Die Stadt Leipzig ist infolge ihrer Lage durch unmittelbar an der Stadt liegende Laubholzwälder von bedeutendem Umfange mit schönen Beständen, wie nicht minder durch landschaftliche Anlagen um die innere Stadt, sowie durch viele bepflanzte Stadtplätze und einige grössere Parks besonders begünstigt. Die Bestrebungen für Herstellungen öffentlicher Anlagen datiren schon aus dem vorigen Jahrhundert, und sind noch einige Teile in ihren Grundideen aus jener Zeit vorhanden, wie z. B. der niedere und obere Park mit dem Schwanenteich.
Der Umstand, dass Leipzig früher Festung war, ermöglichte die Entstehung der Anlagen um die innere Stadt. Die früher um dieselbe führenden breiten und tiefen Festungsgräben wurden mit den abgetragenen Wällen und durch Anfuhr anderen Materials ausgefüllt und auf den gewonnenen Flächen die Anlagen hergestellt.
In den letzten 40 Jahren sind nun die Anlagen um die innere Stadt einer Umwandlung unterzogen worden, die aus dem Entwicklungsgange der Stadt im allgemeinen hervorging. Der Bau monumentaler öffentlicher Gebäude, wie des Museums und des Theaters, deren Grundflächen den Anlagen entnommen wurden, wie auch die Anlage neuer Strassen zur Verbindung der inneren Stadt mit den grossen Vorstädten, mussten notgedrungen auch Veränderungen in den Gartenanlagen herbeiführen.
Die grösseren Um- und Neugestaltungen der Anlagen um die innere Stadt geschahen in den Jahren 1857 – 1858 infolge Neubaues des Museums in den Rossplatz-Anlagen. Sie erstreckten sich bis zum ehemaligen Peterstore und liessen gleichzeitig die Schillerstrasse entstehen. Ferner musste infolge des Theaterbaues der Schneckenberg, eine Anlage aus dem vorigen Jahrhundert, geopfert werden, wogegen der Schwanenteich, ein Bestandteil dieser Anlage, erhalten bleiben und namentlich durch einen unmittelbar aus dem Wasserspiegel emporsteigenden grossen Springbrunnen verschönert werden konnte. In den Jahren 1870 – 1871 wurden infolge Geradlegung der Goethe- und Verbreiterung der Parkstrasse der untere Teil des oberen und der niedere Park umgestaltet.
Eine gleichfalls grössere Umgestaltung erfuhren in den Jahren 1882 bis 1883 die Anlagen des Obstmarktes, indem durch Inangriffnahme des südwestlichen Anbaues die Tieferlegung dieses Marktes, als des Schlüssels zu diesem Anbaue, zur Notwendigkeit wurde. Die weiteren Umgestaltungen in den Anlagen um die innere Stadt bestanden darin, ungenügend ausgefüllte Vertiefungen aus früherer Zeit den heutigen Verhältnissen entsprechend anzupassen, wie dies auch neugeführte Strassenanlagen erforderten.
Ein Vorteil der Anlagen um die innere Stadt besteht zum nicht geringen Teile darin, dass ein breiter zu beiden Seiten mit Alleebäumen bepflanzter Promenadenfussweg von ungefähr 3,5 km Länge rings um die innere Stadt führt, welcher Weg zugleich eine Hauptverkehrsader für die ganze Stadt ist, indem er den Verkehr zwischen der inneren Stadt und den grossen Vorstädten vermittelt.
Mit der Promenade in enger Verbindung schliessen sich rings um die innere Stadt in grösserer oder geringerer Breite die eigentlichen Parkanlagen an, die alle durchsichtig gehalten sind, und deren Durchsichten über verhältnismässig breite Rasenbahnen gehen. Es sei die Rossplatz-Anlage, der Obstmarkt, sowie der obere und niedere Park erwähnt.
Als Glanzpunkte dieser Anlagen sind diejenigen vor dem Museum zwischen diesem und der Petersstrasse zu nennen, deren natürliche Schönheit noch mehr Reiz durch Ausschmückung mit Blumen- und Teppichbeeten, Blattpflanzen und dergl. erhält, wohingegen die übrigen Anlagen einfacher gehalten werden, dennoch aber auch durch wirksame Bilder sich auszeichnen, wie namentlich der obere und niedere Park. Mit den Veränderungen der Anlagen um die innere Stadt sind auch gleichzeitig grössere und kleinere Plätze in den Vorstädten geschaffen worden, und die Stadtverwaltung hat es sich angelegen sein lassen, jedem Stadtteil einen oder mehrere bepflanzte Plätze zum Spiel und zur Erholung für Kinder und Erwachsene zu überweisen.
