Aus der Presse – Alle vier Jahreszeiten im Palmengarten

Wie aus dem in vorliegender Nummer enthaltenen Inserat ersichtlich ist, beginnt morgen, Montag, die Ausgabe der Dauerkarten des Leipziger Palmengartens für das Jahr 1901. Zum dritten Male seit Bestehen des Palmengartens ergeht damit die Einladung an die Einwohnerschaft unserer Stadt, diese im öffentlichen Interesse in‘s Leben gerufene schöne Schöpfung Leipziger Bürger durch Entnahme von Dauerkarten zu fördern und so dazu beizutragen, daß diese hervorragende Zierde Leipzigs, um die uns wohl manche Großstadt mit Recht beneidet, auch ferner auf der jetzigen Höhe erhalten und noch weiter ausgestaltet werden kann. Die bisherigen, in Anbetracht der Gediegenheit und Fülle des Gebotenen überaus mäßigen Preise der Dauerkarten sind auch für das Jahr 1901 beibehalten worden. Dabei ist noch die gewiß vielen Abonnenten willkommene Einrichtung getroffen worden, daß dieselben für ihren Besuch, den sie von auswärts erhalten, Monatskarten entnehmen können. Diese Karten, welche nur im Anschluß an eine Dauerkarte verabfolgt werden, sind vom Tage der Ausstellung ab 30 Tage giltig und kosten für eine Familie 10 Mark und für eine einzelne Person 5 Mark. Daß es die Leitung des Palmengartens auch im neuen Jahre an nichts fehlen lassen wird, um auf gärtnerischem Gebiete das denkbar Beste zu bieten, braucht nach den bisherigen Erfahrungen kaum besonders hervorgehoben zu werden.

Wir erinnern nur an die entzückenden Arrangements im großen Blumenparterre, welche fast alle Monate wechseln und an die in den letzten Wochen veranstaltete, mit so großem Beifall aufgenommene Chrysanthemum-Ausstellung. Aber auch nach allen anderen Richtungen hin ist, wie hinlänglich bekannt, die Direktion stets eifrig bemüht, den Aufenthalt im Palmengarten so angenehm als möglich zu gestalten. So sei beispielsweise nur angeführt, daß im Jahre 1900 an 286 Concerttagen nicht weniger als 477 Musikaufführungen, darunter 10 Symphonie- und 5 Unterhaltungs-Concerte des Winderstein-Orchesters im Palmengarten stattgefunden haben. Zur Ausführung der Concerte werden, um den Wünschen der Besucher nach Abwechselung Rechnung zu tragen, wie in diesem Jahre neben vorzüglichen hiesigen und sächsischen Civil- und Militärcapellen, auch in Zukunft wieder eine Anzahl auswärtiger Musikcorps von hervorragendem Rufe herangezogen werden. Nicht unerwähnt möchten wir auch die im letzten Spätsommer zum ersten Male veranstalteten glanzvollen Illuminationen lassen, die in Folge des außerordentlichen Beifalles, den sie gefunden haben, in Zukunft öfter und sogar in noch größerem Umfange wiederholt werden dürften. Wie wir erfahren, sollen auch, um vielfach geäußerten Wünschen gerecht zu werden, im Frühjahre an den beiden Cassenstellen Einrichtungen zum Einstellen von Rädern und Sportwagen geschaffen werden.

Es empfiehlt sich deshalb die Entnahme einer Dauerkarte des Palmengartens nicht nur vom localpatriotischen, sondern auch vom rein praktischen Standpuncte aus für Jeden, der Sinn für das Edle und Schöne besitzt und sich und seinen Angehörigen für ein geringes Entgelt Anregung, Erholung und gediegene Unterhaltung verschaffen will. Die Dauerkarten für das Jahr 1901 haben bereits für den December dieses Jahres Giltigkeit, eine Einrichtung, welche gewiß bei Denjenigen, die bisher noch nicht abonnirt waren, großen Anklang finden wird. [1]

Anzeige im Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 25. November 1900, Seite 9239.

Die schöne Sitte, seinen Angehörigen und Freunden eine Dauerkarte des Palmengartens auf den Weihnachtstisch zu legen, findet von Jahr zu Jahr weitere Verbreitung. Man kann sich auch kaum ein sinnigeres Geschenk für Jung und Alt denken, als eine solche Karte, die den Inhaber während eines vollen Jahres zum Besuche unseres Palmengartens und der zahlreichen Veranstaltungen, die in demselben stattfinden, berechtigt. Welcher bisherige Abonnent des Palmengartens dächte nicht mit Freuden an die stets wechselnden, entzückenden Blumen-Arrangements, und an die reichen Pflanzenschätze des imposanten Palmenhauses, wer erinnerte sich nicht gerne der reizvollen Illuminationen der weit ausgedehnten Parkanlagen, des angenehmen Aufenthaltes in den vornehmen Räumen des Gesellschaftshauses, auf den blumengeschmückten Terrassen und in dem schattigen Restaurationsgarten und wer hätte sich nicht über die zahlreichen guten Concerte gefreut, die theils im Concertparke, theils in dem großen Festsaale veranstaltet worden sind. Daß es dabei an Abwechslung nicht qefehlt hat, ist aus Nachstehendem ersichtlich.

Die 477 im Jahre 1900 im Palmengarten abgehaltenen Musikaufführungen, welche sich auf 230 Nachmittags-, 245 Abend- und 2 Morgen-Concerte vertheilen, sind von nicht weniger als 29 verschiedenen Capellen ausgeführt worden. Darunter befanden sich 5 Leipziger Militär- und, außer dem Winderstein-Orchester, 3 Leipziger Civilcapellen, 5 Militärcapellen aus anderen sächsischen Garnisonen, 3 preußische Militärcapellen, 1 Berliner Civilcapelle (von Blon), 1 kaiserlich deutsche Marinecapelle, 2 Militärcapellen aus thüringischen Staaten, 1 aus Mecklenburg, 1 aus Schweden. Italien war mit 2 Stadt-Capellen und Amerika mit der sensationellen Sousa-Capelle vertreten. [2]


[1] Leipziger Palmengarten, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 25. November 1900. Sonntagausgabe, S. 9242.

[2] Vom Leipziger Palmengarten, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 9. Dezember 1900. Sonntagausgabe, S. 9653.


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