musikcorps, Herr G. Sabac el Cher, selbst erwecken, weil er der erste und einzige schwarze Capellmeister der deutschen Armee ist. Er ist der Sohn eines *POCs, welchen Prinz Albrecht von Preußen am Hofe des Vicekönigs von Egypten kennen gelernt und als Kammerdiener nach Berlin gebracht hatte. Mit Ausnahme seiner schwarzen Hautfarbe erinnert jedoch nichts mehr an die afrikanische Abstammung des Königsberger Musikdirektors, er gilt vielmehr als ebenso schneidiger Soldat, wie vorzüglicher Musiker, der mit seiner wohlgeschulten Capelle stets Beifall und Anerkennung findet. Es ist deshalb auch anzuerkennen, daß uns der Festausschuß mit diesem vielversprechenden Musikcorps und seinem interessanten Dirigenten bekannt macht. [1] Wie schon angekündigt, beginnt am Sonntag, den 1. August, das Musikcorps des 1. ostpreußischen Grenadier-Regiments „König Friedrich III“ Nr. 1 aus Königsberg unter seinem schwarzen Dirigenten, dem Musikdirector G. Sabac el Cher, seine Concerte auf dem Ausstellungsplatze. Die anerkannt vorzügliche Capelle wird zwei Theile ihres auserwählten Programms im Pavillon beim Café und zwei Theile in dem neben dem Hauptrestaurant befindlichen spielen. Es steht zu erwarten, daß die wohlgeschulte Capelle wie überall so auch hier reichen Beifall und wohlverdiente Anerkennung finden wird. [2] Sabac el Cher. Dies ist der Name des einzigen schwarzen Kapellmeisters, den die deutsche Armee besitzt. Er steht an der Spitze des Musikcorps vom königl. Preußischen Grenadierregiment König Friedrich III. (1. ostpreußisches) Nr. 1, das zu Königsberg i. Pr. garnisonirt. Die Kapelle spielte im Juli d. J. auf der Internationalen Kunstausstellung zu Dresden und fand für ihre vortrefflichen Leistungen stets lebhaften Beifall der Zuhörer. Ihr Kapellmeister, ein sehr hübscher Mann, fesselte natürlich das Interesse des Publikums in besonderem Grade. Sabac el Cher ist von Geburt ein Deutscher. Sein Vater stammte aus Unterägypten und war als Kind am Hofe des Vicekönigs von Aegypten in Kairo zur Erziehung. Dort lernte ihn Prinz Albrecht von Preußen, ein Bruder Kaiser Wilhelm’s I., kennen, der ihn nach Berlin brachte, wo er sich mit einer Berlinerin verheirathete und im Hofhalt des genannten Prinzen das Amt eines Silberverwalters übertragen erhielt. Im Jahre 1867 beschenkte ihn seine Gattin mit einem Sohn, der bis zum 14. Jahre in die Bürgerschule ging und bereits im 8. Lebensjahre die Violine zu spielen begann. Von 1881 bis 1885 besuchte er ein Musikinstitut zu seiner weitern Ausbildung und trat in dem zuletzt genannten Jahr bei der Kapelle des königl. preußischen Füsilierregiments Prinz Heinrich von Preußen (brandenburgisches) Nr. 35 in Brandenburg a. d. H. als Hautboist und Soloposaunist ein. Nach mehrjähriger Thätigkeit als solcher besuchte er von 1893 bis 1895 die königl. Hochschule für Musik in Berlin und nahm Unterricht bei den Professoren Joachim, Bargiel, Härtel, Koßleck, Roßberg u. a. Nach gut bestandenem Examen wurde er im letztgenannten Jahr nach Königsberg berufen zur Uebernahme der Dirigentenstelle im 1. Grenadierregiment. Er bekleidet diesen Posten noch heute, und seine Kapelle findet überall, wo sie concertirt, Anerkennung und Beifall. Dies ist in knappen Umrissen die Lebensgeschichte des einzigen schwarzen Kapellmeisters der deutschen Armee. – Dch. [3] Seit wenigen Tagen läßt sich im Parke der Internationalen Kunstausstellung die Kapelle des Grenadier-Regiments „König Friedrich III.“ (1. Ostpreußisches) Nr. 1 aus Königsberg hören und findet allabendlich trotz des für Gartenconcerte leider recht wenig günstigen Wetters Zuspruch und für ihre Vorträge stets reichlichen Beifall. Das Interessanteste an der Kapelle ist für das Publikum jedenfalls der Dirigent Sabac-el-Cher, der einzige schwarze Kapellmeister des deutschen Heeres. Ueber ihn und seine Carriere in Deutschland ist Folgendes bekannt: Sabac-el-Cher wurde 1867 als der Sohn eines gleichnamigen Silberverwalters, welcher lange Jahre im Dienste des verstorbenen Prinzen Albrecht von Preußen stand, geboren. Bis zum 14. Jahre besuchte der Knabe eine höhere Bürgerschule und fing bereits im 8. Jahre an Violine zu spielen. Vom 14. bis 18. Jahre besuchte er ein Musikinstitut und trat 1885 bei der Kapelle des Füsilier-Regiments Nr. 35 als Hautboist ein. Dann besuchte er 1893-1895 die königliche Hochschule für Musik in Berlin und wurde 1895 zur Uebernahme der Dirigentenstelle im 1. Grenadier-Regiment nach Königsberg berufen. Sein Vater stammte aus Unter-Egypten und war als Kind am Hofe des Vice-königs von Egypten in Kairo. Dort lernte ihn Prinz Albrecht von Preußen kennen und brachte ihn nach Berlin, woselbst Sabac-el-Cher eine Berlinerin heirathete. Daß er als Musiker etwas Tüchtiges gelernt hat, beweisen die Leistungen seiner Kapelle, die mit Geschmack und einer