In erster Linie ist bei allen diesen Plätzen die baldige Erzielung ausreichenden Schattens massgebend gewesen, weshalb überall reichlich Alleebaumstellungen stattfanden und Gehölzgruppen nur insoweit angelegt wurden, als es die zu erhaltende Durchsicht zuliess. Daher blieben diese Plätze bei Berücksichtigung vollen Schattens immer durchsichtig, wodurch Reinlichkeit und anständiges Aussehen gefördert wurden. Zahlreiche Bänke sind hier wie überall in den Promenaden aufgestellt, und jeder Platz hat einen oder mehrere Spielplätze.
Eine andere, schon grössere Anlage ist auf dem alten Johannisfriedhofe in den für Bestattungen nicht mehr benutzten Abteilungen desselben entstanden. Hier wurden die Einfassungsmauern niedergelegt, neue, den Verkehrsverhältnissen entsprechende Wege angelegt, die früheren Begräbnisabteilungen planirt und zu Rasenplätzen umgewandelt, der vorhandene Baumschmuck erhalten, wie auch noch bedeutend vermehrt. Die Anlage erhielt dadurch gleich den Charakter eines älteren Parkes, und nur noch einige erhaltene alte Grabdenkmäler deuten die frühere Bestimmung derselben an.
Eine weitere grössere, zumteil von Häusern umgebene Anlage ist der Johanna-Park, der von dem Geheimen Kammerrat Bankier Wilhelm Seyfferth als Vermächtnis hinterlassen wurde. Bis zu seinem Tode hatte der Genannte auch die Pflege des Parkes behalten, obwol dieser immer schon der Oeffentlichkeit diente. In dem Parke befindet sich ein über 1 ha grosser Teich, in dem nach der Uebernahme durch die städtische Verwaltung ein grosser Springbrunnen unmittelbar aus dem Wasserspiegel emporsteigend errichtet wurde, der eine malerische Wirkung hervorbringt. Gleichzeitig wurden nach der Uebernahme Verbesserungen an Wegen, Wiesen, Pflanzung und dergl. vorgenommen, wie auch Wasserleitung eingelegt. Im Jahre 1890 wurde die Ostseite des Parkes einer neuen Bearbeitung unterzogen, indem die neugeführte Karl Tauchnitz-Strasse den Park berührte und hierdurch Aenderungen notwendig wurden, die für die Anlage nur zum Vorteil waren. Auf der Westseite hatte der Park schon früher durch die Bismarck-Strasse eine bedeutende Vergrösserung und Verbesserung erfahren. —
Ein weiterer grösserer Park ist der Scheibenholz-Park, gleichfalls unmittelbar an der Stadt und Rennbahn gelegen und mit dem Johanna-Park durch den König Albert-Park verbunden. Er entstand aus einem Teile des auch im Besitze der Stadt befindlichen Connewitzer Holzes. Als eine grosse Laubholzparzelle mit anstehenden schönen Eichen, Ahorn, Eschen, Linden und den übrigen Bäumen unserer Wälder wurde dieselbe parkähnlich behandelt, mit Wegen durchzogen, grössere Spielplätze für Kinder angelegt, das Unterholz gelichtet, die Wasserläufe regulirt und der Boden mit Gras besäet. Es ist hier ein Park entstanden, der mit Vorliebe besucht wird, weil durch Lichtung des Unterholzes unbeschadet des Schattens eine frische Luft erzeugt wurde, die Mücken und anderes Ungeziefer nicht so stark auftreten lässt, wie dichte Waldbestände. —
Auch das Nonnenholz unmittelbar am Scheibenpark und mittels Brücken über das Pleissenflutbett mit demselben verbunden, wurde einer mehr parkartigen Behandlung unterzogen und ebenso wie das weiter liegende Connewitzer Holz mit vermehrten Fahr-, Reit- und breiten Fusswegen in ausgedehnter Weise bedacht.
