Aus der Presse – Erste große Illumination im Palmengarten

Das Gartenfest. Gemälde von Wilhelm Gause, 1900.

Unsere Bewohnerschaft erinnert sich gern der Tage der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung und der mit dieser verknüpft gewesenen mannigfachen Unterhaltungen, zu denen in erster Linie die wohlgelungenen prächtigen Illuminationen der Anlagen zu zählen waren. Nicht zum wenigsten mag diese eindrucksvolle Erinnerung an jene Eliteabende gestern Anlaß zu dem gewaltigen Besuch gegeben haben, dessen sich der Leipziger Palmengarten zu der von ihm veranstalteten ersten großen Illumination erfreute. Wir entsinnen uns nicht, zu einem der Abendconcerte im Garten jemals einen so riesigen Andrang gesehen zu haben, wie es gestern der Fall gewesen, wo durch beide Thore des Palmengartens, sowohl von der Plagwitzer als auch von der Lindenauer Seite unaufhörlich dichte Schaaren von Concertbesuchern strömten und nun alle Wege und Plätze ringsum das große Gesellschaftsgebäude füllten. Wohl war der Abend kühl, aber zum Promeniren willkommen, dazu kam ein sternenklarer Himmel, so daß die Illumination, begünstigt von solchen Factoren, sich in ihrer ganzen effectvollen Schönheit zu entfalten vermochte. Wohin das Auge blickte, überall sah es das reizende, bunte Lichterspiel der Prismenlämpchen, die in symmetrischer Anordnung den weiten Plan mit ihrem Schimmer erfüllten; das geometrische Schnörkelwerk des weiten Parterre der Teppichbeetanlagen war in blaßgrünen und tiefrothen Farben leuchtend nachgezeichnet worden, und am Saume der Terrasse vor dem Hauptgebäude zogen sich ringsum lange Lichterlinien, während auf den Pergolen des letzteren die bunten Lampen gleich Perlenreihen erglänzten und rothverkappte Bogenlampen auf den hohen Masten am Wege magisch leuchteten. Weithin, bis zum Ritterwerder, waren die von Tausenden belebten Promenadenwege von Leuchtlämpchen aller möglichen Farbenvariationen eingefaßt, auch der vielfach geschwungene Uferrand des großen Weihers, dessen lichtglitzernder Saum sich im stillen Wasser wirkungsvoll widerspiegelte. Dort rauschte dann die viel bewunderte Leuchtfontaine empor, bald stahlblaue Strahlen zum Himmel sendend, bald in tieforangefarbenen oder silberweißen, grünen, rothen, gelben Wassern sprühend. Wer am Wasserfall stand und bis zum Gartenhaus am Westrand mit seiner lichterbesetzten Front hinüberschaute, der nahm ein entzückendes Bild der gesammten lichtschimmernden Anlagen auf, der erfreute sich an dem geschickten Arrangement des mit rund 20 000 Lampen ausgerüsteten Illuminationswerkes, einem Arrangement, das alle Hauptpartien des Gartens mit bunten Effecten bedachte. Im Orchester, um das sich ein großer Lichtbogen wölbte, spielte das Musikcorps des 134. Regiments unter Meister Jahrow‘s Leitung mit unverwüstlicher Frische. Ihm lauschten Abertausende. Schätzte man doch an diesem Illuminationsabend die Zahl der in Garten und Saal weilenden Besucher auf rund 12 000. Wie wir erfahren, ist die gesammte Installation der Illumination von der hiesigen Firma Eißner & Co., Radeberger Glasniederlagen am Roßplatz, vorgenommen worden. — in.


Leipziger Palmengarten, in: SLUB Dresden. Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 29. August 1900, Abendausgabe. Beilage, S. 6847.


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