für einen Militärkapellmeister beinahe erstaunlichen Ruhe leitet. Das Zusammenspiel ist dabei exakt und von jener straffen Rhythmik, die so charakteristisch für die deutsche Militärmusik ist; Holz und Blech sind gleich gut besetzt, und auch an tüchtigen Solisten scheint es dem Orchester nicht zu fehlen. Die dynamischen Schattirungen werden tadellos herausgeholt, was vorgestern namentlich das Vorspiel zum dritten Akte aus „A basso porto“ von Spinelli bewies, während der Vortrag des Strauß‘ schen Walzers „Wo die Citronen blühen“ durch zarte Uebergänge und seine Pianos überraschte. Die Programme sind ein augenscheinlich in Rücksicht auf ein nicht allzu musikalisch anspruchsvolles Publikum zusammengestellt, da sie meist populäre Musikstücke enthalten; das Fehlen Wagner‘s in der Reihe der Komponistennamen überrascht aber doch etwas, da man heutzutage auf dem Programm jedes Militärconcerts dem Meister von Bayreuth zu begegnen gewohnt ist. Hoffentlich bessert sich bald das Wetter, damit die trefflichen Leistungen Sabac-el-Cher‘s von einem recht zahlreichen Publikum in den nächsten Tagen gewürdigt werden können. [4] There are bandmasters and bandmasters, pretty well the world over. About the most famous of them is Lieutenant „Dan“ Godfrey, supreme over the band of the Grenadier guards. Himself the son and grandson of bandmasters, he has passed the talent on. His three sons are likewise bandmaster. The original Godfrey, Charles by name, led the band of the Coldstream guards in the days before Waterloo, and wielded the baton a matter of forty years. His son and successor, Frederick, conducted for something like twenty years. The third … Weiterlesen

Amerikanischer Marschkönig John Philip Sousa – Dirigent

Den Musikfreunden wird während der bevorstehenden Sommermonate eine ganz besonders reiche Abwechslung geboten werden. Wie bereits mitgetheilt, giebt in der Zeit vom 10. bis 13. Juni das aus 76 Künstlern bestehende amerikanische Orchester unter Leitung des Componisten John Philipp Sousa täglich zwei Concerte im Palmengarten. Dieses Gastspiel dürfte sich zu einem bedeutsamen Ereigniß für unsere Musikstadt Leipzig gestalten. Außer diesem hier zum erstenmale erscheinenden Orchesterkörper werden noch eine größere Anzahl von Militärcapellen aller Waffengattungen im Palmengarten concertiren, darunter auch das als beste deutsche Militärcapelle bekannte und von unserem Kaiser wiederholt ausgezeichnete Musikcorps des großherzoglich badischen Leib-Grenadierregiments aus Karlsruhe, dessen genialer Dirigent, der königliche Musikdirector Adolph Boettge, seine weit und breit berühmt gewordenen historischen Concerte bieten wird. Vielfachen Wünschen entsprechend sind auch für diesen Sommer wieder mit den Capellen des 27. Infanterie-Regiments aus Halberstadt und des 32. Infanterie-Regiments aus Meiningen Verträge abgeschlossen worden. [1] Zum ersten Male seit 22 Jahren kommt eine amerikanische Kapelle nach Deutschland, und zwar die des Kapellmeisters und Komponisten John Philip Sousa aus Washington, die demnächst im Bergkeller Konzerte veranstalten wird. Sousa erhielt seine musikalische Ausbildung in Amerika, war schon mit elf Jahren Solo-Violinist, dirigierte mit 17 Jahren ein Orchester und ist jetzt der erfolgreichste Musiker der „Neuen Welt“. Sousas bisher veröffentlichte Kompositionen zählen 300 Nummern, die 70 seiner charakteristischen Märsche, vier erfolgreiche Operetten, symphonische Dichtungen, Suiten ec. umfassen. Diese deutsche Rundreise der John Philip Sousa-Kapelle ist dadurch ermöglicht worden, daß sie die offizielle amerikanische Kapelle bei der diesjährigen Pariser Weltausstellung ist. Die Programme sollen aus den besten Kompositionen aller Völker zusammengestellt sein. [2] Concerte im Leipziger Palmengarten. Wie bei dem vortrefflichen Rufe, deren sich die Regimentscapelle der 27er aus Halberstadt erfreut, nicht anders zu erwarten ist, üben die Concerte derselben zur Zeit eine große Anziehungskraft aus. Herr Musikdirector Hellmann leistet mit seiner erprobten Schaar thatsächlich ganz Vorzügliches und erntet nach jedem Vortrage wohlverdienten Beifall. Die Concerte der 27er finden während dieser Woche einschließlich Sonntag, den 13. Mai, täglich Nachmittags und Abends statt. Vom 14. bis 19. Mai concertiren abwechselnd die hiesigen Militärcapellen, während am 20. Mai der bekannte Componist Franz von Blon mit seinem Berliner Philharmonischen Blas-Orchester ein auf 5 Tage, d. i. bis einschließlich Himmelfahrt, berechnetes Gastspiel eröffnet. Vom 31. Mai bis 5. Juni (Pfingsten) spielt die berühmte Capelle des 7. bayerischen Infanterie-Regiments aus Bayreuth, vom 10. bis 13. Juni die Amerikanische Militärcapelle unter Leitung des Componisten Sousa, Ende Juni erscheinen die beliebten 32er aus Meiningen, Anfang Juli auf