Das unmittelbar an der Stadt liegende Rosental hat von jeher zu den beliebtesten Spaziergängen der Bevölkerung gehört. Seine Nähe zur Stadt, sein schöner Holzbestand, der dichte Schatten in Verbindung mit frei gelegenen Wiesen, Fahr-, Reit- und zahlreichen Fusswegen waren auch immer danach angetan, diesen Naturpark gern zu besuchen.
Der Baumbestand des Rosentals wird als Wald behandelt, und nur im vorderen Teile befinden sich einige Gehölzgruppen, die aber immer so gehalten werden, dass sie stets den Park einfach und natürlich erscheinen lassen. Mehrfach wurden Lichtungen geschaffen, die Licht und Sonne mehr hereinlassen sollen, um die Luft zu verbessern. Lachen und alte Wasserarme wurden zugefüllt und aufgeforstet und ein 1,4 km langer, 6 m breiter befestigter Weg, der sogenannte Dammweg, angelegt, der die Hauptverkehrsader zwischen Leipzig und Leipzig-Gohlis bildet.
Eine weitere Annehmlichkeit des Rosentales besteht noch darin, dass sich die Bevölkerung auch leiblich erquicken kann, für welchen Zweck zwei grosse Gastwirtschaften vorhanden sind.
Im hinteren Teile des Rosentales war mehrere Jahre hindurch der in der Stadt entstehende Abgang von Feuerungen und sonstigem Abraum, der zur Schüttung von Strassen nicht geeignet war, zu einem grossen Berge angefahren worden, mit dessen Regulirung im Jahre 1895 begonnen wurde. Der Schuttberg wurde im genannten und im darauf folgenden Jahre zu einer Anlage umgestaltet, die nun einen Hauptanziehungspunkt des Rosentales bildet. Dieser Rosentalberg erhebt sich 20 m über seine Umgebung und ist noch mit einem 13 m hohen Aussichtsturme versehen, der einen herrlichen Rundblick über Leipzig und seine nächste Umgebung ermöglicht. Die Böschungen sind vorzugsweise mit Nadelholz bepflanzt. Bei Ausgestaltung der Wege und Sitzplätze wurden grössere Steinpackungen aus Bruchsteinen angebracht und über eine angenommene Wasserschlucht eine Naturholzbrücke gelegt, durch welche Anordnung die natürlichen Reize des Berges erhöht wurden. Eine in der Nähe befindliche sumpfartige Wiesenlache bot Gelegenheit zur Gewinnung guten Bodens für die Pflanzungen und zur Anlage eines 10500 qm grossen Teiches. Berg und Teich geben nunmehr eine zusammenhängende Anlage, die mit ihrer Umgebung von hohen starken Bäumen mehrere hundert Jahre alt erscheint. —
Im Herbst 1896 wurden die Erdarbeiten für Schaffung eines östlichen Volkshaines in der Flur Stünz in Angriff genommen, und im September 1898 übergab die Stadt die 11 ha grosse Anlage mit ausgedehnten Rasenspielplätzen und einem 9800 qm umfassenden Teich dem Publikum.
Die Grundfläche der sächsisch-thüringischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung war bestimmt für Herstellung eines König Albert-Parkes, der, wie früher erwähnt, die Verbindung zwischen Johanna-Park und Scheibenholz bilden soll. Mit der Ausführung des Projekts wurde 1898 begonnen und im Frühjahr 1900 der vordere Teil bis zur Pleissenflutrinne fertiggestellt. —
Um den Bewohnern der Nordvorstädte Eutritzsch und Gohlis eine Erholungsstätte zu schaffen, kaufte der Rat der Stadt mehrere Parzellen der zwischen diesen beiden Stadtteilen gelegenen Rietzschke-Wiesen für die Anlage eines Parkes an, dessen vorderer, einen 9300 qm grossen Teich umfassender Teil zunächst bearbeitet wird. —
Ausser der Unterhaltung der öffentlichen Parkanlagen hat die städtische Gartenverwaltung noch für Pflege der Strassenbäume (54200 laufende Meter bepflanzte Strassen), des städtischen botanischen Schulgartens und der Anpflanzungen auf den städtischen Schulgrundstücken zu sorgen.
