Aus der Presse – Park Meusdorf wird zum Luna-Park umgestaltet
Ein Leipziger Lunapark. Den gibt es zwar noch nicht, aber es wird nicht mehr lange dauern, dann wird Leipzig einen solchen Lunapark haben, auf den es stolz sein darf. Hinter dem Völkerschlachtdenkmal nĂ€mlich, im Park Meusdorf, wird dieser Lunapark entstehen. Herr Julius Guthardt, der jetzige Besitzer von Park Meusdorf und bestens bekannte Wirt des Lehrervereinshauses in der KramerstraĂe, hat mit der Umgestaltung des Etablissements Park Meusdorf bereits begonnen, und wenn diese Umgestaltung in etwa drei Wochen beendet sein wird, kann man mit Fug und Recht von einem Leipziger Lunapark sprechen. Schon jetzt zeigt sich, was dort entstehen wird. 30 000 Menschen wird das Riesenetablissement in Zukunft aufnehmen und bewirten können und allein fĂŒr 10 000 Personen sind bei ungĂŒnstiger Witterung ĂŒberdachte RĂ€ume vorhanden. Die Gaststube im alten GebĂ€ude ist schon jetzt fertig und macht in ihrer neuen Dekorierung einen sehr anheimelnden Eindruck. In der ersten Etage soll der alte Tanzsaal zu einer niedersĂ€chsischen Bauernstube und somit zu einem gemĂŒtlichen Kneiplokal umgestaltet werden. Vom Parkeingang links werden die KassenrĂ€ume, rechts ein Postamt und eine SanitĂ€tswache Platz finden. In der Ostfront des GrundstĂŒcks entsteht ein groĂer Musikpavillon fĂŒr die MilitĂ€rkonzerte, die vom FrĂŒhjahr ab im Park Meusdorf geboten werden. Der Riesentanzsaal wird um 464 qm vergröĂert und wird dann der gröĂte Tanzsaal Deutschlands werden. Seine innere Dekoration â die WĂ€nde zeigen unten ein schlichtes graues Paneel und darĂŒber ein leuchtendes Gelb, zu dem das goldgelbe Gewebe, das unter dem Dache ausgespannt ist, und das völlig in Dunkelblau gehaltene Orchester, eine geschmackvolle Farbenkomposition geben. Hinter dem Tanzsaal ist das neue Weinfoyer bereits fertiggestellt. Ein lauschigeres PlĂ€tzchen zum Erholen wĂ€hrend der Tanzpausen kann man sich kaum denken. GrĂŒnes Linoleum bedeckt den FuĂboden, die WĂ€nde zeigen ĂŒber einem gelben Paneel glattweiĂe FlĂ€chen, die nach oben durch goldene Lorbeer-Girlanden abgeschlossen sind. Durch farbenprĂ€chtige kĂŒnstliche Weinspaliere sind lauschige Nischen geschaffen, in denen bequeme weiĂe Korbsessel zum Sitzen laden. Der Theatersaal wird von einem völlig abgeschlossenen Gesellschaftsgarten umgeben werden, an dessen sĂŒdlicher Ecke die Rostbratwurstbraterei ihren Stand finden soll, wĂ€hrend an der nördlichen Seite eine AuĂenkĂŒche mit SchlĂ€chterei, eigener BĂ€ckerei, einem groĂen Bier-BĂŒfett und Kaffeeausgabe ihren Platz finden wird. Die nördliche Ecke sollen groĂe Schuppen fĂŒllen, die fĂŒr 60 Wagen und Autos Unterstand bieten. Vielleicht aber das Eigenartigste und Anziehendste des neu entstehenden Riesen-Etablissements wird der Kinderspielplatz. Hier wird nicht nur dem Spiel die Hand geboten, sondern eine mustergĂŒltige, der wertvollen körperlichen BetĂ€tigung der Jugend gewidmete Anlage geschaffen. Vier Karussells, die modernsten Turn- und SportgerĂ€te sollen hier den Kindern Unterhaltung und körperliche Bewegungsmöglichkeit bieten. Um den Spielplatz wird eine Reitbahn fĂŒr Eselreiten und um diese eine abgeschlossene Fahrbahn angelegt, auf der in kleinen Korbwagen mit Schottland-Ponys Spazierfahrten unternommen werden â alles fĂŒr 10 Pfennige â. Neben dem Kinderspielplatz entstehen zwei ganz neue Hallen fĂŒr 2500 Personen. Diese Hallen find verbunden durch eine UeberbrĂŒckung, auf der eine zweite MilitĂ€rkapelle auch in diesem Teil des Parkes fĂŒr musikalische Unterhaltung besorgt sein muĂ. Besonders hervorzuheben ist noch, daĂ das ganze Riesenetablissement eine neue eigene KlĂ€ranlage und eine neue Anlage fĂŒr eine feenhafte Beleuchtung erhalten hat. In sanitĂ€rer Hinsicht dĂŒrfte Park Meusdorf vorbildlich sein, und das zuvor Gesagte deutet an, daĂ dieses RiesenvergnĂŒgungsetablissement einzig dastehen dĂŒrfte und eine Zierde Leipzigs sein wird. Ein Leipziger Luna-Park, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Handelszeitung. Sonntagsausgabe vom 13. November 1910, S. 13.