einige Tage die Capelle des I. bayr. Ulanen-Regiments aus Bamberg, vom 8. bis 15. Juli königl. Musikdirector Adolf Boettge aus Karlsruhe mit seinen historischen Concerten, in den letzten Tagen des Juli die großherzogl. mecklenburgische Grenadier-Capelle, zugleich Hofcapelle des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz, im August die als vorzüglich bekannten Capelle des 9. bayer. Infanterie-Regiments „Wrede“ aus Würzburg und schließlich während der Manöverzeit das von der 1897er Ausstellung her noch bestens bekannte Musikcorps des kaiserl. I. Seebataillons aus Kiel. [3] John Philip Sousa, unbestritten der hervorragendste unter den amerikanischen Capellmeistern und Componisten, wird von Sonntag, den 10., bis einschließlich Mittwoch, den 13. Juni 1900, seine vielbewunderte Capelle im Palmengarten vorführen. Sousa, dessen populären, frischen Märsche (Washington-Post, Liberty Bell, Stars and Stripes Forever, und viele andere) seinen Namen einen Weltruf verliehen haben, ist 12 Jahre lang Dirigent der Nationalcapelle der Vereinigten Staaten-Regierung gewesen und hat seine jetzt bestehende Concertcapelle, die unter den gegenwärtig existirenden Orchesterkörpern eine ganz eigenartige Stellung behauptet, selbst organisirt. In den letzten 8 Jahren hat diese Capelle nicht weniger als 4000 Concerte in den Hauptstädten der Vereinigten Staaten und Canadas gegeben. Auf der Weltausstellung in Chicago, den Industrie-Ausstellungen in St. Louis, Missouri und Pittsburg war die Sousa-Capelle das officielle Ausstellungs-Orchester. Durch seine überaus anziehende Dirigirungskunst ist Sousa der Liebling des amerikanischen Volkes geworden, und die ersten Kritiker haben die Leistungen seiner Capelle als ganz vorzügliche anerkannt. Für die Pariser Weltausstellung ist die Sousa-Capelle als officielle musikalische Vertretung der amerikanischen Regierung erwählt worden, und diesem Umstande dürfen wir auch nur die interessante Bekanntschaft mit dieser Capelle verdanken. Der Erfolg, den Sousa bei seinem Auftreten in Paris und seit einigen Tagen in Berlin, wo er täglich im Neuen königlichen Operntheater, früher Kroll, spielt, zu verzeichnen hat, ist ein bedeutender. [4] Am Sonntag Vormittag trifft der amerikanische Componist und Dirigent John Philip Sousa mit seinem Orchester hier ein, um bereits an demselben Tage sein erstes Concert im Palmengarten zu geben. Wie zu der Berlin im Neuen Königlichen Operntheater und zu Hamburg in Ludwig‘s Concerthaus, so veranstalten die Amerikaner auch hier ihre Concerte, welche bekanntlich von Sonntag, den 10. bis einschließlich Mittwoch, den 13. Juni, stattfinden, auf eigene Rechnung. Es macht sich deshalb nothwendig, an den genannten 4 Tagen von Nachmittags 2 Uhr ab die Giltigkeit der Dauerkarten des Palmengartens aufzuheben. Die Abonnenten genießen jedoch den Vortheil, daß ihnen von 2 Uhr ab der Zutritt zum Garten und damit auch zu den Sousa-Concerten gegen Bezahlung von 50 pf. Für Erwachsene und 25 pf. Für Kinder zusteht. Inhaber von Actionärkarten haben kein Eintrittsgeld zu entrichten. Für Personen, welche weder Actionäre, noch Abonnenten des Palmengartens sind, beträgt das Eintrittsgeld am Sonntag, den 10. Juni 1 Mark, Kinder 50 pf.; am Montag, Dienstag und Mittwoch dagegen bis 2 Uhr Nachmittags 1 Mark, Kinder 50 pf., nach 2 Uhr 1,50 Mark für Erwachsene und 75 pf. für Kinder. Mit welch gewaltigen Unkosten Sousa‘s großartige Concert-Unternehmung verbunden ist, dürfte daraus hervorgehen, daß allein die an die einzelnen Künstler zu zahlenden Honorare zwischen 35 und 200 Dollar für die Woche schwanken, was einen recht stattlichen Gegenetat darstellt. Die letztgenannte, für europäische Verhältnisse enorme Gage beziehen acht Capellmeister, welche der Sousa-Capelle als Solisten angehören und, wie Mr. Clarke und Mr. Pryor, fast ausschließlich eigene Compositionen zum Vortrag bringen. [5] Morgen Sonntag eröffnet das amerikanische Orchester unter Leitung John Philip Sousa‘s sein auf 4 Tage berechnetes Gastspiel im Palmengarten. Die Programme werden außer den Perlen europäischer Tonkunst auch eine Auslese der beliebtesten Compositionen Sousa‘s enthalten und sicher auch hier mit demselben großen Beifall ausgenommen werden, wie dies in Berlin und Hamburg der Fall war. [6] Nun hat der … Weiterlesen

Aus der Presse – Ernst Kiesling zur Malerei im Gesellschaftshaus