Einen Ueberblick über die Grösse der einzelnen Anlagenteile gewährt die nachfolgende Zusammenstellung:
Ort | Fläche (qm) |
---|---|
Anlagen um die innere Stadt | 159 310 |
– Rabenstein-Platz | 5 390 |
– Marien-Platz | 5 580 |
– Floss-Platz | 9 300 |
Anlagen an der Liebigstrasse | 4 670 |
– Waldstrasse | 890 |
– alten Elster | 1 100 |
– Körnerstrasse | 2 670 |
– 6. Bürgerschule | 12 000 |
– auf dem Nordplatz | 11 642 |
– bei dem Gewandhause | 1 600 |
– an der Petrikirche | 2 000 |
– auf dem alten Johannisfriedhof | 15 760 |
Botanischer Schulgarten | 12 917 |
Alleebaumschule | 13 539 |
Alter Friedhof in Leipzig-Lindenau | 8 110 |
Platz an der 8. Bezirksschule | 12 800 |
Andreaskirche | 4 200 |
Volksgarten zu Leipzig-Sellerhausen | 20 500 |
Anlagen an der Oststrasse zu Leipzig-Lindenau | 1 200 |
– Kirche zu Leipzig-Neustadt | 3 300 |
Alter Friedhof in Leipzig-Gohlis | 3 312 |
Volkshain zu Leipzig-Gohlis | 110 310 |
König Albert-Park | 302 000 |
Parkanlage in Leipzig-Eutritzsch | 72 626 |
Rosental | 1 529 480 |
Johanna-Park | 84 850 |
Scheibenholz | 110 500 |
Insgesamt | 2 531 556* |
Die Verwaltung untersteht einer aus dem Oberbürgermeister und 4 Stadträten bestehenden Anlagen-Deputation. Dem die fachmännische Oberleitung führenden Herrn Gartendirektor Wittenberg sind 5 Obergärtner und 12 Anlagenwärter unterstellt. Der Etat der städtischen Gartenverwaltung beträgt für 1900 im ganzen 220 000 Mark. —
Da Herr Gartendirektor Wittenberg Ende Oktober seine Stellung verlässt und in den Ruhestand tritt, geben wir anlässlich seines Scheidens aus der Praxis nachfolgend einen kurzen Abriss seines Lebenslaufes.
Wittenberg wurde am 15. März 1834 in Caputh bei Potsdam geboren, besuchte die höhere
Bürgerschule in Potsdam und lernte in der damaligen königlichen Landesbaumschule zu Wildpark
und Alt-Geltow, sowie in den Treibereien zu Sanssouci unter Hofgärtner Ed. Nietner. Während
seiner Lehrzeit in den Treibereien wurde er bei Ausführung der Anpflanzungen beim neuen Orangeriehause unter Meyer und Emil Sello verwendet. Nach der Lehrzeit erhielt er die damalige Meierei-Baumschule — ein Teil der Landesbaumschule — unter Theodor Nietner. Hierauf wurde er Soldat beim Garde-Jäger-Bataillon in Potsdam und als solcher zu den Bepflanzungsarbeiten bei der Burg Hohenzollern bei Hechingen kommandirt. Diese Bepflanzung, bezw. Bewaldung, fällt in die Jahre 1856/57 und wurde von Wittenberg nach Lenné‘s Plänen ausgeführt. Von dort kam er am 1. Oktober 1857 zur Ausführung der Rossplatz-Anlagen nach Lenné‘schen Plänen nach Leipzig, nach deren Vollendung er im Mai 1858 als Ratsgärtner der Stadt Leipzig fest angestellt wurde, welche Stellung er nunmehr nach 43 jähriger Dienstzeit verlassen wird. —
Möge ihm vergönnt sein, sich recht lange seines Ruhestandes erfreuen zu dürfen.
Personalnachrichten
Karl Hampel, grossherzoglich mecklenburgischer Gartendirektor in Schwerin, vordem Stadt-Obergärtner in Berlin, wurde anstelle des in den Ruhestand tretenden Gartendirektors Wittenberg in Leipzig zum städtischen Gartendirektor erwählt.
Die Garten- und Parkanlagen der Stadt Leipzig in: Möller’s Deutsche Gärtner-Zeitung. Zentralblatt für die gesammten Interessen der Gärtnerei, Erfurt vom 13. Oktober 1900. Jahrgang XV, Nr. 41, S. 464 ff.