Die prächtige und vornehme Wirkung, welche das Innere des Gesellschaftshauses des Palmengartens auf den Beschauer ausübt, entspringt nicht allein den großangelegten Verhältnissen der Architektur, der glücklichen Gruppirung der Räume, sondern nicht zum Wenigsten der von unserem heimischen Dekorationsmaler Richard Hesse ausgeführten malerischen Ausschmückung. Mit dieser Arbeit bietet Hesse nicht blos eine sehr beachtenswerthe Leistung moderner Raumausstattung, sondern er hat damit zu gleicher Zeit das malerisch am schönsten ausgeschmückte hiesige öffentliche Etablissement geschaffen. Wir betreten das an der westlichen Seite des Gebäudes gelegene Vestibül, einen nach den inneren Localitäten zu abgerundeten Raum, mit einer nach beiden Seiten ausladenden Freitreppe, deren Podeste, sowie die unteren Wandtheile in dunkelgrünem Stückmarmor gehalten sind. Auf diesen kräftig getönten Unterbau erheben sich die übrigen licht gehaltenen Wandtheile und darüber breitet sich der klare unverzierte Deckenspiegel aus. An den Wänden wächst ein Heckenmotiv mit seinen feinen Verästelungen, saftig grünen Blättern und violetten Blüthen hinauf. Die in Glasimitation ausgeführten Fenster weisen Fruchtgehänge auf. Bei der Grundstimmung der verschiedenen Räume fällt der Wechsel der Töne angenehm ins Auge. So ist der dem in kalten Tönen gehaltenen Vestibül folgende Entrée-Saal vorwiegend in warmen, goldigen Farben gestimmt, wobei sich ab und zu an den aufsteigenden Wandfriesen ein stumpfes Bronzeviolett Geltung schafft. Die Wände zeigen stilisirte Baummotive mit Vögeln, während die von einem Oberlicht eingenommene Decke wie ein Velarium gestaltet ist, über welches stilisirte Luftlinien hinlaufen, zwischen denen Vögel schweben. Der große Festsaal ist naturgemäß am reichsten geschmückt. Die unten herumlaufende Wandverkleidung ist mit kräftig-rothem, palisanderfarbigem Linkrusta bedeckt, über das auf ockerfarbigem Wandton ein goldbronzenes, engverbundenes Flechtwerk hinläuft und sich zu der, die Emporen mit der Wandfläche verbindenden Route erhebt. Die in warmen goldigen Umbratönen gehaltenen Galerien bilden gleichsam einen Abschluß für die nun in lebhafteren Farben auftretenden Wandmalereien. Zwischen goldenen Pilastern spannen sich kräftiggrüne Malachitfriese ein, die in ihren unteren Theilen vergoldete figürliche Medaillons tragen. Die den größten Raum der Wandflächen einnehmenden mächtigen Bogenfenster lassen große Zwickel entstehen, auf welchen coloristisch feingestimmte malerische Darstellungen angebracht sind, welche die Tages- und Jahreszeiten versinnbildlichen; sie zeigen im Verein: Morgen und Frühling, Mittag und Sommer, Abend und Herbst und Nacht und Winter. Zu den von Schell in Offenbach ausgeführten farbigen Glasfenstern hat Hesse gleichfalls die Cartons geliefert, die über eine in reichem Blumenschmuck prangende Landschaft sich ausbreitende Früchte tragende Bäume aufweisen. Die breiten, über die Fenster sich ausspannenden Bögen sind mit mehrfarbigen Mosaikfriesen geziert. Die reichcassetirte Decke ist in tiefem, antikem Bronzeton gehalten, wobei einzelne Glieder mitunter durch eingelegte farbige Mosaiken verziert sind. Die Ruhe des Tons der Decke stimmt äußerst wohlthuend zu den auf den Wandflächen angestimmten kräftigeren Farben. Die große, das Palmenhaus abschließende Spiegelglaswand ist in ihrem oberen Theile mit den Pflanzenmotiven der Distel und des Löwenzahns verziert. In scharfem Contrast zu diesem Raume steht der ganz licht, in Weiß, Blau und Silber gehaltene Speisesaal mit seiner Hellen Cassettendecke, über deren Felder schwungvolle Linienzüge laufen, während aus den Ecken ein Eschenmotiv hervorwächst und die Wände zartgetönte Friese tragen. In dem Restaurationsraume klingen noch einmal kräftigere Farbenaccorde an. Ueber der mattgrünen Linkrusta-Lamperie erheben sich stilisirte, zusammengeraffte, mit einem Muster versehene Vitragen, die einen Blick in eine Landschaft eröffnen. Zu dem in den Verhängen vorherrschenden Blau, dem Grün der Landschaft, stimmen die in sattem Roth durchgeführten Architekturtheile ganz vortrefflich. Ueber die im japanischen Charakter gehaltene Decke ziehen sich Wolken und fliegende Vögel. Die einfacher ausgeschmückten Corridore und Treppenaufgänge zeigen über einer in bräunlichem Tone gehaltene Lamperie farbige Pflanzenmuster von Kiefern, Melonen, Palmen u. s. w. Eigenartig und wirksam ist das im Garten befindliche Orchester in seinem Innern ausgestaltet. Von einer in der Mitte sichtbaren Lyra schweben die drei Grazien, die Schnüre in den Händen halten, die mit den ganz oben angebrachten schwingenden Glocken in Verbindung stehen. Unterhalb der Lyra breiten sich nach vorn zu durch Linien charakteristische Schallwellen aus. In der Mitte der kuppelartigen Wandfläche ziehen sich Notenlinien hin, die durch senkrecht durchschneidende, aus Schellen gebildete Friese unterbrochen werden. Die so entstandenen Theile tragen Hauptmotive der „Messe“ von Bach, der 5. Symphonie von Beethoven, dem Liede „Der Lindenbaum“ von Schubert und der Oper „Rheingold“ von Wagner. Von Ernst Kiesling. Die malerische Ausschmückung des Gesellschaftshauses im Palmengarten, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 21. Mai 1899, S. 4022.

Rede und Trinkspruch bei der Eröffnung des Palmengartens – Dr. Otto Georgi

Hochgeehrte Festversammlung! Die Leitung des Palmengartenunternehmens hat mir den Wunsch ausgesprochen, dass ich den Worten meines verehrten Kollegen Gruner noch einige Worte hinzufügen möchte. So wenig ich dafür ein Bedürfnis der Versammlung anzuerkennen vermocht habe, so habe ich dem Wunsche entsprochen; wird mir doch dadurch Gelegenheit geboten, meine Freude und meinen Dank nach manchen Richtungen auszusprechen. Ich empfinde an dem heutigen Tage die Freude, die jede erfüllte Hoffnung uns gewährt, wenn sie nur auf Gutes und Schönes gerichtet war. Als ich vor nunmehr nahezu sechs Jahren die Gartenbauausstellung auf diesem Platze begrüßte, sprach ich die Worte aus: „Sollte es nicht möglich sein, hier dauernd etwas zu schaffen, was sich auf dem bisher Gewordnen aufbaut, und hier einen Lieblingserholungsplatz für unsre Bürger mit den Mitteln einer vollendeten Gartenbaukunst einzurichten und zu erhalten? Mir hat dieses Ziel vorgeschwebt, als ich auf diesen Platz hinwies, es haben sich bereits viele Mithelfer für diesen Plan gefunden, und hoffentlich wird unsre Bürgerschaft dabei gern unterstützen.“ Nun wohl, die Einrichtung ist ins Werk gesetzt und steht vollendet vor uns. Es hat längerer Zeit dazu bedurft, als man damals annehmen wollte; zum Teil hat es daran gelegen, dass ein andres großes Unternehmen in den Vordergrund trat, das Mühe, Opfer und Zeit der leitenden Männer in ungewöhnlichem Maße in Anspruch nahm, zugleich aber dem Bedürfnisse unsrer Bürgerschaft nach einer Erholungsstätte in reichem Maße Befriedigung gewährte. Oft freilich schien es auch, als ob die Teilnahme und Opferwilligkeit für unser Unternehmen noch nicht in dem Maße vorhanden wäre, als man vorausgesetzt hatte. Es liegt ja in der menschlichen Natur, dass viele Leute kritisch sind, und besonders dann, wenn sie Opfer bringen sollen; warum sollte Leipzig davon eine Ausnahme machen, gilt ja von ihm besonders das Wort, dass es „erwartet sein will“. Aber um so weniger waren die Männer zu entmutigen, die nicht nur als Mithelfer mitwirkten, sondern die die Sache mit ebensoviel Begeisterung als Hingebung und praktischem Verständnis in die Hand nahmen. Ihnen gilt in erster Linie mein Dank. Ich darf ja keine Namen nennen, der eine von ihnen hat auch bereits zu Ihnen gesprochen. Nur einen möchte ich noch hervorheben, dem es leider nicht vergönnt ist, heute mit anwesend zu sein, es ist der Herr Justizrat Dr. Colditz, welcher mit seiner Verbindung von Erfahrung für die rechtlichen Formen der Gesellschaft und von ungewöhnlichem praktischen Verständnisse für die finanzielle und technische Ausgestaltung des Unternehmens die hervorragendsten Verdienste um dasselbe sich erworben hat. Wir hatten ferner das große Glück, dass derselbe Mann, welcher seinerzeit die Gartenbauausstellung geleitet und damals glänzende Beweise seines Könnens abgelegt hatte, Herr Gärtnereibesitzer Moßdorf, als Sieger aus dem Wettbewerb hervorging [als 2. Platzierter bekam er den Zuschlag]. Auch ihm möchte ich noch besondern Dank aussprechen. Was ihm damals gewiss bereits vor der Seele geschwebt hatte, was wir oft zusammen besprochen hatten, er hat es nun ausgestalten dürfen; er hat es gethan mit der Begeisterung, die die Erfüllung einer schönen Aufgabe einem jeden Künstler einflößt, er hat es gethan im Bewusstsein der schönen Mission, die seine Kunst zu erfüllen hat. Er sprach damals bei der Eröffnung der Ausstellung von der Gründung des Leipziger Gärtnervereins die Worte: „Damals war die Gärtnerei noch nicht Gemeingut des Volkes. Der Sinn dafür mußte langsam gepflegt und großgezogen werden. Fort und fort pflegte auch der Leipziger Gärtnerverein das Ziel seiner Gründer.“ Dazu nun zu helfen, die Gärtnerei, die Freude an ihren Gaben, das Verständnis für ihre Kunst zum Gemeingute des Volkes zu machen, das ist auch eine wesentliche Aufgabe unsers Gartens, dazu ist er unternommen, dazu ist er von seinem Schöpfer gedacht und ausgeführt, und dafür gebührt ihm und allen seinen treuen Mitarbeitern nicht nur unser, sondern allgemeiner Dank. Garten- und Hochbauarchitekt mußten sich aber bei einem solchen Werke verständnisvoll in die Hände arbeiten. Daß dies hier in glücklichster Weise der Fall gewesen, ist von meinem Herrn Vorredner ja bereits erwähnt worden, und ich kann nun auch meinerseits bezeugen, wie dankbar wir dem Herrn Architekten wie den ausführenden Gewerken sind. Mit Hilfe der tüchtigen Kräfte, die nun dem Unternehmen gewonnen sind, wird es wohl gelingen, dasselbe im Betriebe weiter auszugestalten, um zu der Vollendung zu führen, welche wir im Interesse und zu Ehren unsrer Stadt wünschen, wenn eine Hoffnung noch sich erfüllt, die ich damals gehegt und ausgesprochen habe, nämlich dass unser Garten wirklich ein Lieblingserholungsplatz für unsre Bürger wird. Es soll ihnen hier eine Stätte bereitet sein, wo sie nach des Tages Arbeit gern mit den Ihrigen Ruhe und Erholung suchen, wo am Tage in der Kühle des Schattens unter alten Bäumen, beim Sange der Vögel, gern die Mutter mit ihren Kindern Erquickung in der freien und doch geschützten Natur sucht, eine Stätte wo die verschiednen Kreise und Schichten der Gesellschaft gern einen gemeinsamen Mittelpunkt finden, der sie auch sozial näher führt. Dass diese Hoffnung sich erfülle, das hängt ja nun wesentlich von der Teilnahme unsrer Bürger ab. Sie mögen unser Werk nicht als eine Gabe betrachten, die ihnen von einigen Bürgern gereicht wird, die sie heute genießen und morgen vergessen, nein, es soll ihnen ihr Werk sein, das sie mitgeschaffen haben, für dessen Erhaltung sie mit einzutreten, an dessen immer schönerer Vollendung sie mitzuarbeiten haben, das ihnen aber dann alle Teilnahme gewiss auch reichlich lohnen wird. Nicht ein neuer Vergnügungsort sollte hier entstehen, sondern eine Schöpfung der Gartenbaukunst, von Leipzigs Bürgern und für sie zur Freude am Schönen und zur Veredlung durch das Schöne. In diesem Sinne übergeben wir das Werk unsern Mitbürgern, möge es ihnen lieb werden. Das gebe Gott! Hochgeehrte Festversammlung! Die Palme ist das Symbol des Friedens, und so steht unser Garten im Zeichen des Friedens. Er ist aber auch ein Werk des Friedens, denn wie hätten wir schaffen können, wenn nicht die Arbeit des Friedens uns dazu die Mittel gegeben, wenn nicht der Friede uns die fleißigen Hände dazu gelassen hätte, und er ist endlich ein Werk für den Frieden, für die ruhige Erholung nach friedlicher Thätigkeit, für die Annäherung und Befreundung weiter Kreise unsrer Bevölkerung. Wie sollten wir da, bei der Eröffnung unseres Werkes, nicht … Weiterlesen

Aus der Presse – Die Neueröffnung vom Kuhturm-Restaurant

Ein Idyll aus Leipzigs Vergangenheit wird wiederkehren, sobald das mit dem Palmengarten verbundene vordere Restaurant (früher Kuhthurm-Restaurant) wieder eröffnet ist. Zwar ist noch Alles im Werden, allein ein Blick in die zahlreichen, zu traulichen Kneipzimmern ausgestatteten Räume des Parterre und der ersten Etage zeigt den erlesenen Geschmack, welcher hier maßgebend ist. Um den früheren Wirthschaftshof ziehen sich rings mächtige Veranden und uralte Baumriesen ragen mit den Wipfeln darüber. — Kurz, noch vor der Eröffnung des Palmengartens wird dem Publicum ein Erholungsplatz zugänglich gemacht werden, welcher rasch sich vollster Beliebtheit um so mehr erfreuen dürfte, als in Herrn Alwin Hensel ein Gastronom für dasselbe gewonnen wurde, welcher vollstes Verständniß für seine dort harrende Ausgabe besitzt. Tausenden von Leipzigern ist Herr Hensel bereits aus seiner Dresdner Thätigkeit, speciell in der „Alten Stadt“ der 1896er dortigen Ausstellung, bekannt und nicht unmöglich erscheint es, daß seinem emsigen Schaffen es gelingt, das vordere Palmengarten-Restaurant schon zum Pfingstfeste dem allgemeinen Besuchern zu öffnen.  [1] Mit Bienenfleiß schaffen eine große Anzahl Arbeiter und Künstler, um das an der Frankfurter Straße gelegene vordere Palmengarten-Restaurant bis Pfingsten fertigzustellen, und ohne Zweifel wird es Herrn Hensel, dem Bewirthschafter des Etablissements, gelingen, Fertiges zu bieten, sobald er die Pforten des alten Kuhthurms den Gästen öffnet. Die inneren Räumlichkeiten, allerliebst ausgestattete trauliche Kneipzimmer, sind nahezu vollendet, ebenso die rings sich um die Gebäude ziehenden mächtigen Veranden und der Musikpavillon. Auch die westlich des Kuhthurmgebäudes befindlichen gärtnerischen Anlagen werden in den Restaurationsbetrieb einbezogen und viele Hunderte werden da lauschige Plätzchen finden, um sich inmitten prangender Natur zu erholen. Die Art und Weise der Einrichtung dieses vorderen Etablissements, das unabhängig vom Besuch des Palmengartens selbst auch nach dessen Eröffnung weiter bestehen wird, läßt angenehme Schlüsse zu auf das später unter Leitung des Herrn Hensel zu eröffnende Hauptrestaurant. [2] Das Palmengarten-Restaurant (vorderes) wird am 1. Pfingstfeiertag seiner Bestimmung übergeben werden, und wer dahin seine Schritte lenkt, der wird staunen ob der Veränderung, die sich der alte „Kuhthurm“ und dessen unmittelbare Umgebung gefallen lassen mußten, um in großartigster Weise neu zu erstehen. Ein herrlicher Erholungsort ist dort geschaffen worden, dessen lebhafter Besuch nicht ausbleiben wird. Bezüglich der Bewirthschaftung desselben ersehen die Leser alles Nähere aus dem Inserat vorliegender Nummer. [3] Während die baulichen Arbeiten der im Westen Leipzigs zu errichtenden Palmengartenanlage auf das Eifrigste gefördert werden, um den Palmengarten selbst noch im Laufe des Jahres seiner Vollendung entgegenzuführen, hat bereits ein Theil des wirthschaftlichen Betriebes, soweit er nicht in directem Zusammenhang mit den zu errichtenden großen Neubauten steht, eröffnet werden können: der Kuhthurm, unmittelbar neben dem Haupteingange zum Palmengarten an der Frankfurter Straße gelegen, ist in jüngster Zeit seiner Bestimmung, als Restaurant zu dienen, übergeben worden. Das malerische Gebäude, welches früher den mannigfachsten Zwecken, unter Anderen auch denen der landwirthschaftlichen Versuchsstation der Universität Leipzig diente, erfuhr in den letzten Wochen eine durchgreifende architektonische Erneuerung, mit welcher gleichzeitig die Errichtung zweckmäßiger und schöner Neubauten verbunden wurde, so daß sich der Kuhthurm nunmehr als ein einheitlicher Restaurationsbetrieb präsentirt. Das mit der Front nach Norden gelegene Hauptgebäude wurde an seiner Gartenseite mit einer alle Nebengebäude miteinander verbindenden breiten Wandelhalle versehen, die Hunderten von Besuchern einen bequemen Aufenthalt gewährt. Ihr origineller durch natürliche Birkenholzconstructionen gegebener Charakter steht in vollem Einklang zu der malerischen Ausschmückung, welche sowohl den langen Wandflächen der Colonnaden als auch sämmtlichen Innnenräumen des Hauptgebäudes gegeben wurde. Diese von Herrn Maler A. Hesse entworfene und ausgeführte künstlerische Decoration, die in einem seinem Wesen nach mittelalterlichen Stil gehalten ist, ohne sich streng daran zu binden, belebt die Wände mit einem flotten Arabesken- und Figurenspiel; es erfüllt sie mit einer Reihe symbolischer Motive, die namentlich im Hinblick auf die einstige forstwirthschaftliche Bedeutung des Kuhthurmes sich vielfach auf die Jagd beziehen. Auch in seiner sonstigen wirthschaftlichen Einrichtung trägt das Etablissement, das einen tüchtigen Vertreter des Gastwirthsstandes, Herrn Alwin Hensel, an der Spitze und Leitung seines umfassenden Betriebes steht, vereinigt sich die mustergiltige und zweckmäßige Anordnung mit einer gediegenen und vornehmen Ausstattung, die für den Gast nur wohlthuend wirkt. Mit der Eröffnung dieses ersten Palmengarten-Restaurants ist ein Etablissement von freundlichstem Charakter unserer Bewohnerschaft erschlossen worden; seine Beliebtheit hat sich bereits kurz nach seiner Eröffnung geäußert, als Schaaren von Besuchern sich den reizenden Anlagen und Bauten am ehemaligen Kuhthurm zuwandten und die erste Etappe zum zukünftigen Palmengarten besetzten. [4] Der Inhaber des vorderen Palmengarten-Restaurants (Kuhthurm) wird, wenn das Wetter ein günstiges ist, am nächsten Mittwoch, den 29. Juni, das erste Concert veranstalten, das von der gesammten Capelle des 10. königl. sächsischen Infanterie-Regiments Nr. 134 unter Herrn Alfred Jahrow‘s ausgezeichneter Leitung ausgeführt wird. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Herr Hensel mit dieser Veranstaltung den Wünschen Vieler entgegenkommt. Sicher steht auch dem Concert, das wie alle von der genannten Capelle gegebenen ein vortreffliches sein wird, starker Besuch in Aussicht, ist doch durch die elektrische Bahn günstige Gelegenheit gegeben, das hübsche Restaurant der neuen großartigen Anlage, welche das allgemeinste Interesse beansprucht, bequem zu erreichen. [5] [1] Das vordere Palmengarten-Restaurant, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger, Beilage. Abendausgabe vom 6. Mai 1898, S. 3495. [2] Das vordere Palmengarten-Restaurant, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger, 3. Beilage vom 19. Mai 1898, S. 3855. [3] Das vordere Palmengarten-Restaurant, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger, 8. Beilage. Sonntagsausgabe vom 29. Mai 1898, S. 4137/4140. [4] Vom Leipziger Palmengarten, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger, Sonntagsausgabe vom 12. Juni 1898, S. 4471. [5] Das vordere Palmengarten-Restaurant, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger, 8. Beilage. Sonntagsausgabe vom 26. Juni 1898, S. 4881.

Aus der Presse – Vortrag vom Gartenarchitekt zum Palmengarten

Der Leipziger Palmengarten wurde von Herrn Moosdorf [Mossdorf oder Moßdorf], Vorsitzendem der kürzlich beendeten internationalen Gartenbau-Ausstellung, in der letzten Sitzung des Hausbesitzer-Vereins in Leipzig-Lindenau in einem Vortrage behandelt, und es äußerte sich der Redner über dieses Project etwa wie folgt: Bei dem allgemeinen Interesse, welches das Project eines Palmengartens erregt, wird natürlich die Frage aufgeworfen: wie ist diese Idee entstanden? Palmengärten giebt es schon seit längerer Zeit in anderen Städten, z. B. in Köln, Frankfurt a. M., Charlottenburg, Hannover, und was dort möglich war, müßte doch auch hier in Leipzig zu schaffen sein. Als im vorigen Jahre im Gärtner-Verein der Plan einer internationalen Gartenbau-Ausstellung entstand, wurde Herr Moosdorf beauftragt, den hierfür passenden Platz vorzuschlagen. Bei den Verhandlungen, welche darüber mit dem Herrn Oberbürgermeister Dr. Georgi gepflogen wurden, schlug dieser das Kuhthurmgrundstück vor, zugleich den Wunsch äußernd, dort vielleicht noch einmal einen Palmengarten erstehen zu sehen. So entstand die Gartenbau-Ausstellung und dem Publicum ist hierbei die Gelegenheit geboten worden, zu sehen, wie ein Palmengarten sich vielleicht präsentiren würde. Bei der Frage nach der Berechtigung der Idee ist eine ideale Seite und reale Seite in das Auge zu fassen. Mancher fragt, wozu brauchen wir einen Palmengarten? Jeden Menschen erfreut der Anblick der Natur. Deshalb ist es das Bestreben der Reichen, sich mit Naturanlagen zu umgeben und selbst die ärmeren Classen versuchen, so weit ihre Mittel reichen, sich ein Gärtchen zu schaffen. Besonders in den großen Städten ist das Bedürfniß nach einem Garten vorhanden. Diejenigen, welche Gelegenheit hatten, in ihrer Jugend die Natur in vollen Zügen zu genießen und deren Wiege nicht in einer großen Stadt stand, wissen das zu würdigen. Der Verkehr mit der Natur ist für die ideale Entwickelung des Menschen von Vortheil, und wie wohlthuend in sanitärer Hinsicht die Natur auf das Gedeihen der Kinderwelt wirkt, ist Jedem bekannt. Um nun den Stadtbewohnern Gelegenheit zu geben, den Genuß eines Gartens zu haben, aber nicht nur im Sommer, sondern auch in der rauhen Jahreszeit, empfiehlt es sich, Anlagen, wie der projectirte Palmengarten, in das Leben zu rufen. Wenn man die reale Seite betrachtet, so entsteht die Frage: Wenn eine Stadt wie Leipzig einen Palmengarten schafft, was nützt derselbe? In erster Linie wird die Stadt dadurch verschönert und für die Fremden ein neuer Anziehungspunct geschaffen. Dieselben verweilen dann länger hier und dadurch wird der Stadt Geld zugeführt. Die Gartenbau-Ausstellung hat so recht den Fremdenzufluß illustrirt, haben doch etwa 150 000 Personen die Ausstellung besucht. Zieht man nun eine Parallele zwischen dem hier geplanten und anderen Palmengärten, so ist das Resultat ein für Leipzig günstiges. Frankfurt a. M. hatte zuerst wenig Mittel zur Verfügung und das kleine Grundstück war ein vollständig kahler Platz. Vortheilhafter liegen die Verhältnisse hier. Es ist schon landschaftliche Schönheit vorhanden, die dort erst geschaffen werden mußte, wie die schöne Umrahmung des Platzes und die vorhandenen Anlagen der Ausstellung. In Frankfurt hat z.B. die Herstellung des Teiches circa 400 000 Mark gekostet. Hier ist das Terrain ganz von Wasser umgeben und wenn auch der in der Ausstellung angelegte Teich vertieft werden muß, um Gondelfahrten zu ermöglichen, so ist die Ausführung doch keine so schwierige. Der ganze Plan der Ausstellung war so zugeschnitten, daß er als Grundlage für den Palmengarten dienen kann. In 4-5 Jahren läßt sich ein Palmengarten schaffen, welcher mit jedem andern concurriren kann. Die schon vorhandenen alten Bäume und der für Neupflanzungen so günstige Boden sind ein großer Vortheil, den wir vor anderen derartigen Anlagen voraus haben. In welcher Weise wird nun ein Palmengarten geschaffen? Das ist die nächste Frage. In Köln z. B. ist der Garten sehr beschränkt, und wenn auch in Frankfurt a. M. derselbe größer ist, so ist er doch immer noch zu klein, um den richtigen Genuß eines Gartens eintreten zu lassen. Denn die meisten existirenden Palmengärten sind mehr Palmenhäuser und die darin enthaltene drückende Atmosphäre wirkt nicht erquickend. In einem Palmengarten muß eine angenehme Luft sein. Man hat sich verleiten lassen, um der Seltenheit willen, solchen Pflanzen den Vorzug zu geben, welche eine hohe Temperatur gebrauchen. Es giebt aber viele Pflanzen, welche nur einer niedrigen Temperatur bedürfen, und der hier geplante Palmengarten soll eben vorzugsweise solche Pflanzen enthalten, er soll anders aussehen, als andere Palmengärten, das Publicum soll wirklich den Genuß eines Gartens haben. Wenn der Garten nach diesem Plane ausgeführt wird, so muß er ohne Zweifel die anderen Anlagen übertreffen, und trotzdem werden die Herstellungskosten nicht so viel betragen. Wenn das Project des Palmengartens zur Ausführung kommt, so wird, so schloß der Redner unter lebhaftem Beifall seinen Vortrag, unstreitig Leipzig dadurch gewinnen und insonderheit der westliche Stadttheil wird großen Vortheil davon haben. [1] Am gestrigen Abend hielt der Bezirks-Verein West-Leipzig im Gosenschlößchen zu Plagwitz seine Hauptversammlung ab. Dieselbe wurde in Vertretung des Vorsitzenden Herrn Weyrauch von Herrn Knoll mit einer kurzen begrüßenden Ansprache eröffnet […] Hierauf nahm Herr Handelsgärtner Moßdorf sen. das Wort zu dem zugesagten Vortrag über den „Leipziger Palmengarten“. Die Idee, einen Palmengarten zu schaffen, geht bis in die siebziger Jahre zurück, wo sie schon im Leipziger Gärtner-Verein erörtert wurde. Aber erst 1893 kam die Angelegenheit in Fluß, als gelegentlich der Jubiläums-Ausstellung des Gärtner-Vereins Herr Oberbürgermeister Dr. Georgi das Kuhturmareal als das geeignetste in Vorschlag brachte. Dasselbe war bereits für die Ausstellung von 1884 in Vorschlag gebracht, damals aber wegen der Hochwassergefahr abgelehnt worden. Ein jetzt angefertigter Nivellirungsplan ergab aber, daß dieselbe nur eine illusorische war. Etwaige noch vorhandene Bedenken wurden durch Erhöhung des dem Luppen-Ufer entlang führenden Dammes um 50 cm und durch die neuerbaute große Vorfluthschleuße beseitigt. Das Kuhthurmareal eignet sich für den Palmengarten wie kein zweites, da es einen prachtvollen landschaftlichen Hintergrund und außerordentlich werthvolles altes Baummaterial bietet. Nach der 1893er Gartenbau-Ausstellung wurde daher eine Actiengesellschaft begründet. Die Zeichnung der Actien verzögerte sich etwas, da gegen den neuen Palmengarten von manchen Seiten Bedenken geltend gemacht wurden, namentlich hieß es, der neue Palmengarten wird nur eine neue Kneipe. Dem ist aber nicht so, denn wenn in einem Gartenlocal das Restaurant die Hauptsache und der Garten nur Nebensache ist, so ist das Verhältniß beim Palmengarten, wie aus § … Weiterlesen

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